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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1930
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- 1930-10-11
- Erscheinungsdatum
- 11.10.1930
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- Deutsch
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Nr. 237 (N. 122).Leipzig, Sonnabend den 11. Oltober 1930. 87. Jahrgang. Redaktioneller Tnt Zur Wirtschaftslage. Von Prof. vr. M e n z. sDic Weltwirtschaftskrise — Konjunkturberichte — Buchgewerbe und Buchmarkt.j Arbeitslosigkeit und Preiszusammenbrüche sind die Fanale, in denen sich die Weltwirtschaftskrise von Monat zu Monat immer unmißverständlicher bemerkbar macht. Die Gärung in Südamerika zeigt zugleich, daß sich dahinter das Gespenst der Revolution erhebt. Das Feuer flackert dort rascher auf. Das alte Europa ist müder und träger. Aber untätig und entschluß los dürfte man auch hier die Dinge nicht endlos weiter treiben lassen und sich selbst überlassen. Erfreulicherweise beginnt bei uns die Debatte über die Arbeitslosigkeit nun endlich anschei nend mehr ins richtige Fahrwasser zu kommen. Jahrelang hat es sich bisher bekanntlich immer nur um Sanierung der Ar beitslosenversicherung gedreht. Davon wird es jetzt stiller. Man hat angefangen statt dessen von Arbeitsbeschaffung zu sprechen. Freilich, auch diese Debatte ist vorläufig noch mit allerhand Jrrtümern belastet. An manchen Stellen sagt man statt Arbeitsbeschasfung immer nur Arbeitsstreckung. Damit wäre aber nichts gewonnen. Denn Arbeitsbeschasfung im wahren Sinne kann und darf natürlich nur Arbeitsvermehrung bedeu ten. Daß solche Arbeitsbeschaffung im Ernst von der öffent lichen Hand nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann, beginnt man wohl allmählich einzusehen. Vor der Wahl wurden in dieser Hinsicht noch Hoffnungen erweckt, deren man sich aber heute gar nicht mehr zu erinnern verpflichtet fühlt. Was man aber noch nicht sieht oder wenigstens nicht richtig sehen will, das sind die rund 10 Milliarden Einlagen bei den deut schen öffentlichen Sparkassen, hinter denen doch entsprechend viele lebendige Menschen stehen, die trotz aller gegenteiligen Pro paganda zu einem guten Teil den Unternehmer in sich stecken fühlen und sofort bereit wären, Arbeit auszunehmen oder auszu geben, sobald nur die heute noch entgegenstehenden Hemmnisse beseitigt werden. Auf jeden Fall liegt hier infolge der gestörten Zustände eine Unmenge von Kaufkraft brach, die, befreit, der Wirtschaft gewaltig aufzuhelfen vermöchte. Sie öffentlichen Kreditgeschäften nutzbar machen zu wollen, wäre völlig verfehlt. Die Sparer selbst müßten zum Zug kommen. Das setzt aber die schon oft geforderte grundsätzliche Umstellung unserer gesamten Wirtschaftspolitik voraus. Wird sie endlich kommen? Es gehört dazu natürlich auch eine Revision des Tributproblems. Die Stimmen mehren sich, die verlangen, dieses heiße Eisen anzu packen. Selbst in Gewerkschaftskreisen sind sie laut geworden. Aus England und Amerika ertönt auch bereits ein Echo, das ermutigend wirken sollte. Schacht wird bei seiner Reise durch die Staaten jetzt zweifelsohne viel Verständnis finden. Es muß ja schließlich auch einmal einleuchten, daß eine auf Tausch ein gestellte und allein darauf beruhende Wirtschaft nicht funktio nieren kann, wenn dauernd mit einem Mal in diesen Verkehr Grakisleistungen und -lieferungen geworfen werden. Darum handelt es sich doch bei den Tributen. Das spielt aber auch bei der Arbeitslosenunterstützung eine Rolle. Welche Beanspruchung der Wirtschaft dabei herauskommt, hat kürzlich das »Tagebuch« ausgerechnet. Es bemißt den Gesamtaufwand für die Erwerbs losen in jeglicher Gestalt sicherlich nicht zu hoch jetzt auf 3—4 Milliarden Mark im Jahr. Das ist mehr als das Doppelte der Gesamtjahresdividende aller Aktiengesellschaften Deutschlands und das 211—3fache des gesamten Lohnsteuerertrags. Anders ausgedrückt beansprucht die Erwerbslosenfürsorge nach dieses Rechnung bereits 15—20°/, sämtlicher heute noch in Handel und Gewerbe Deutschlands gezahlten Löhne und Gehälter. Auch das »Tagebuch« schließt daran selbst nun die Frage: Ist es glaub haft, daß mit solch gigantischen Summen nichts Durchgreifen deres getan werden kann, als sie einfach als Almosen wegzu- schenken, ohne Einfluß aus das übel selbst, das, unberührt von all diesem Aufwand, epidemisch weiter und weiter frißt? Selbst verständlich muß für die Erwerbslosen gesorgt werden. Daß man sie nicht verhungern lassen darf, steht außer aller Frage. Normal würden sie sich ihren Unterhalt erarbeiten. Daß dieser Arbeitsertrag der Wirtschaft fehlt, das ist die Störung. Daß ihnen aber keine Arbeitsmöglichkeit beschafft werden kann, das liegt nicht zuletzt daran, daß unsere Tribute für die Weltwirt schaft ja im Grunde nichts anderes bedeuten als noch einmal eine verschenkte Arbeitslosenunterstützung. Auch dafür wird keine Gegenleistung verlangt. Die Wirkung kann nicht aus- bleiben. Man jammert in der ganzen Welt über die sinkende Kaufkraft. Hier liegt die Ursache des Kaufkraftschwunds. Die erpreßte verschenkte Kaufkraft unserer Tribute muß sich not wendig selbst annullieren. Man hat gemeint, durch Verbesserung der Goldverteilung und des Goldumlauss dem übel begegnen zu können. Welche Gefahren von der Goldhortung namentlich Frankreichs ausgehen, ist hier schon hervorgehoben worden. Ein Unterausschuß der Finanzkommission des Völkerbundes, dem auch die Professoren Cassel und Bonn angehörten, hat eben fest- gestellt, daß von 1932 ab mit einem Fallen der Goldproduktion zu rechnen ist, während der Goldbedarf jährlich um etwa 3"/> steige. Es seien aber noch Goldreserven vorhanden, die mobili siert werden können. Vor allem plädiert auch der Ausschuß für wirksamste Verteilung der Goldvorräte. Er hat aber nicht er wähnt, daß doch solange an Besserung überhaupt nicht zu denken ist, als das jährliche erzwungene Verschenken von rund 2 Mil liarden an Goldwerten in Gestalt unserer Tribute den Gold wert unter allen Umständen mindern muß. Für uns verbindet sich damit noch die größere Gefahr, daß sinkender Goldwert zwangsläufig höhere Warenleistung bedeutet. Konkret wird also aus uns immer mehr herausgepreßt, auch wenn die Nominal beträge unserer Schuld dieselben blieben. Hier muß daher das Steuer herumgeworfen werden, wenn das Ganze nicht Wahn sinn werden soll. Zu unserem Vorteil wirkt dabei noch ein anderes. Die Weltwirtschaftskrise ist augenscheinlich schon so weit fortgeschritten, daß die Waffe, die sich Frankreich mit seiner Goldpolitik geschmiedet hatte, offenbar stumpf geworden ist. Man hat bemerkt, daß die Abziehung französischer Gelder nach dem 14. September bei weitem nicht den Umfang erreicht hat wie im Mai vorigen Jahres bei dem Sturmangriff während der Doungverhandlungen. Paris könnte die Gelder weder im eige nen Lande noch anderwärts unterbringen, muß sie also not gedrungen in Deutschland lassen, wo sie sich immer noch am besten rentieren. Frankreich hat schon, als es in letzter Zeit Anleihen vorzeitig zurückzahlen wollte, erfahren müssen, daß man sein Geld gar nicht haben mag, weil es nicht unterzubringen ist. Dabei spricht vermutlich auch die Politik mit. Briands Pan- europapläne sind durchschaut. Ihm ist deshalb ja auch in Genf 981
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