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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1930
- Strukturtyp
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- Band
- 1930-10-11
- Erscheinungsdatum
- 11.10.1930
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- Deutsch
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237, 11, Oktober 1930, Redaktioneller Toil. Börsenblatt f.b.Dtschn.vuchhaudel. aus der anderen Seite eine Art Ersatzbuchhandel, um nicht zu sagen ein Biicherschmuggel: In Moskau wirb z. B. an allen Zeitungsver- kaussstellen auch mit Büchern gehandelt. Freilich gelangt aus diesem Wege nur die gangbarste Ware in geringer Auswahl an den Käufer, Man sieht, baß auch der russische Buchhandel sich nicht recht in die Zwangsjacke des eigentümliche» russischen Wirtschaftssystems ein- fiigen lassen will, vr, E. Walker, München. Ein „Frauenzimmer-Bibliotheckgen" um 1700. Mit einem Werke über eine verschollene Dichterin der Barockzeit beschäftigt, stieß ich während meiner Studien zufällig auf ein kleines anonymes Schriftchen, das im Jahre 1705 zu Güstrau gedruckt und »im Riidigerscheu Buchladen zu finden« war. Ter Titel lautet: »Frauen-Zimmer-Bibliotheckgeu oder Thuelicher Vorschlag / Wie und auff was Ahrt / für ein Deutsches Frauen-Zimmer / mäßigen Vermögens / unterschiedene / außerlesene / und recht nützliche Bücher / zu ihrem Vergnügen / zeitlichen und ewigen / Wohlseyn / gar leicht und auff wenig Kosten / angeschaffet werden können.« Wie das Merkchen zustande kam, schildert der unbekannte Autor (ich fand das Büchlein noch nicht im Anonymenlexikon verzeichnet) im Vorwort: In »einer nahmhafften König!. Haupt- und Nesidentz- stadt« saß demnach eines Tages eine »kleine und beliebte Gesell schaft« beisammen, um sich durch »mancherley Discourse zu erfreuen und zu erquicken«. Als man sich gerade wieder trennen und jeder sich wieder an seine »Amptsverrichtung« begeben wollte (der Ver fasser dürfte ein Theologe gewesen sein, der wieder zu seinem Predigt entwurf zurückkehrte, kam das Gespräch plötzlich auf deu Umstand, daß schon mancherlei über Bibliotheken im allgemeinen, ja auch im besonderen, merkwürdigerweise aber niemals etwas über ein »Biblio- theckgen« geschrieben worden lei, wie es für ein Frauenzimmer und seine Bedürfnisse am tunlichsten beschaffen sein müsse. Dieser Gedanke fällt wie ein zündender Funke in einen der Anwesenden, und unser Anonymus verspricht den freundlichen Gönnern, bei denen er zu Gast geweilt, bald solch einen hilfreichen, kleinen Führer für die weibliche Welt zu verfassen. Bcrufsgeschäfte aber lassen den lobenswerten Vorsatz längere Zeit nicht zur Ausführung kommen, bis dem Vater des guten Gedankens eines Tages ein »Tractätgen« in die Hände fällt, das sich »Frauen-Zimmer-Apotheckgen« nennt. Nun fühlt er sich mit Macht erinnert und beflügelt. Sobald er »nach verrichteten Amptssachen« etliche Stunden frei hat, setzt er sich »in einer bequemen Stille in seine Studierstube und fängt an zu sinnen oder, wie man es gemeiniglich nennt, zu meditieren«, um sodann das Bedachte »zu Papier« zu bringen. Als ein klarer Kopf umschreibt der Verfasser zunächst den be stimmten Kreis, für den er schreiben, den Frauentyp, den er be raten will: »Es ist ein Deutsches Frauen-Zimmer mäßigen Vermögens, die aber einen auffgeweckten Verstand und dabcy eine ernstliche Be gierde hat, Gott und Menschen, die rechtschaffnes Wesens sind, hier in der Welt zu gefallen und zu solch gutem Zweck durch allerley gute, nützliche Bücher als stummen Führern kommen und gelangen will.« Unter einem »deutschen Frauenzimmer« versteht der Ver fasser in erster Linie diejenige, die in »Deutschland als unserm all gemeinen, beliebten Vaterlande« ausgewachsen und allein der deut schen Sprache mächtig ist. »Doch diejenigen, so echt und recht Deutsche sind, über ihre Muttersprache auch andere erlernet haben, als etwa die Frantzösische, Jtaliänische, oder wohl gar die Lateinische (wie dergleichen Personen vom Frauenzimmer viel sind) mögen sich mit guter Erlaubnis in diesem Bibliotheckgen immer umsehen, doch auch nicht übel deuten, wenn sie hier keine Französische, Jtaliänische oder Lateinische Bücher antreffen.« Das Bibliotheckgen war auch ausdrücklich einer bescheideneren Börse angepaßt, oder wenigstens einer mittleren: »Eine gar Reiche mag füglich mehr Bücher als hier anzutreffen, haben und besitzen. Eine, so wenig Geld anzulcgen vermag, kan schon mit der lieben Bibel, dem Catechismo, einem Gebeht- und Gesangbuch und des scl. Herrn Arnds wahrem Christentum sich begnügen lassen.« Nachdem der Verfasser im ersten Kapitel seine Gemeinde um grenzt hat, errichtet er mit dem zweiten gleichsam eine Warnungs tafel vor »bösen Büchern«. Diesen düsteren Abschnitt eröffnet er mit der Betrachtung: »Es sind viel tausend Bücher in der Welt, und kommen noch immerhin täglich viel darzu, und werden auch noch gar viel kommen, so gar, daß des Bllcherschreibens (wo ich nicht irre) kein Ende seyn wird, als mit der Welt Ende und Untergang.« Unter diesen vielen Büchern gelten dem Verfasser des »Bibliotheck- gens« als »böse« Bücher »alle Liebesbllcher«, in denen »Liebes-Hän- dcl«, »Liebesgeschichten und allerley Bulen-Lieder« zu finden seien. »Nicht Unrecht thue ich auch, wenn ich den Liebesbüchern hinzufllge die sogenannte Romaine, die mir nimmer gefallen können, so züchtig man sich darinnen gleich auffzuführen gedencket! Es steht mir nicht an die Schreibart, die tndsgemein schwülstig, paustig und hochtrabend ist, selten natürlich und lieblich fließend; nicht steht mir an der In halt. Denn was ist aus einer Romaine zu machen? Es ist kein Gedicht, weil es keine Vers-Art führet, und ist auch keine wahre Historie.« Entschieden abgelehnt werden auch die »Complimentier-Bücher«, die wohl unseren Knigge vertraten, und die gewiß eine verlangte Ware gewesen sind. »Dergleichen«, sagt unser Anonymus von ihnen, »Hab ich in Buch-Laden oft gesehen, und sind die Komplimenten darum so kraus; und lächerlich, daß ichs nicht sagen kan.« Daß als böse Bücher auch alle »Wahrsager- und Verbotene Kunst-Bücher« bezeichnet werden, ist selbstverständlich. Es werden genannt die Chiromantie-, Physiognomie- und Geomantie-Bücher, und kopfschüt telnd wird die Verwunderung darüber ausgesprochen, daß »in kurzer Zeit her so viel Bücher in unterschiedenem Format von der soge nannten Puncktir-Knnst herausgekommen« seien. Besonders harte Worte müssen sich dann die so unendlich beliebten Schwankbücher gefallen lassen: »Böse Bücher heißen und sind in der That alle Lügen- und Zoten-Bücher. Hierzu gehöret die Historie von Claus Narren und die Erzählung von Doktor Fausten, das Buch die lustige Gesellschaft genannt und so mehr.« Nicht in Bausch und Bogen zu verdammen wagte der gestrenge Ratgeber dagegen die wohl für unentbehrlich gehaltenen »Traum bücher«. Jedenfalls ergeht er sich in der folgenden Betrachtung, die in ein von seinen Leserinnen sicher fleißig benutztes Hintertürchen ausmündet: »Es ist wahr, bey manchem Frauen-Zimmer findet sich eher ein Traum-Buch als etwa die Bibel. Und das ist freilich gar schädlich und höchst unanständig für diejenige, die eine Christin heißeu wil. Manche ist auch solcher bösen Art, daß sie kaum aus dem Bette steigen kan, so greift sie schon nachs Traum-Buch.« Da aber manches Frauenzimmer nur einen mäßigen Gebrauch vom Traumbuch mache, es nur bei ungewöhnlichen, ganz dunklen Träumen befrage, und da es unter den Traumbüchern auch erträglichere gäbe, so wil er sie nicht ohne Unterschied verwerfen. »Doch auch mag ich vor anderen keines nennen und preisen.« Das dritte Kapitel klärt über die Arten der »Guten Bücher auf. Drei Gruppen werden genannt: Glaubens-Bücher, Geschichts- Bücher, Haushaltungs-Bücher. Handschriftliche Aufzeichnungen wer den als vierte Gruppe erwähnt. Unter den Glaubensbüchern steht natürlich obenan die Bibel. Jede Frau sollte nach Meinung des Verfassers eine kleine und eine große Bibel ihr eigen nennen. Die kleinere Handbibel war für den täglichen Gebrauch und zur Mitnahme in die Kirche gedacht, um daselbst die vom Geistlichen angeführten Bibelstellen nachschlagen zu können. Dieses Nachschlagen war übrigens in eine geistige Koket terie ausgeartet, sodaß gewarnt wird, sich damit zu brüsten und während des Aufschlagens umherzuschielen, ob man seiner Gewandt heit halber auch bestaunt werde! Als große Bibel empfiehlt der Verfasser die berühmte Weimarische Bibel, »die auf gnädigste Ver ordnung des Herrn Ernesti, Hertzogen zu Sachsen von etlichen reinen Theologen dem eigentlichen Verstände nach erkläret und im Jahre 1704 aufs neue gedrucket worden, davon der Preis leidlichen ist«. Als die nächsten drei notwendigsten Glaubensbücher werden Gebet- und Gesangbuch, Katechismus und Arnds allbewundertes Erbauungs buch vom »Wahren Christentum« bezeichnet. Die erfolgreichsten Liederdichter von Luther bis zu »Herrn Paul Gerhard, dem süßen, feurigen und geistreichen Lichter« werden rühmend erwähnt und die Tatsache gepriesen, daß »im Evangelischen Lutherischen Deutschlande fast kein namhafter Ort oder Stadt« sei, »da nicht ein Gesang- oder Lieder-Buch gedrucket, auch von dem Ort, da es gedrucket, nicht be namset wäre«. Im allgemeinen soll die Frau sich an das örtlich eingeftthrte Gesangbuch halten. Im besonderen wird als bequem mit in die Kirche zu nehmendes Buch das »Frankfurter Gesangbuch« empfohlen, »so den Titul hat Gott wohlgefälliges Saiten-Spiel und Andacht-Flamme«, das auch die meisten Lieder bringe. Wolle inan ein vollständigeres geistliches Liederbuch zum stillen häuslichen Ge nuß, so käme etwa das Lllneburgischc Gesangbuch in Frage oder auch »Joh. Crügers Praxis Pietatis Melica«, so zu Berlin etliche zwantzigmal auffgeleget ist, und begierig bisher auffgekaufet worden«. Dagegen wird das große Leipziger Gesangbuch von acht Oktav bänden »kostbar, unförmlich und nicht recht tauglich« genannt. Zu Luthers Katechismus hält der Autor einige Ergänzungsbllcher für notwendig, etwa Speners »Einfältige Erklärung der Christlichen Lehre nach der Ordnung des kleinen Catechismi«, die er als »ein recht güldenes Büchlein« rühmt. Als stimmungsvoller Lesestoff für die christlichen Festzeitcn wird Bergers »Für Augen gewählter Chri stus Jesus« erwähnt und bei Arnds berühmten vier Büchern vom wahren Christentum auf die Leipziger Edition verwiesen. 985
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