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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1913
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- Deutsch
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1422 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 31, 7. Februar 1913. gangbaren und weitverbreiteten Kommunionbuches ein sehr minderwertiges Papier wählte und die Bedenken des Buch druckers zurllckwies mit dem Bemerken, bei einem so guten Buche käme es doch auf das Papier nicht an. Aber es kam doch darauf an, und der größte Teil der Auflage mußte schließ lich makuliert werden. Ich habe aus den Erfahrungen dieses Jahres mir die Warnung genoinmen, Partien von billigen Ausgaben nicht eher zu bestellen, als bis ich Druck- und Papierprobe gesehen habe. Durch Schaden wird man klug! Die hiesige Raabe-Gefellschaft, deren Mitglied ich als alter Raabe-Freund bin, veranstaltete im Januar einen nichtöffentlichen »Vaterländischen Raabe-Abend-, der sich zahl reichen Besuchs erfreute. Aus Rendsburg war erschienen die dort verheiratete Tochter Raabes mit ihrem Gatten. Der Vortrag, an den sich Vorlesungen und einige Lieder vorträge anschlossen, hielt sich zumeist an Raabes herr liches kleines Buch »Nach dem großen Kriege-. Es wurde bedauert, daß hiervon nicht eine billige Ausgabe, etwa zu 1 existiere. Unter aller dichterischer Literatur über die Befreiungskriege wäre kein Buch wertvoller, als dieses. Und dabei der herrliche vaterländische Geist, den es atme, die stolze prophetische Zuversicht — das Buch erschien 1859 — auf das kommende Deutsche Reich! — Die Raabe-Freunde werden immer zahlreicher, der Wert Raabes als des deutschesten Dichters unserer Zeit (nach Adolf Bartels) wird immer mehr erkannt: wann kommt eine Gesamtausgabe seiner Werke? Hamburg ist schon einmal, am Ausgang des 18. Jahr hunderts, ein Brennpunkt geistigen Lebens in Deutschland gewesen. Sollte eine ähnliche Periode anbrechen? Manche Anzeichen deuten darauf hin, vor allem die geplante Be gründung einer Universität. Die Vorlage des Senats ist bereits an die Bürgerschaft, unser hamburgisches Parlament, ergangen und abweichendsten Beurteilungen ausgesetzt. Wie die hohe Körperschaft beschließen wird, ist fraglich; die großen finanziellen Lasten, die mit der Begründung einer Universität verknüpft sind, werden viele von der Zustimmung abschrecken. Eine schnelle Entscheidung ist kaum zu erwarten, denn wenn auch voraussichtlich schon im März die Beratung in der Bürgerschaft beginnen wird, so dürfte diese nicht zu einer baldigen Entscheidung, sondern nur zu der Verweisung an einen Ausschuß aä koa führen, der dann wahrscheinlich erst nach Jahr und Tag seine Arbeit beendet haben wird. Denn die hamburgische Bürgerschaft besteht nicht aus Berufs parlamentariern, sondern aus im Amt oder im praktischen Erwerbs leben stehenden Männern, die meistens nur Abende und Nacht stunden für ihre parlamentarischen Arbeiten übrig haben. Also Geduld! Für den Buchhandel, in erster Linie für den hamburgischen, wäre die Begründung einer Universität natürlich von großer Bedeutung. Und noch einmal zurück zu Weihnachten. Nach meiner Erinnerung ist es mir diesmal zuerst Passiert, daß deutsche Bilderbücher mit Text in lateinischen Buchstaben gedruckt wiederholt gefordert wurden. Woran liegt das? An einer Neuerung im Unterrichtswesen. Die Kinder sollen das Lesen nicht mehr erlernen, sondern erspielen, erspielen durch Stäbchenlegen. Nun lassen sich Wohl die toten lateinischen Buchstaben mit Stäbchen legen, nicht aber die lebenswarmen deutschen, deren ursprüngliche oder richtiger jetzt noch im Gebrauch befindliche Formen auf Albrecht Dürer zurück- zusühren sind. Also lernen die deuischen Kinder zunächst nur lateinische Buchstaben kennen und erspielen sich daran die Kunst des Lesens. Nach etwa 9 Monaten sind sie dann soweit, daß sie zu lesen anfangen, und weil der Zeitpunkt mit Weihnachten zusammensällt, werden Bilderbücher mit Text in lateinischen Buchstaben verlangt, denn unsere deutschen Buchstaben sind für diese deutschen Kinder wie türkische Schriftzeichen. In Jesus Sirach steht allerdings geschrieben: »wo deines Amts nicht ist, da laß deinen Fürwitz,, und das Amt eines Schulmeisters habe ich nicht. Aber ich halte diese ganze Erspiel-Theorie, ebenso wie die Deklamationen vom Jahr hundert des Kindes und viele andere femininen Auswüchse unserer verweichlichten Zeit für eine unheilvolle Verirrung. Auch das Kind soll schon lernen und erfahren, daß ohne Fleiß kein Preis ist. Und wenn bei der ganzen Erspiel- Theorie nicht mehr herauskommt, als daß die Kinder nach 9 Monaten notdürftig lesen können, so scheint mir das kein Fortschritt zu fein. Ich meine, daß wir, die wir das Lesen durch Buchstabieren oder Lautieren erlernt haben, schon früher so weit waren. Wenn nun spekulative Verleger auf die Idee kommen sollten, Bilderbücher mit lateinischen Buchstaben herauszugeben, dann würde ich ihnen doch keine abnehmen, wenigstens zunächst nicht. Ich hoffe nämlich, daß diese Spiel krankheit geheilt und überwunden werden wird. Diese lateinischen Buchstaben bringen mich auf eine Er fahrung, die ich erst in den letzten Tagen gemacht habe. Ein Arzt forderte bei mir »Hofmannsthal, Deutsche Erzähler. 4 Bände. Insel-Verlag,. »Schade., sagte er, nachdem er längere Zeit in den Bänden geblättert hatte, -die Auswahl ist ganz vorzüglich, das Buch patzte ausgezeichnet für meinen Zweck, aber nun werfen Sie einmal einen aufmerksamen Blick auf diese Seiten, wie kalt, wie fröstelnd ist die Wirkung!- Ich erwiderte: -Das sagen Sie als Arzt, der Sie gewohnt sind, Ihre wissenschaftliche Literatur nur in lateinischen Leitern zu lesen?- »Die Wissenschaft, ja, die kann ich so vertragen, aber soll ich Goethe, Hebbel, Kleist und Mörike lateinisch lesen? Das ist mir einfach unmöglich!- Spracht, schob Hofmannsthal beiseite und wählte sich andere Bücher aus. Nun richte ich die Frage an alle Sortimenter: Ist einem schon jemals der Fall vorgekommen, daß deutsche Belle tristik von Deutschen zurückgewiesen wurde, weil sie in deutschen Lettern gedruckt war? Ich glaube es nicht, um gekehrt gewiß häufig genug. Und doch gibt es immer noch Verleger, die hier experimentieren, trotzdem unglückliche Er fahrungen auf diesem Gebiete genug vorliegen. Ich hoffe, daß auch diese Latinisterungskrankheit überwunden werden und unsere deutsche Eigenart erhalten bleiben wird. — Ich schrieb jetzt eine Gehilfenstelle aus und erhielt 41 Bewerbungs schreiben. Davon waren über die Hälfte in lateinischer Schrift geschrieben. Da ich aber deutscher und nicht inter nationaler Buchhändler bin, nehme ich keinen Gehilfen mehr, der lateinisch schreibt. Weihnacht ist gewesen, die Schulbücherzeit steht vor der Tür. Eine große Befriedigung empfand ich dankbar heute morgen durch eine Ankündigung der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin, die besagte, daß zu Ostern stark veränderte Auflagen von 3 verschiedenen Schulbüchern er scheinen würden, und zu ungesäumter Rücksendung noch aus Lager befindlicher Exemplare aufsorderte. Bei solchem weit gehenden Entgegenkommen ist alle Schulbüchernot beseitigt, ist das Ei des Kolumbus weithin sichtbar hingestellt. Werden andere Schulbücher-Verleger dem Beispiel folgen? Es müßte doch auch bei ihnen gehen! Neben dieser großen Not sei noch einer kleineren Not gedacht: die Einheitlichkeit des Formats der Remittenden- fakturen bahnt sich an! Aber warum nur bei den Remittenden- fakturen? Ich habe an dieser Stelle oft über die Ungleich heiten geklagt, daß es Fakturen gibt -klein und schmal wie ein Doktor-Rezept und groß und unförmig wie ein Riesen- Zeitungsbogen-, Und warum müssen Verleger die Reihen folge -fest-, »L cond.« auf ihren Auslieferungsfakturen haben, anstatt des überlieferten »a cond.-, -fest-. Und noch so manche andere, ganz unnötige Ungleichheit! Gerade im Buchhandel mit seiner Überlastung an Kleinarbeit aller Art sollte man ernstlich darauf bedacht sein, durch Vereinheit lichung unheilvollen Jrrtümern, die zu ihrer Aufklärung schrecklich viel Zeit erfordern, nach Kräften vorzubeugen. Hoffentlich bringt uns dieses Gedächtnisjahr deutscher Einheits bestrebungen auch auf dem Gebiete innerbuchhändlerischer Vereinheitlichungen weiter! Hamburg, 2. Februar 1913. Justus Pape.
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