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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.05.1930
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- 1930-05-13
- Erscheinungsdatum
- 13.05.1930
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109, 13. Mai 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. valitäten haben sich aber dabei nicht ausschalten lassen. Ins besondere ergeben sich daraus Schwierigkeiten, daß Frankreich nur 80 Millionen zeichnet, aber 160 erhält. Am liebsten hätten viele gesehen, daß cs seine gesamten 160 Millionen selbst und allein übernommen hätte. Hier scheinen allerdings Bindungen zwischen Frankreich und Morgan vorzuliegen. Morgan will bei dieser Gelegenheit offenbar wenigstens einen Teil der von ihm nach Paris gewährten Vorschüsse konvertieren. In den Kreisen der amerikanischen Konkurrenten Morgans sieht man darin jedoch eine Verquickung der Amerikaschulden der Entente mit dem Rcparationsproblcm, was bekanntlich Washington bis her noch stets grundsätzlich anzuerkennen abgelehnt hat, und ge rade deswegen ist die ganze Transaktion in Amerika zum Teil sehr scharf bekämpft worden. Das wieder hat Morgan in seinen Forderungen bezüglich der Gestaltung der Anleihebedingungen beeinflußt. Sein Prestige verlangt, daß die Emission für ihn kein Fiasko wird. Deshalb das Verlangen, durch eine hohe Rendite den Anreiz zur Zeichnung zu stärken. Da er es mit seinem Ansehen nicht glaubt Vereinen zu können, eine Anleihe mit Auszahlung zu weit unter Pari herauszubringen, drohte das zu einem zu hohen Zinsfuß zu führen. Erst die starken Diskontsenkungen der letzten Zeit ermöglichten dann die Lösung. Alle diese Auseinandersetzungen sind durch das unbefriedigende Ergebnis der Londoner Abrüstungskonferenz nicht gerade er leichtert worden. Solche umfangreichen internationalen Finanz geschäfte wie die Mobilisierung der deutschen Tribute verlangen ja zu ihrer Sicherung doppelt möglichst weitgehende Gewähr leistung des Weltfriedens. Tatsächlich werden indessen die Gegensätze immer schärfer und die Unruheherde immer zahl reicher und lebendiger. Die jetzige Anleihe selbst aber hat Neben wirkungen, die diese Spannung eher verschärfen als mildern. Das zeigt sich insbesondere in Frankreich. Es benutzt bekannt lich die Anleihe zur Ablösung seiner Staatsschulden. Die da mit verbundene Entlastung der französischen Steuerzahler ist in den in die Milliarden gehenden Stcucrabbaubeschlüssen des französischen Parlaments bereits zum Ausdruck gekommen, ohne daß dabei die französischen Rüstungsausgaben eingeschränkt zu werden brauchten. Die französische Wirtschaft wird also noch wettbewerbsfähiger, während der deutschen Wirtschaft zwar Steuersenkungen versprochen, aber schwerlich wirklich beschicken sind. Ob die Weltwirtschaft im übrigen durch die Anleihe eine wirkliche Belebung erfahren wird, ist zweifelhaft. Es handelt sich ja in weitem Umfang nur um eine Umschuldung dabei. Die weltwirtschaftliche Konjunktur wird sich wohl erst bessern, wenn die Rohstofs-Preisbaisse überwunden sein wird. Das aber setzt die Befriedung Asiens einschließlich Rußlands und die Wieder herstellung und Erweiterung ihrer Aufnahmefähigkeit für die Erzeugnisse Europa-Amerikas voraus. In diesem Zusammenhang ist auch das Arbeits losigkeitsproblem zu betrachten, das ja keineswegs Deutschland allein betrifft, sondern tatsächlich die Weltwirtschaft. Das Besondere für Deutschland ist nur, daß hier allein die Sanierung der Arbeitslosenversicherung bisher als das Problem erschien, während in Wirklichkeit doch nur Beschaffung neuer Arbeitsmöglichkciten, also die tatsächliche Bekämpfung und Über windung der Arbeitslosigkeit selbst Aussicht auch auf Sanierung der Versicherung gegen vorübergehende Beschäftigungslosigkeit einzelner — nur so hat sie Sinn und Bestandsmöglichkeit — eröffnen kann. Die Einstellung beginnt sich aber zu wandeln. Man sieht nun schon den Kern der Frage. Selbst der gewesene Arbeitsminister, der Sozialdemokrat Wissel, schrieb im Aprilheft der »Arbeit«: Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im letzten Winter ist noch in frischer Erinnerung. Ich habe von vornherein zu denen gehört, die die auch aus den Reihen der freien Gewerkschaften oft als zu hoch angegriffene ArbeitslosendurchschnittSzahl von 1,1 Millionen, die der Sachverständigenausschuß feinen Berechnungen zugrunde gelegt hatte, eher für zu niedrig als zu hoch angesehen haben. Leider hat die Entwicklung mir recht gegeben — bedauerlicherweise in einem Ausmaße, das ich selbst nicht für möglich gehalten hatte. Es zeigte sich sehr bald, daß das Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben auch nach der Novelle vom Oktober 1929 und nach der Beitragserhöhung um 14 v. H. nicht herzustellen war. 4S0 So wurde inehr und mehr der Komplex der Fragen, die mit der Arbeitslosenversicherung zusammenhängen, aus einem Versiche rungsproblem zu einem Arbeitsmarltproblem. Jeder, der sich nur einigermaßen auskennt, weiß, daß alle »Reformen« in der Arbeits losenversicherung, also etwa Senkung der Verwaltungskosten, völlige Ausschaltung aller Mißbräuche usw., auch nicht entfernt soviel Ersparnisse cinbringen können, wie nötig wären, um daraus ohne Defizit die bisherigen Leistungen an die Arbeitslosen anf- rechtzuerhalten. Nur darum handelt es sich noch: Abbau der Leistungen oder nicht. Und man kann es doch unmöglich einem sozialdemokratischen Arbeitsminister verdenken, wenn er sich weigert, die sozialpolitische» Leistungen eines Gesetzes — die so wieso schon an der unteren Grenze des Erträglichen liegen — ab zubauen, das von einem Nechtskabinett beschlossen worden ist. Und das gilt für die Gegenwart, die uns mit erschreckender Deutlichkeit den Charakter unserer Arbeitslosigkeit offenbart hat, mehr als je. Auch Wissel hat also richtig erkannt, daß es sich nicht mehr um ein Versicherungs-, sondern um das Arbeitsmarltproblem handelt. Unter dieser Voraussetzung gerade ist sein Schluß, es käme jetzt nur auf die Frage: Abbau der Leistungen oder nicht? an, unbedingt falsch. Denn wenn es sich in der Tat nur um das Arbcitslosenproblem handelt, dann gilt es eben, Arbeits gelegenheit zu schassen, und damit erledigt sich dann die Frage der Versicherungsleistungen von selbst. Von dieser Unlogik abgesehen, muß aber vor allem die eigene Feststellung Wissels geradezu niederschmetternd wirken, daß er zwar richtig erkannt habe, worauf es ankomme, daß er aber lieber znrückgctreten sei und das Kabinett gestürzt habe, als das zu tun, was die Er kenntnis der Wahrheit notwendig verlangt hätte. Der Partei mann wollte sich nicht unbeliebt machen. Und wo blieb der ver antwortungsbewußte und -bereite Staatsmann? So kommt das deutsche Volk doch nicht aus dem Sumpf heraus. Nun wird Stcgerwald die Aufgabe anpacken müssen. Wird er es aber auch wirklich tun? Wie die Dinge bei der Rcichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung liegen, geht aus ihrem Bericht für das Kalenderjahr 1929, dem zweiten Jahresbericht seit der Überführung des Arbeitsnachweiswesens in die einheitliche Roichsanstalt, den sie soeben der Öffentlich keit übergeben hat, hervor. In einer Pressebesprechung anläß lich der Veröffentlichung des Jahresberichts machte Präsident vr. Syrup bemerkenswerte Mitteilungen über die Entwicklung des Arbeitsmarktes und über die Möglichkeiten und Grenzen einer Reform der Arbeitslosenunterstützung. Er führte etwa folgendes aus: Die Zahl der Arbeitsuchenden, die sich bei den SKI Arbeits ämtern der Reichsanstalt am 15. April 1930 gemeldet hatten, betrug rund 2 937 900. Bei Berücksichtigung der Familienangehörigen ergibt sich eine Millionenztffer durch die Arbeitslosigkeit Betrof fener, deren Lebensunterhalt schon aus staatspolitischen Gründen gesichert werden muß. Von der Arbeitslosenunterstützung wurden am 15. April 1939 rund 1859 990 Hauptnnterftlltzungsempfänger unterstützt, aus Mitteln der Krisenfiirsorge 302 909. Die Frühjahrs entlastung seit dem Höchststand, Ende Februar 1930, betrug nur etwa Million Hauptunterstlltzungsempfänger, sodaß das Unter- stützungsnioeau gegenüber dem Vorjahr zur Zeit um fast 14 Mil lion höher liegt. Aus den Beitragselngängen, die beim jetzigen Satz von 314?? aus 1015 Mill. RM. zu schätzen sind, kann die Reichsanstalt im Jahresdurchschnitt etwa 980 909 Hauptunter stützungsempfänger versorgen. Über weitere 299 Mill. RM. kann die Neichsanstalt nach dem Gesetz vom 28. April 1930 mit Sicher heit verfügen, und zwar über 150 Mill. Reichszuschllssc und 50 Mill. aus der Jndustricausbringungsumlage, während der weitere mögliche Zuschuß von 30 Mill. aus dem Lohnstenerauskommen als unsicher zu betrachten ist. Insgesamt würden die genannten Mittel die Versorgung von 1170 909 Hauptunterstützungsempfängern im Jahresdurchschnitt sichern, also nahezu die Zahl, die bei den letzten Haushaltsberatungen zugrunde gelegt worden ist. Die Besorgnis, daß diese Grenze einer Durchschnittszahl von 1,2 Millionen Hauptunterstützungsempfängern im Jahre 1939 nicht eingehalten, sondern überschritten werde» wirb, liegt jedoch an gesichts der unbefriedigenden Frllhjahrsentlastung am Arbeitsmarkt, insbesondere am Baumarkt, sehr nahe. Bestätigen sich diese Be fürchtungen, so müßte die Verschuldung der Reichsanstalt beim Reich, die am 31. März 1939 schon 820 Mill. RM. betrug, weiter anwachsen.
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