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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1927
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- 1927-09-17
- Erscheinungsdatum
- 17.09.1927
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218, 17. September 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Gemeinsame oder den Weg zum Gemeinsamen zu finden, das war unsere Ausgabe. Hatten wir die gelöst, dann konnte die Aufgabe des Gcsamtbuchhandcls beginnen. Um das Gemeinsame zu erkennen, mußten wir erst das Ur eigene in uns selbst ganz stark betonen. So hatte sich jeder mit der Geschichte und Kultur seines Stammes sehr eingehend beschäftigt. Sv waren wir ausgeprägte Altpreußcn, Hanseaten, Rheinländer, die einmal zu den Bruderstümmen und dann zu dem fremden Volke fuhren. Unter uns erkannten wir das Verschiedene, bedingt durch Landschaft, Nassencigentiimlichkeit und Geschichte unserer Stämme, aber auch das Gemeinsame und so stark Bindende, das Deutsche. Das Deutsche, das fanden wir auch bei den Bruderstämmen jenseits der Neichsgrenzen, aber auch das Andersartige. Weil wir aber mit verschiedenen Augen sahen, wurden wir bewahrt, einseitig zu sehen und zu urteilen, und erkannten reiche und begabte Stämme, die sich freier und herzlicher geben als wir Norddeutschen, die mehr die Form wahren. Man hat mich gefragt, warum wir die Grenzfahrt in Salzburg begännen, das doch gar kein Grenzland sei. Man übersah, daß wir erst das österreichische Brudervolk kennen lernen mußten, ehe wir in den slawischen Landesteil gingen. Salzburg aber gerade hat uns schon einen tiefen Einblick in die österreichische Volksseele tun lassen, diese kunstreiche Stadt. Verstärkt wurde das noch durch die feinen Einführungen in die Volkskunde durch Herrn Schulrat Adrian, den besten Volkskundler des Landes. Dann die Wanderungen durch die schönen Täler und über die hohen Berge, der Nachmittag bei der heimatverbundenen Dichterin, oder die Stunden in den Bibliotheken stiller Klöster, die Schönheiten ragender Dome und stolzer Schlösser, Plauderstündchen mit den Bauern — sie ließen das Brudervolk er kennen und erleben, und damit waren wir auch dem fremden Volk nähergerückt: denn eng zusammen wohnen beide, und Kulturen werden und wachsen nur durch geistig-seelischen Austausch. Möge viel Fremdes zwischen den Völkern stehen und gerade an den Grenzen scharf betont werden, auch Gemeinsames wird sich in Sitte und Brauchtum finden. So kamen wir nach Kärnten hinein. Hier danken wir vor allem den Herren von der Negierung, dem Herrn Landeshauptmann Schumy, Herrn Landeshauptmann I)r. Lemisch, Herrn Major Kohla und Herrn .Hauptmann Maier- Kaibitsch vom Hcimatbund, daß wir so viel und tiefe Einblicke haben tun können. Hatten wir schon vorher versucht, uns ein Bild von Kärnten und dem Grcnzlandkampf zu machen, jetzt erst gewann alles Leben, weil wir selbst ins blutfrlsche Leben gestellt wurden. So sahen wir Dörfer, die erst seit hundert Jahren deutsch sind und noch den slawischen Schmutz ausweisen, wurden mitten in eine Heimat- buiidversammlung von Windischen, die sich mit dem Kulturautonomie gesetz beschäftigte, hineingestellt, lernten die Schul- und Kirchenver hältnisse kennen, erlebten die Nöte der Bauern, die Arbeit der Süö- slawen, die Stellung der Windischen, die politische Stimmung im Land, das Verhältnis der Kirchen zueinander. Wir sahen den Ein fluß, den die Landschaft auf den Menschen ausübt, lernten die Land schaft und darin gewachsene Kunst des Landes kennen. Haben von hohen Gipfeln in das Land und über die Grenzen geschaut und waren auf Schleichpfaden nach Südslawien hinein. All die vielen Bilder, die wir gewannen, und die vielen Gespräche, die wir führten, sie rundeten uns nur das Bild des Grenzlandes und seines Kampfes für das deutsche Volkstum und die deutsche Sprache, und wir erkannten: Kärnten bildet eine geographische, kulturelle, wirtschaftliche und politische Einheit, die die Deutschen und Slawen mehr und mehr zu einer Volkseinheit znsammenwachsen ließ, bis dann kurz vor dem Kriege von den Südslawen planmäßig eine Deutschenhetze in die slawischen Teile Kärntens getragen wurde. Trotzdem und trotz der tcilweiscn Besetzung des Landes durch die Südslawen nach dem Kriege haben auch die überwiegend slowenischen Teile des Volkes bekundet, weiter mit Österreich und damit der deutschen Kulturgc- meinschaft verbunden zu sein. Auch der Gebrauch der slawischen Sprache läßt im Lande nach. So ist die deutsche Sprache nördlich der Drau siegreich im Vordringen, wie auch hier die Slawen ihre Eigenart ganz aufgeben. Als Beispiel mag Klagensurt gelten, wo noch vor 40 bis 50 Jahren jeder Geschäftsmann windisch sprechen können mußte. Heute ist das nicht mehr nötig: denn jeder Windischc spricht auch deutsch. Zum anderen wurde im Stiftsglimnasium in St. Paul noch vor dem Kriege Unterricht in slawischer Sprache er teilt. Das ist heute völlig fallengelassen, weil kein Bedürfnis mehr dafür besteht. Südlich der Drau ist allerdings das Deutschtum in der Ver teidigung, ja in einigen Orten ist das Slawentum im Vordringen begriffen. Wenn man weiter bedenkt, daß die Slawen fruchtbarer sind und einen größeren Familienzuwachs haben als die Deutschen, so muß gerade diesem Gebiete doppelte Beachtung für die Zukunst ge schenkt werden. Nun könnte man ja meinen, daß man nur deutsche Bauern in die slawischen Gebiete zu setzen brauchte, um diesen ge mischtsprachigen Streifen einzudeutschen. Ta hat sich aber in der Praxis gezeigt, daß dabe-i die einzelnen Deutschen in den Slawen aus- gchen. Wir brauchen deshalb geschlossene deutsche Siedlungen. Ein Zuzug aus dem Reiche ist dabei wohl sehr erwünscht, doch kommt der nur — infolge der Bodenbeschaffenheit — für die breiten Täler in Betracht. Ein starkes Interesse nötigten uns selbstverständlich die Bil- dungsbestrebungen ab. Zunächst waren wir erstaunt über die wun derbaren Schulbauten und deren Einrichtungen, denen wir unter gleichen Verhältnissen nichts Gleiches an die Seite zu setzen ver mögen. Die Lehrerbildung selbst steht der unseren wohl nicht nach und nimmt auch im Studium die gleiche Spanne Zeit in Anspruch. Trotzdem ist das Ergebnis — an den Schülern gemessen — schlechter als vor dein Kriege, weil auch in Österreich wie bei uns zuviel an der Schule herumexperimentiert wird. Daß wir auch die Bibliotheken besuchten, ist selbstverständlich, zumal da uns in Admont, St. Paul, aber auch in der Landesbibliothek zu Klagensurt wahre Schätze gezeigt wurden. Dagegen wiesen die Bibliotheken, die zwar nur auf geschäftliche Momente gegründet waren und nicht dem Buchhandel angehörten, ein erschreckend niedriges Niveau auf. Gewundert haben wir uns, daß wir wohl Südmarkbüchereien in Millstadt, Mallnitz usw. fanden, wo sie an scheinend auch den durchreisenden Fremden zur Verfügung standen, aber solche in den tatsächlich bedrohten Gegenden südlich dsr Dran oft vermißten, trotzdem gerade da der Wunsch nach Büchereien recht laut wurde. Ta Österreich ein armer Staat ist, so waren natürlich auch die Büchereien geldlich recht schlecht bedacht. So stehen z. B. der Landesbibliothek in Klagensurt jährlich nur 3000 Mark und der Bücherei der Lehrerbildungsanstalt nur 4200 Mark zur Verfügung. Da kam dann leicht bei uns der Gedanke, daß vielleicht an anderer Stelle gespart werden könnte, und zuerst fiel natürlich der Blick auf das große Beamtenheer, das am Staate zehrt. Wenn man weiter bei den Eisenbahnfahrten die übergroße Zahl von Ncgiekarten sieht, so ist wohl zu verstehen, daß von uns aus da eine Kritik cinsetzt und Änderung der bestehenden Zustände als erwünscht angesehen wird. Überhaupt siel uns die Verschwendung von Arbeitskräften auf. Wir sind der Ansicht, daß es für die Wirtschaft besser ist, wenn weniger, aber besser bezahlte Arbeitskräfte dieselbe Arbeit leisten würden. Diese Wenigen würden mehr Kaufkraft besitzen, und nach und nach würden auch die zunächst Arbeitslosen von der Wirtschaft wieder aufgesaugt werden können wenn die In dustrie des Landes ausgcbaut würde. Daß wir südlich der Drau überhaupt ein Vordringen des Slawen tums haben, das liegt an dem nicht genügend gelösten Führer- Problem. Die Geistlichen und Lehrer dieses Gebietes sind über wiegend Nationalslowenen, die natürlich nationalslowenische Propa ganda treiben. Man muß in diesen Gebieten gewesen sein, nm zu ermessen, welchen Einfluß diese aus ihrem Volk hcrauSgewachsenen Führer haben. Führer, die Sitte und Brauch aus eigenem Erleben kennen, dieselbe Sprache sprechen und vielen durch verwandtschaft liche Bande verbunden sind. Wir können nur wenig Heimattreue windischc Führer oder Führer aus Kärnten dagegenstellen, weil einmal Kärnten selbst wenig Priester und Lehrer stellt, oder falls einmal ein Junge da ist, der Priester werden möchte — die Mittel zum Studium fehlen. Um deutsche Führer -- nicht nur Priester und Lehrer, sondern auch Arzte, Rechtsanwälte usw. - heranzu- bildcn, fehlt das Geld, das o^t nicht einmal für die Kurse der landwirtschaftlichen Schulen aufgebracht werden kann. Die Slawen dagegen verfügen über genügend Mittel, um den Führcrnachivilchs sicherzustelleii. Was nützt es, wenn man Priester und Lehrer ans den übrigen Ländern Österreichs oder gar Priester aus dem Reiche nach dort versetzt, sie brauchen Jahre, um sich einzuleben, und sind doch keine Windischen, sind Fremde. Blicken wir nun über die Grenzen hinaus nach Südslawien hinein, so sehen wir dort das Deutschtum in arger Bedrängnis. Das Lebens- recht ist ihm versagt. Die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse lassen nicht zu, daß die evangelischen Gemeinden, die .Hauptträger des Deutschtums dort sind, weiter bestehen. Für Schüler ist die Grenze geschlossen, sodaß jährlich mehr Deutsche uns entfremdet werden. Ein uns maßgebender Herr sah die Lage der Deutschen in den Sprachinseln Südslawiens als hoffnungslos an. Wir wollen aber gleich den Herren in Klagensurt glauben, daß, wie ans Anzeichen in letzter Zeit hervorgeht, doch eine Erleichterung für die Deutschen eingetreten ist und das Deutschtum dort einen neuen Aufschwung nehmen kann. Wir hoffen auch, daß vielleicht bei inoffiziellen Ver handlungen zwischen Belgrad und Klagensurt Besserung der Lage der Deutschen erreicht werden kann, zumal da sich auch das Kultur autonomiegesetz, das in Kärnten zur Verabschiedung kommt und den Slowenen Kärntens alle Wünsche erfüllt, auf der anderen Seite auswirken muß. 1129
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