Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.06.1885
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- 1885-06-22
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- 22.06.1885
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Hr 141, 22. Juni Nichtamtlicher Teil. 2! 27 in den einzelnen Städten mitzubringen, und knüpfte die Hoffnung daran, daß derartige Erörterungen in die Verhandlungen des Ver- eins.erwünschtes frisches Leben bringen werden. Die Versammlung begrüßte diese Anregung mit Beifall und der Vorsitzende stellte Herrn Limbarth die Erfüllung seines Wunsches in Aussicht. Gegen H11 Uhr wurde die Generalversammlung geschlossen. * Die Generalversammlung des Württembergischen Buchhändlervercins wurde unmittelbar darauf durch dessen Vorsitzenden, Herrn Konrad Witt wer- Stuttgart, eröffnet. Auch hier wurde der Geschäftsbericht, welcher eine gedeihliche Entwicklung (Mitgliederzunahme: 9) und Wirksamkeit des Vereins nach jeder Richtung hin nachwies, mit Befriedigung entgegengenommen und die Rechnungsführung genehmigt. Ans den Verhandlungen sei eine Debatte hervorgehoben, welche sich über die neuerdings eingebürgerte Unsitte der sogenann te» Weihnachtsausverkäufe und die damit verbundenen billig sten Preisanerbictungen entspann. Sowohl seitens derjenigen, welche diese Geschäftsmanipulationen als krämerhaft und Würde und Ansehen des Buchhandels schädigend rügten, als von seiten eines Mitgliedes, welches seinen gegnerischen Standpunkt als den des Antiquars bezw. des Kaufmanns zu wahren suchte und das Be gehren der Gegner als Eingriff in die geschäftliche Freiheit be zeichnet^ wurde der Meinungsaustausch mit etlicher Schärfe geführt, ohne daß indessen, mangels eines zur Tagesordnung stehenden An trags, ein Beschluß gesaßt wurde. Die zum Schluffe der Versammlung vorgenommene Neuwahl des Ausschusses ergab die Herren: A. Bonz-Stuttgart als Vor sitzenden (Herr Wittwer hatte eine Wiederwahl im voraus abge lehnt); A. Keil (Weise'sche Hofbuchh.)-Stuttgart; A. F. R. Lie- sching-Stuttgart, L. Frey-Ulm und E. Becker-Heilbronn. * Bezüglich der am Dienstag folgenden Süddeutschen Ab rechnung hört Ihr Berichterstatter, daß eine »gute Stimmung« geherrscht habe, indem unliebsame Überraschungen durch säumige Zahler fast ganz ausgeblieben seien. Möge diesem Anfang zum Besseren eine lang andauernde Epoche des buchhändlerischen Ge schäftsausschwunges folgen! M .. . y. Die erotische Litteratur Deutschlands.*) Ein großer englischer Staatsmann hat einen Ausspruch ge- than, etwa dahin lautend, daß Schmutz ein Begriff sei, der für niemand existiere, welcher denselben nur zu analysieren und am rechten Ort unterzubringen wisse. Das ist ein Ausspruch, der im praktischen Leben, in der Industrie im großen, wie namentlich auch in der Land- und Hauswirtschaft, bereits die ausgiebigste Verwertung gefunden hat. Es läßt der Sinn dieser Worte aber auch auf geistige Dinge sich übertragen, und wie es in Bezug auf körperliche Dinge vielfach als Aufgabe des Cheniikers erscheint, dieselben zu klassificieren und zu verwerten, so dürfte es in Bezug auf geistige Dinge vor allem Aufgabe des Buch händlers und Bibliographen sein, nichts, selbst keinen Schmutz ungenutzt bei Seite zu werfen, vielmehr den Nachweis zu ver suchen, daß es eine irrige Auffassung sei, anzunehmen, daß es in der Litteratur irgend eine Materie gäbe, vor welcher man, als in dieser oder jener Beziehung anrüchig, zimperlich zurück scheuen müsse. Allerdings giebt es ja, je nach den Sympathieen oder Antipathicen des Bücherfreundes, wohl manches Litteratur- *) llu^o Laxo, Lipliotdöea Osrmauorum, srotioa. Verrsieb- oiss äsr gssLiUllitkn äsutsollön erotisvdsii Illtoratur mit Livsoüluss äör llsdsrsotrrmASll, Höbst ^nZabö äör krsmäsu Originals. 2. Lull. I-öiprig 188S, ^Ibsü Ouüaä. gr. 8". IV, 4tz4 8. 18 gebiet, welches gar nicht zu existieren brauchte; in den meisten ! Fällen aber hat jedes Buch, und wenn es auch nur wäre um zur Abschreckung zu dienen, doch einen gewissen Nutzen und ver dient häufig schon — wie z. B. alle den Religionswissenschaften, ob auch noch so abergläubischen Richtungen huldigenden Schriften — vom kulturhistorischen Gesichtspunkte eine gewisse Be achtung. Es giebt aber auch noch andere Gründe, welche es als un bedenklich erscheinen lassen, hier einen Littcraturzweig, welchen man in der Regel im Buchhandel nnt Entrüstung von sich weist, einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Es ist die bekannte Maxime, daß sittlich erlaubt sei, was niemand andern in seinem Wohlbefinden beeinträchtige, welche, — wenn auch moralischerseits gerade hier manchen Einwand gestattend — eine gewisse Unter stützung erhält durch das Tcrenzische Wort: Homo onm, bumani nibil a ms alisnum ssss puto. Es soll nicht bestritten werden, daß es würdigere Gegenstände der Unterhaltung und Belehrung giebt als die Erotik; es kann aber anderseits nur als un männliche Prüderie und Heuchelei bezeichnet werden, wenn man nicht doch an solchen Dingen stellenweise Interesse zu finden bekennen wollte. Wo die Erotik im Gewände der Poesie auftritt, wo sie den Lauf der Weltgeschichte in ihren geheimsten Fäden uns kennen lehrt, da liegt kein Grund vor ihr unsere Aufmerksam keit zu entziehen; nur, wo sie in allzu üppigen Geistesspielen wuchert, mag man das Unkraut zu vertilgen suchen. Eine Flora der Erotik darf es freilich nicht ganz unverzeichnet lassen. Es wird als bekannt vorausgesetzt, daß unter erotischer Lit teratur nicht die Liebeslitteratur im allgemeinen, keinenfalls das lyrische Liebeslied, wie man eine solche der herkömmlichen bibiogra- phische Ansicht widerstreitende Definition öster findet, zu ver stehen ist. Um an Übersichtlichkeit des Materials wenigstens etwas zu gewinnen, betrachten wir dasselbe in drei Hauptgruppen, erstens in seinen historischen, auch geographischen Beziehungen, zweitens von seiten der schönwissenschaftlichen Schriftsteller und schließlich seitens der nicht schon früher berücksichtigten Berufs stände und Materien. — Die dem nachfolgenden Abriß im übrigen zu Grunde liegende zweite Auflage der Libliotbooa srotioa ist beiläufig NM etwa zwei Drittel umfangreicher als die erste, 1875 erschienene. Diese umfaßte nur circa 3000, die vor liegende circa 9000 Titel. Auch sind jetzt die in den Berliner und Münchener großen Bibliotheken vorhandenen Schriften be sonders bemerklich gemacht, vielfach auch Antiquarpreise bei gefügt. Ausgeschlossen sind medicinische Schriften, Einblattdrucke und anderes. Dem Übelstande, daß vielleicht manche der in einem Nachtrage (S. 363—450) anfgeführten Schriften über sehen werden könnte, ist durch ein 33 Seiten umfassendes Generalregister abgeholfen, welches dem Hauptverzeichnis ent sprechend, im einzelnen aber mehr bietend, namentlich die Autoren, historisch wichtige Persönlichkeiten und einzelne Haupt materien hervorhebt. Das Fehlen einer systematischen Über sicht des Inhalts läßt es um so mehr gerechtfertigt erscheinen in der angedcuteten Weise etwas näher auf denselben einzugehen. Die Erotik in der Weltgeschichte. Es sei die Bemerkung vorausgeschickt, daß alle mit einem N. bezeichnetcn Angaben auf den Nachtrag der Haynschen Liblio- tRsoa sich beziehen. Die besondere Berücksichtigung der historischen Persön lichkeiten erlaubt für die Weltgeschichte zunächst nur anzu führen die Autoren Mexia (1668), Talander (1669 ff ), Feodor Wehl und »Wörterbuch der Liebe«. Bezüglich einzelner Perio- 407*
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