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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1887
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- Deutsch
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der Wartburg vollendete Übersetzung des Neuen Testaments (die September - Ausgabe) wurde bei Melchior Lotter in Wittenberg gedruckt, jedoch ohne Angabe des Druckers und der Jahreszahl, und am 22. September 1522 ausgegeben. 5000 Exemplare wurden in zwei Monaten abgesetzt, und bereits im Dezember 1522 wurde eine neue Auflage, diesmal unter Nennung des Druckers, gedruckt. Die Nachdrncker fielen natürlich sofort über die gute Beute her. Adam Petri hatte bereits seine Ausgabe vor Ablauf des Jahres 1522 fertig und druckte bis 1525 sieben Ausgaben; daneben lieferte der Baseler Wolfs, 1523—25, fünf Auflagen. Erasmus klagte, daß Luther den ganzen Büchermarkt beherrsche, und in der That, »Luthers schriftstellerische Wirksam keit schuf eigentlich erst den norddeutschen Buchhandel und erhob das kleine Wittenberg in wenigen Jahren zu einem der bedeutendsten Verlagsorte, dessen Offizinen an Leistungs fähigkeit mit den ältesten bis dahin allein maßgebenden Häusern Süddeutschlands wetteifern konnten«. Das Alte Testament folgte in Abschnitten. 1523 war der Druck der fünf Bücher Mose in Gang; 1524 trat jedoch eine Stockung auf Grund eines nicht aufgeklärten Vergehens eines der Brüder Lotter ein, durch welches Lotter der Ältere in Un gnade beim Kurfürsten fiel, der ihm eine schwere Buße aufer legte. Bon 1525 ab findet sich in Wittenberg keine Spur mehr weder von Melchior Vater noch Sohn; dagegen druckt Michael noch 1528 dort und zog dann nach Magdeburg, wo er 1554 starb. 1524 einigte sich der berühmte Maler Luca'! Cranach d. Ä., der sich in vielfacher Weise beschäftigte und 1524 auch eine Buchdruckerei besaß, mit dem Goldschmied Ehr. Döring, der seit 1518 ebenfalls eine Offizin innehatte, in betreff der Über nahme des Verlags der Lutherschen Schriften, mit deren Druck sie Hans Lufft betrauten. Im Jahre 1534 ging der Verlag auf ein Konsortium über, jedoch Hans Lufft, von dem man sagt, er habe mehr als 100 000 Exemplare Lutherscher Werke ge druckt, blieb der Lutherdrucker. Wie sehr die Nachdrucker für die Verbreitung der Schriften Luthers sorgten, haben wir schon erfahren. Geschah dies auch nur aus eigennützigen Gründen, so kann man doch nicht leugnen, daß die Reformation durch den Nachdruck sehr gefördert wurde und darf dessen Unmoralität nicht ganz mit dem Maßstabe der Anschauung unserer Zeit messen. Der Nachdruck war damals ein legitimes Geschäft, dessen sich Männer wie Joh. Amerbach und Joh. Petri nicht schämten. Da damals so gut wie kein Honorar gezahlt wurde, so litten die Autoren keinen großen Schaden und freuten sich öfters selbst über Nachdrucke, die besser und korrekter ausgeführt waren, als die Originalausgaben. Doch dies waren Ausnahmen; in der Regel mußten sich die Autoren noch über die liederliche Ausführung ärgern und über die Frechheit, mit welcher die Nachdrucker in unredlicher Weise die Manuskripte so zeitig in die Hände bekamen, daß der Nachdruck eines Werkes, (wie es vor kurzem in Belgien noch geschah,) gleichzeitig mit der Originalausgabe erscheinen konnte. Hierauf richteten sich denn auch nur hauptsächlich die Klagen Luthers: »man solle doch dem rechtmäßigen Verleger 7 bis 8 Wochen Vorsprung lassen«; nur in diesem Sinn verlangt er die Einmischung des Staates. Als Praktischer Mann suchte er sich selbst zu helfen und beabsichtigte, um den Nachdruck in der für den Buchhandel so wichtigen Stadt Nürnberg zu Hintertreiben, ein Übereinkommen mit Koberger in betreff des Debits seiner Schriften zu treffen; die Verhandlungen blieben jedoch ohne Erfolg. Wichtig für die Reformation wurde der Nachdruck, als die Haltung des Herzogs Georgs des Bärtige» den wichtigen Meßplatz Leipzig für den Vertrieb des lutherschen Verlags gänzlich schloß. In Norddeutschland entwickelte auch Magdeburg als Verbreitungsort reformatorischer Schritten eine große Thätigkeit, die sich bis nach Dänemark hin, das auch mit Wittenbergs und Leipzigs Druckern in Verbindung stand, erstreckte. Das Mttnsterland war bis zum Ausbruch der Wjedertäufer- unruhen so gut wie lutherisch; namentlich brachten die Pressen Münsters viele reformatorische Schriften auf den Markt. Bei der eintretenden Reaktion wüteten beide Teile gegen die luthersche Presse. Erst verbrannten die Wiedertäufer alles, was ihnen in die Hände fiel; was übrig geblieben war, vernichteten die zurück kehrenden katholischen bischöfliche c Behörden. Am krassesten trat die Gegenreformation in Ö!'»-reich auf, wo Luthers Lehre einen sehr gut vorbereiteten Bode efunden hatte. Nach kurzer Zeit gelang es bekanntlich den I^ len, sie dort zu verdrängen, und der dreißigjährige Krieg r ete sie mit Stumpf und Stil in Österreich aus. Als direkte Helfer der Verbreitung der Reformation traten die Buchführer und die Prädikanten hinzu. Erstere verbreiteten in eifrigster Weise Originalausgaben und Nachdrucke der un zähligen Streitschriften nnd Gesprächbüchlein. Ihr Einfluß war ein sehr großer. Je verpönter eine Schrift war, desto größere Mühe gab man sich mit der Verbreitung: denn das Geschäft war ein gutes, und da die meisten dieser Leute nichts zu ver lieren hatten, so scheuten sie auch die etwaigen bösen Folgen nicht. Diese Schriften zogen erst nur gegen die Geistlichkeit zu Felde, dann strebten sie auch die politische Reformation und die Be freiung von den drückenden Lasten an. In ihrer Geschäftsweise knüpfte» die hausierenden Buchführer an die Gepflogenheiten der Handschrifteuhändler an. Ihre Käufer suchten sie auf den Märkten und Messen auf, vor den Kirchen und Kollegien, in den Schenken, auf der Landstraße (vergl. die hübsche Schilderung in Gustav Freytags »Markus König«), Auf dem Lande lasen sie den Bauern Kraftstellen vor. Die Leselust wurde überall gestärkt und damit der kräftigen Entwicklung des späteren Buchhandels bestens vor gearbeitet. In den Flugblättern, welche die Zeitereignisse regel mäßig besprachen und erklärten, haben wir auch die Grundlagen der »neweu Zeitungen« und unserer späteren wirklichen Zeitungefi zu suchen. »Das Flugblatt des Reformationszeitalters ist eben die Mutter der neuen Zeitung.« Die Dritten im Bunde mit den Nachdruckern und Buchführern waren die Prädikanten, welche für ihren Anteil durch das ge sprochene Wort den Bildungstrieb in die Massen trugen und somit den Buchführern den Weg bahnten. Wie gefahrvoll der Beruf beider war, zeigt die Geschichte zweier der echten Typen dieser Klassen. Das traurige Schicksal Herrgotts, der 1524 als Verbreiter gefährlicher politischer Grundsätze auf dem Markt zu Leipzig hingerichtet wurde, wird von Kapp nach Kirchhofs (S. 438) ausführlich geschildert, wie auch das schreckliche Ende des Prädikanten Balthasar Hubmeyer, der 1528 in Wien den Feuer tod erlitt, während seine mutige Frau mit einem Stein am Halse in die Donau gestürzt wurde (S. 441). Der unselige Bauernkrieg und die blutig grausame Unter drückung des Aufstandes schnitt der gewaltigen Bewegung als einer kirchlich-nationalen den Lebensnerv ab. Auch Luther war ein anderer geworden und trat in bewußten Gegensatz zu seinen stürmischen Anfängen. Die Quellen der Begeisterung, des Witzes der Laune und der Satire versiegen unter solchen Verhältnissen. Die Volkslitteratur erlischt. Die Polemik wird einseitiger, per sönlich, gereizter und läßt gleichgiltig. »Allein die gewaltige sittliche und geistige Umwälzung, welche das ganze Volk ergriffen hat, durchdringt auf Jahrhunderte hinaus mit reinigender und neu belebender Kraft alle Klassen, alle Gebiete des wirtschaft lichen und öffentlichen, des sittlichen! und geistigen Lebens«. Die deutsche Volksschule ist zunächst das Kind der Reformation und bewegt sich ein volles Vierteljahrtausend in den von dieser vor gezeichneten Bahnen. Hineingeleitet wird sie namentlich durch Valentin Jckelsamer und Adam Riese, während Philipp Me- lanchton, der prasooptor 08rmania.s, ähnlich für die Organisation des höheren Unterrichts wirkt. Die Pädagogik wird durch die Reformation eine Wissenschaft und die gelehrte Erziehung eine Art nationaler Eigentümlichkeit. »Luther ist aber der Ausgangspunkt für alle diese Strömungen des geistigen Lebens. Buchdruckerei und Buchhandel verdanken
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