Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.06.1887
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- 1887-06-08
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- 08.06.1887
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Nichtamtlicher Teil. 1' Iwan von Tschudi. Am 28. April d. I. verschied in St. Gallen ein hochbedeu tender Berufsgenosse, Herr Iwan von Tschudi, Inhaber der dortigen Firmen Scheitlin's Sortiments-Buchhandlung und Scheitlin L Zollikofer, Verlag. Der Verstorbene war ein Mann von seltenen Talenten und großer Arbeitskraft. Allgemein be kannt sind seine gediegenen litterarischen Arbeiten, namentlich sein mit großer Darstellungsgabe, Findigkeit und in anstrengendster Arbeit von ihm selbst hergestelltes und neunundzwanzigmal neu aufgelegtes Reisehandbuch, der »Turist in der Schweiz«. Wir entnehmen den »Mittheilungen des D. u. Ö. Alpenvereins« fol genden ehrenden Nachruf über den trefflichen Mann, dem auch in den Kreisen des Buchhandels ein treues Andenken bewahrt bleiben wird. Iwan von Tschudi, geboren am 19. Juni 1816, genoß vor treffliche, auch später' von ihm selbst dankbar erwähnte Erziehung im elterlichen Hause. Unter der Anleitung bewährter Lehrer, z. B. Georg Spielbergs und des bekannten schweizer Dichters I. Reit- hard, erwachte früh in dem empfänglichen Knaben der Sinn für alles Schöne, Edle und Gute, die Liebe zum Vaterlande und zur Natur. Öftere Ausflüge in die heimatlichen Berge und Ferien reisen durch die Schweiz legten wohl den Grund zu der späteren, fast leidenschaftlich zu nennenden Liebe des Verewigten für das Hochgebirge seines Vaterlandes. Zum Kaufmanne bestimmt, besuchte er die damals im besten Rufe stehende Gewerbeschule in Aarau. Im Hause Heinrich Zschokkes fand der junge Knabe freundliche Aufnahme. — Später widmete er sich während mehrerer Jahre dem Studium der Chemie und des Zeichnens in Mülhausen und Paris, wo sein Verkehr mit Heinrich Heine zu weileren, sehr interessanten Bekanntschaften berühmter Männer des zeitgenössischen litterarischen Frankreichs führte. Im Jahre 1839 nahm Tschudi ein ihm gebotenes Engagement nach St. Petersburg an und verlebte eine Reihe von Jahren in der russischen Kaiserstadt. Bei einer beinahe zehn Monate dauernden Reise durch den größten Teil Europas (1843) sammelte er einen reichen Schatz an Erfahrungen und Wissen. Im Jahre 1846 über nahm er im Verein mit seinem Schwager Zollikofer gemeinschaftlich das VerlagsgeschäftSchcitlin L Zollikofer und dieZollikoser- sche Buchdruckerei in St. Gallen. Im Jahre 1868 erfolgte die Trennung der Firma. Tschudi widmete sich seitdem einzig dem Buch- und Kunsthandel und der Herausgabe seines Schweizer Führers. Als Iwan von Tschudi nach seinen vielen Reisen, die ihn zumeist in die Großstädte Europas geführt, wieder in sein Vater land zurückkehrte, erwachte die Liebe zu den Bergen wieder leben diger als je vorher. — Soweit es Berufsgeschäfte irgend erlaubten, wandte er sich den Forschungen im Alpengebiete zu. Namentlich das Hochgebirge war für ihn ein ungelöstes Problem. »Ich will es erforschen und bekannt machen, ohne selbst ein sogenannter Gipfeljäger zu sein.« Und er hat es durchgeführt, allerdings unter einer erdrückenden Bewältigung von Arbeitsstoff. Es hatte sich bei ihm längst die Überzeugung festgestellt, daß es an einem kurzen und bündigen Reise-Taschenbuche für die Schweiz fehle, welches zuvörderst den Landeskindern selbst ein Wegweiser sei in die bis dahin noch fast unbekannten Gebiete, welche ab seits der abgelaufenen Touristenwege die großartigsten Natur schönheiten des geliebten Vaterlandes bergen. Aufgemuntert von gleichgesinnten Freunden, publizierte er 1855 ein schüchternes, kleines Bücklein unter dem Titel »Schweizer-Führer«. Der Erfolg war ein überraschender; in wenigen Monaten war die erste Auflage vergriffen. 1872 erschien das unterdessen vielfach neu bearbeitete und verbesserte Buch, um nicht mit anderen gleichartigen Werken verwechselt zu werden, unter dem neuen Titel: »Turist in der Schweiz«. Seitdem ist jährlich eine neue, verbesserte und vermehrte Auflage dieses vortrefflichen, unübertroffenen Werkes erschienen. Die 29. Ausgabe des »Turist«, dessen Umarbeitung Tschudi noch selbst vollendet hatte und dessen letzte Arbeit sie war, ist soeben erschienen. Die erstaunliche Fülle des gebotenen Stoffes hat Tschudi zum größten Teile auf seinen vielen Wanderungen und Reisen gesam melt und nach und nach durch Berichte zahlreicher Korrespondenten und Mitarbeiter ergänzt und vermehrt. Wie hoch sich die Zahl derer belief, die es sich zur Ehre anrechneten, dem ausgezeichneten Publizisten zur Seite zu stehen, davon giebt uns das Vorwort zum »Turist« Auskunft. Dankbar und aufrichtig zugethan war er jedem, der ihm eine zuverlässige Notiz oder eine Korrektur eingab. Und darum sah er sich von den bedeutendsten Mitgliedern des Schweizerischen, wie der ausländischen Alpen-Klubs, von Männern der Wissenschaft jeglicher Vereine, von einfachen Landleuten, Hirten und Schmugglern, bei denen er auf seinen Fußwanderungen in früheren Jahren und auch später Auskunft zu holen nicht ver schmähte, in richtiger Weise unterstützt. Vielfach auf seinen Wan derungen über Berge und Pässe, im Wallis und anderorts, bediente er sich bekannter Schwärzer als Führer. Schon seit längerer Zeit war es leider vorauszusehen, daß der so thätige, frische und gesunde Körper dieses uner müdlich in Arbeit thätigen Mannes unterliegen müsse. Seine eiserne Natur bestand lange Zeit glücklich die größten An strengungen und Gefahren; um so unaufhaltsamer brach er aber vor ungefähr zwei Jahren an Körperkraft zusammen. Der Leib, der seinem unermüdlich aufwärts strebenden Geiste so lange Jahre als williges Werkzeug sich erwiesen, versagte manchmal den Dienst, und Tschudi mußte sich von so manchem, ihm lieb ge wordenen Kreise zurückziehen. Am Abend des 28. April entschlief er nach dreiwöchentlichem Krankenlager sanft und friedlich. Prunk los, wie er im Leben war, haben wir ihn zu Grabe getragen, ohne Sang und Klang. Er hatte es so gewünscht und die letzten Anord nungen selbst getroffen. D. L. Die englische »Zooist^ ok ^uldors« und die Verleger. Es ist leider eine weitverbreitete Ansicht, daß die Schriftsteller von ihren Verlegern ungenügend bezahlt würden, ja eine berühmte Persönlichkeit, ein Verfasser zahlreicher kleiner und großer, z. T. mit großen Kosten herzustellender Bücher, der aber als Geschäfts mann bekannt ist, ließ sich sogar dem Einsender gegenüber zu Aus drücken über den ganzen Stand der Buchhändler verleiten, welche nicht wiederzugeben sind. Als öffentlicher Ankläger gegen die Verleger aufzutreten, ist dem englischen Novellisten Walter Besant vorbehaltengewesen, der in der »Incorporated Locist^ ok Hutbors« zu London am 2. März d. I. folgendes sagte: Die Verleger begnügten sich nicht mehr, wie sonst üblich, mit halbem Verdienst, sondern berechneten die Herstellungskosten dem Verfasser gegenüber zu hoch und ver dienten auf diese Weise doppelt. Die »8ocist/ ok ^.utüors« könne dem gegenüber zwei gerechte und billige Maßregeln Vorschlägen, erstens, daß ohne vorheriges Einverständnis des Verfassers die Herstellungskosten demselben nicht berechnet werden dürften, und zweitens, daß alle Rechnungen, Quittungen und Bücherzählungen dem Verfasser zugänglich sein sollten, wie es in allen andern Geschäften gebräuchlich sei. Für den ersten Augenblick werde
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