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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.11.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-11-02
- Erscheinungsdatum
- 02.11.1887
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- Deutsch
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552 l Nichtamtlicher Teil. t 253, 2 November 1887. sich das Bestreben geltend macht, sich zu koalieren, um bestimmte Geschäftsgrundsätze geltend zu machen und ausrecht zu erhalten, einem gesunden Zwischenhandel die Grundbedingungen einer' Existenz zu sichern, den auf allen wirtschaftlichen Gebieten als schädlich erkannten Großkapitalisten möglichst in Schranken zu halten und durch die Verteilung des Kredits auf möglichst viele Schultern das Risico zu verringern, so steht auch ihm das Recht, ein gleiches zu thun, unbedingt zu. Er ist durchaus befugt, sich die sich immer mehr Bahn brechende Erkenntnis zu eigen zu machen, daß eine schrankenlose Konkurrenz niemandem zu gute kommt, und die Annahme, ein stetes Hinwirken ans möglichst niedrige Preise müsse sich für den einzelnen als segensreich erweisen, schließlich doch nur ein Trug schluß ist. Der Verleger wird also mit vollem Rechte den Ladenpreis nicht nur nach seinem Ermessen fixieren, sondern ihm auch unbedingt mit allen Mitteln Anerkennung zu gewinnen trachten dürfen, und wer hieraus nun gefolgert haben wollte, daß jener dann das ihm vom Autor überlassene geistige Eigen tum willkürlich hoch im Preise ansetzen und geschäftlich ausnutzeu dürfe, der lasse nicht außer acht, daß einerseits in den meisten Fällen der Autor auch ein Wort mitzusprechen hat und andrer seits jede Freiheit ihre Schranken in sich selbst findet. Denn es versteht sich doch wohl von selbst, daß jeder verständige und rech nende Geschäftsmann eine möglichst niedrige Kalkulation an streben wird, da er sich sagen muß, daß wohlfeile Bücher von vornherein besseren Absatz finden, als teuere, und daß eine geld arme Nation unmöglich Bücher kaufen wird, die mit ihrem Preis in gar keinem Verhältnis zum Inhalt und Umfang stehen. Zudem hat jedes Buch trotz allem seine und bei der heutigen Massenproduktion zum Teil recht lebhafte Konkurrenz: denn wer z. B. die Wahl unter einem halben Dutzend Kompendien der deutschen Literaturgeschichte von annähernd gleichem wissen schaftlichen Wert hat, der wird unzweifelhaft die wohlfeilste kaufen. Das will also besagen, daß der produzierende Verleger nicht aus Laune den Preis seiner Bücher in die Höhe schrauben, sondern sie vielmehr aus den verschiedensten Gründen möglichst niedrig kalkulieren wird. Er übergiebt es nun dem an das Publikum wieder verkaufenden Sortimenter mit einem bestimmten Rabatt und verlangt, daß der Ladenpreis eingehalteu werde. Über die Höhe dieses Rabatts gehen freilich im Publikum die unglaublichsten Begriffe um. Man nennt ihn ohne Bedenken in Prozenten von oft erstaunlicher Höhe, berechnet hiernach den Nutzen des Wiederverkäufers und läßt diesen werdenden Millionär den massenhaften Profit ohne weiteres in die Tasche stecken. In dessen ist nichts irrtümlicher als diese Auffassung. Vor allem wollen wir nachdrücklich betonen, daß die Rabatt sätze 'ganz außerordentlich auseinandergehen und jene höchsten, die natürlich mit Vorliebe genannt werden, in den seltensten Fällen gewährt werden; es kommt indessen als Wesentlicheres hinzu, daß dieser Rabatt, obwohl er brutto hoch scheinen mag, in Wirklichkeit doch durch Ladenmieten, Gehalte, vielfache Spesen und Verluste auf ein außerordentlich geringes Netto reduziert wird, und endlich sei als Letztes und Wichtigstes festgestellt, daß der Umsatz des deutschen Buchhandels ein geradezu unglaublich geringer ist. Jene Sortimentsbuchhandlungen, welche über 100 000 Mark umsetzen, sind nicht eben häufig zu treffen, die große Mehrzahl begnügt sich gern mit wesentlich kleinere» Ziffern. Wenn man nun bei einem Umsatz von etwa 60 000 Mark von den Rabattsätzen, wie sie der Verleger in Wirklichkeit gewährt, 15—20 Prozent Vertriebsspesen in Abzug bringt — und so hoch dürfen sie nach den durchaus zuverlässigen statistischen Be rechnungen im Mittel angesetzt werden — so verbleibt ein Nutzen, der in vielen Fällen zu dem Anlagekapital und der ausgebrauchten Arbeitskraft in einem sehr ungünstigen Verhältnis steht. Denn wenn unsere Ausstellung wahr, und sie ist es, so wird auch einleuchten, daß ein Reingewinn von 3000 — 5000 Mark immerhin nur ein mäßiger zu nennen ist. Über ihn hin aus gelangen aber die wenigsten Sortimenter in den Provinzial städten, da die unleidliche Konkurrenz aus den Hauptstädten und buchhändlerischen Zentren auf sie am fühlbarste» drückt. Immerhin muß aber zugegeben werden, daß das bücher kaufende Publikum mit einem gewissen Schein von Recht meinen konnte, der Sortimentsbuchhandel müsse trotz des ewigen Weh und Achs viel Geld verdiene», nachdem da und dort, vornehm lich aber in Leipzig und Berlin, eine Anzahl Firmen daran ging, durch einen unverhältnismäßig hohen Rabatt, den sie den Privaten gewährten, den Absatz nicht nur am Orte uud in der Provinz, sondern sogar im ganzen Reich, auf sich zu konzen trieren. Es folgten Preisunterbietungen von so unglaublicher Höhe, daß an eine Konkurrenz der Proviuzialsortimenter mit den buchhändlerischen Zentralpunkten schon seit Jahren nicht mehr zu denken und der Ruin der elfteren nur noch eine Frage der Zeit war. Mehrere Umstände begünstigten diese »wohlfeilen« Firmen. Einmal arbeiten sie mit denkbar geringsten Spesen, da der gesamte deutsche Verlagsbuchhandel infolge seiner Or ganisation alle seine Erzeugnisse franko Leipzig liefert, des wei teren aber die Frachtsätze von Leipzig nach Berlin auch nicht bedeutend sind; die teuren Ladenmieten und Gehilfensaläre konnten bequem umgangen werden, da der Geschäftsbetrieb, welcher in erster Reihe durch Kataloge mit den wohlfeilen Preis ansätzen »ach außen zu wirken suchte, solche nicht bedingte, und endlich war die Thätigkeit jener Firmen vor allem, wenn nicht ausschließlich, auf den Absatz allgemein eingeführter Werke ge richtet, die das tägliche Brot des Sortimenters bilden. Klassiker- Ausgaben, Schulbücher, an Hochschulen eingeführte Kompendien, Sammel- und encyklopädische Werke, Gesetzausgaben für die Ge richts- und Verwaltungsbehörden, Zeitschriften, kurz in erster Reihe alles, was sich mühelos au das große Publikum verkauft, wurde zu außerordentlich wohlfeilen (Schleuder-fiPreisen abge geben, daneben freilich auch alles andere nicht verschmäht, was mühelosen Gewinn bringt. Es ist die Organisation des deutschen Buchhandels, wie sie sich unter der Mitwirkung der bedeutendsten Standesangehörigen und Beihilfe von Juristen und National- ökonomen im Laufe der letzten fünfzig Jahre bildete, nun eine ganz eigenartige und einzige, wie sie sich nachweislich in keinem Lande noch einmal findet. Der englische und französische Sor timentsbuchhandel z. B konzentriert sich in der Hauptsache aus die beiden Hauptstädte, und der Vertrieb der Verlagswerke in jenen beiden reichen Ländern ist in die Hand von wenigen Hunderten spekulativer Sortimenter, Lesekabinette und Leih anstalten (eirenlatinA tibraries der Engländer) gelegt, die je nach ihrem Vertrauen zu einem Buche mehr oder minder große Posten für den Primärabsatz aufkaufcn, um damit ihr Glück zu versuchen, während der Rest der Auflage, zumal der we niger zugkräftigen Bücher, wenigstens in England, oft schon nach wenigen Wochen vom Verleger unter den Hammer gebracht wird. Dagegen besteht bekanntlich bei uns ein über das ganze Reich, Österreich-Ungarn und die Schweiz gleichmäßig verteilter Sortimentsbuchhandel, so daß jede Stadt von etwa 6000 Ein wohnern einen Sortimenter ihr eigen nennt. Während in den genannten Ländern die Verlagswerke an die Sortimenter in den meisten Fällen nur auf feste Bestellung und Rechnung abgegeben werden, und dies leichtlich geschehen kann, weil für jeden, der auf Bildung Anspruch macht, die Anschaffung einer Büchcr- sammlung unerläßlich ist und sich somit der feste Stamm von Bücherkäufern für den Absatz unschwer berechnen läßt, giebt der deutsche Verleger, der mit den weniger brillanten Verhältnissen seines Landes rechnen muß, seine neuen Verlagswerkc dem Sorti mentsbuchhandel in Kominiision (ü condition, wie der buchhänd lerisch-technische Ausdruck lautet), also mit der Berechtigung für den letzteren, nicht Abgesetztes binnen Jahres- oder gleichviel welcher Frist an den Verleger znrückgcben zu dürfen. Jeder Gelehrte, Schriftsteller und Litteraturfreund weiß aber, daß unser Sortimentsbuchhandel eine Unsumme von Zeit, Intelligenz und
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