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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-11-16
- Erscheinungsdatum
- 16.11.1887
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- Deutsch
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wendig im Interesse des Publikums wie der Verleger. Was würden unsere Hauptbücherkäufer, die Gelehrten aller Art und die Bibliotheksverwaltungen dazu sagen, wenn diese für sie so angenehmen und kaum zu entbehrenden Ansichtssendungen unter bleiben müßten! Aber mehr noch würden sich die Autoren wissenschaftlicher Werke entsetzen, wenn sie durch ihren Verleger erführen, daß jetzt noch weniger Exemplare ihrer Bücher ab gesetzt würden als früher, da das Konditionsgeschäft noch blühte. Denn es ist keine Frage, daß durch das »zur Ansicht«-Ver senden einem großen Teil der erscheinenden Werke der Weg zum Publikum gebahnt wird, daß viele Werke niemals würden ge kauft werden, wenn der Buchhändler sic nicht »zur Ansicht« vor legte. Es geschieht sogar jetzt bei der Blüte des Konditions geschäftes und der Ansichtssendungen, daß ein gutes Werk eines noch unbekannten Verfassers übersehen wird und erst nach längerer Zeit sich Anerkenner und Käufer erwirbt; in ungleich größerem Maßstabe aber würde dies der Fall sein, wenn der deutsche Verleger seine besten Mitarbeiter, die Sortimenter in den kleinen Städten, für welche das Konditionsgeschäft eine Lebensfrage ist, verloren hätte. Es ist freilich wahr, daß dieses Konditionsgeschäft für beide, Verleger und Sortimenter, viele Kosten an Porto-, Fracht-, Emballage- und Kommissionsspesen verursacht, und daß ein Sorti menter, der nur solche kouditionsweise erhaltene Bücher ver triebe, nicht würde existieren können, da höchstens Z.-Ü/gU der Novitäten einen Käufer finden und die übrigen 66Vzhb wieder zurückgesandt werden; aber trotzdem ist der Verleger gezwungen, die Sortimenter zugleich in ihrem eigenen Interesse zu veran lassen, seine Neuigkeiten konditionsweise auf Lager zu nehmen, da er einen Selbstmord beginge, sich selbst die Lebensadern unterbände, wollte er hiervon absehen. In Deutschland, dem relativ armen Lande, erscheinen jährlich mehr litterarische Erzeug nisse, als in England und Frankreich, diesen Geldländern der Neuzeit, zusammengenommen; und wenn der deutsche Verlag auch viel für den Export arbeitet, so ist das Land bei allem lite rarischen Bedürfnis, das in der That vorhanden ist, doch nicht im stände, alle neuen Erzeugnisse zu verdauen und zu kaufen, wenn sie ihm nicht angeboten, nicht vorgelegt werden. Doch wieder zurück zu unserem Konditionsgeschäft. Seit kurzem hat sich nun eine neue Art des Büchervcrtriebes herans- gebildet, eben jene »Schlenderei«, die durch den eingangs citierten Beschluß des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler an den Pranger gestellt worden ist. Die Praxis dieser Geschäfte ist kurz folgende. Da der Vertrieb von Neuigkeiten nicht lohnend genug ist, so widmen sie sich demselben garnicht. Dagegen halten sie ein großes und wohlgeordnetes Lager von gangbaren, altbewährten Büchern, wo sie sicher sein können, daß der Ver kauf glatt vor sich gehen wird. Diese »Brotartikel« des Sorti ments, »stanäarä books« nennt sie der Engländer, werden nun in großen Partieen angekauft; und der Verleger, froh, eine große Anzahl seines Werkes auf einmal abgesetzt zu haben, gewährt ihnen sehr günstige Bedingungen, so daß er den Rabatt, der im allgemeinen nur 25 »ch beträgt, auf 40»/«, ja aus 50 hh erhöht. Und nun kommt die Hauptsache: damit der Umsatz der Partieen möglichst schnell von statten gehe, bieten sie die Werke zu 20 oder 25 gh unter dem Ladenpreise aus. Dieser Verkauf unter dem Ladenpreise ist freilich nichts ganz Neues; schon vom fünfzehnten Jahrhundert an hatte man über denselben zu klagen. Aber die Raffinierheit, mit der dieses Geschäft nach Einführung der Gcwerbefreiheit und der so großen Erleichterung des Post verkehrs durch niedrige einheitliche Portosätze von einzelnen Firmen, namentlich Berlins und Leipzigs, betrieben wurde, diese Raffiniertheit ist neu, ganz modern möchte ich sagen. Und in der systematischen Preisunterbietung liegt ein Angriff auf das Renommee des ganzen Buchhandels. »Zunächst halfen sich die Provinzialhändler im einzelnen Falle durch Zugestchen der gleichen Rabatte, durch Mitschleudern; allmählich aber wurde der Terro rismus der Schleuderer so übermächtig, daß der Bestand des deutschen Sortimentshandels der Provinz ernstlich gefährdet er schien. Auf Anregung der großen Schulbuchhandlung B. G. Teubner verbot nunmehr im Jahre 1880 die Hauptzahl der deutschen Verleger die öffentliche Ankündigung ihrer Berlagswerke unterm Ladenpreise« (v. Hase a. a. O.). Als die Verleger diesen wichtigen und entscheidenden Schritt thaten, waren sie sich be wußt, daß sie ihn thun mußten, wenn sie nicht die kleineren Sortimentshandlungen der Provinz anfgeben wollten, die doch ihre treuesten Bundesgenossen sind; anderseits aber waren sie überzeugt, daß der Absatz, den die Schleuderfirmen erzielten, in keinem Verhältnis zu dem Schaden stand, den sie anrichteten. Einfach lächerlich ist es nun, wenn in der Korrespondenz eines schlesischen Blattes gesagt war: »Ich gebe eher dreimal einen Thaler aus, als einmal drei Thaler« Absölnt betrachtet ist die These jedenfalls nicht anzufechten; aber im Zusammen hänge mit der Rabattfrage ist sie eine gröbliche Täuschung. Der Verfasser will da seine Leser durch den Popanz ängstigen, die Bücher würden nun dreimal so teuer werden, als sie bisher waren. Wenn dies das kunoturn salisus der Anti-Rabatt bewegung wäre, so müßte man selbstredend dagegen Front machen, aber es handelt sich nicht um drei Thaler, sondern um drei Groschen — ein kleiner Unterschied. Diese drei Groschen, welche das Publikum thatsächlich mehr bezahlen soll als früher, darf man jedoch in einseitiger Hervorkehrung des Standpunktes der Käufer nicht ansehen als einen Raub, durch den sich die hab süchtigen Händler bereichern wollen, oder als eine »Bildungs steuer«, wie ein Liebhaber von Kraftworten sich ausdrückt; — diese drei Groschen sind nur eine Lesegebühr, wenn ich so sagen darf, für alle diejenigen Bücher, welche der Buchhändler seinen Kunden zur Ansicht übersendet und nach erfolgter Durch sicht zurückerhält. Ich möchte den Privatgelehrten sehen, der aus die Ansichtssendungen seines Buchhändlers gern verzichtete!*) Besonders diejenigen Herren, welche in der Provinz leben, in den größeren und ganz besonders in den kleineren Städten, und hier keine öffentliche Bibliothek zur Hand haben, aus welcher sie die für sie nötigen Bücher entleihen können, sind auf die Ansichts sendungen geradezu angewiesen. Denn wie oft kommt es vor, daß sie in einem Werke nur eine Bemerkung, eine Beweis führung, eine Ansicht nachschlagen möchten, und das Werk nicht besitzen. Der einen Bemerkung wegen können sie sich das Buch doch unmöglich anschaffen. Da tritt der Sortimentsbuchhändler ein und vermittelt durch die Einrichtung des Konditionsgeschäftes die leihweise Überlassung des Buches. Und für diese Mühe waltung des Sortimenters zahlt der Bücherkänser bei der nächsten festen Bestellung ein par Groschen mehr. Kein anderes Land als Deutschland kennt den nicht hoch genug zu schätzenden Vor teil, daß in jeder kleinen Provinzialstadt ein oder gar mehrere gebildete Buchhändler zu finden sind, die die Erscheinungen auf dem Büchermarkt aufmerksam verfolgen und, das litterarische Bedürfnis ihres Kundenkreises genau übersehend, dafür Sorge tragen, daß die neuen Erscheinungen in ihrem Lager zu finden sind und ihren ständigen Kunden auch bekannt werden. In England und Frankreich kennt man einen Buchhandel wie wir ihn bei uns überall finden, .nur in den Kapitalen und den allergrößten Städten; der Verlagsbuchhandel aber ist fast aus schließlich in der Hauptstadt konzentriert. Bei uns ist über das ganze Land hin ein tüchtiges und thatkräftiges Sortiment ver breitet, und der Verlag ist nur zu einem geringen Teil an die Reichshauptstadt geknüpft. Doch wieder zurück zu unseren Schleuderern, den »Groß kaufleuten« oder »Grossisten«, wie sie sich gern nennen hören. *) Vgl. was Dziatzko gegen die Ansichtssendungen ins Feld führt. (Preuß. Jahrb. Bd. 52 S. 53 >. Vcrgl auch Börsenbl. 1883. Nr. 291 u. 293.) Es gehört gewiß nicht znr Regel, daß diese so planlos aus- i geführt werden, wie in dem citierten Artikel angegeben ist.
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