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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-11-16
- Erscheinungsdatum
- 16.11.1887
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- Deutsch
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Wie nimmt sich ihr Argument, daß durch den hohen Rabatt die Kaufkraft des Publikums erhöht werde, im Lichte der Thatsachen aus? Was sagen die Zahlen dazu, die beredtesten Beweis mittel der Neuzeit? Auf Grund der Bücher eines alten und sehr bedeutenden Verlagsgeschäftes der Provinz habe ich nach dieser Richtung hin genaue statistische Untersuchungen angestellt, und ich muß gestehen, daß mich die Resultate freudig überrascht haben; denn sie zeigten deutlicher, als ich je zu hoffen gewagt hatte, die ganze Hohlheit der Phrase. Berlin, wo ja die Schlenderer, gegen die die ganze Refvrmbewegnng des Buchhandels gerichtet ist, ihren Sitz haben, Berlin konsumierte an wissenschaftlicher Litteratur (mit Ausnahme von Schulbüchern, Kompendien und belletristischen Werken, die meist gegen Barzahlung dorthin ge liefert werden) durchschnittlich jährlich für 4100 M, und hier von entfielen ans die Hauptschleuderfirma 690 ^ oder 16^ °/g des gesamten Berliner Absatzes. Als nun vor ca. 2 Jahren von ungefähr 600 deutschen Verlegern mit dieser Firma aller Ver kehr abgebrochen wurde, hörte auch das Verlagsgeschäft, dem wir unsere Zahlen entnehmen, auf, an dieses Geschäft zu liefern. Nach den Behauptungen der Schleuderer hätte nun der Absatz in Berlin um jene 690 Mark geringer werden müssen; aber es trat gerade das Gegenteil ein: der Absatz ist um mehr als 400 M. gestiegen. Berlin hat also bei den soliden Sortimentern von diesem einen Verlage allein um viele Hundert Mark mehr Bücher gekauft, als in früheren Jahren. Nun ist freilich nicht aus geschlossen, daß die in Rede stehende Schleuderfirma sich auch fernerhin die Verlagswerke des von uns benutzten Geschäftes wenigstens zum Teil durch gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen, sogenannte Strohmänner, aus zweiter Hand zu ver schaffen gewußt hat; da aber durch diesen indirekten Bezug die Spesen bedeutend erhöht worden sind und die Arbeit wächst, so dürfte dieselbe sich nicht sehr bemüht haben den für sie nicht mehr recht lohnenden Vertrieb der Verlagsartikel unseres Geschäftes zu ersehnen. Mit der »Erhöhung der Kaufkraft des Publikums« ist es also nichts; denn ich bin fest überzeugt, daß statistische Er hebungen in anderen großen Geschäften dieselben Resultate er geben würden, und damit ist das Hauptargument der Verteidiger des Schleudcrwesens vernichtet. Mit einem anderen Schlag worte sind die Herren nicht glücklicher gewesen. Sie sagen: »es muß jedem Sortimenter frei stehen ein Buch so billig oder so teuer verkaufen zu dürfen als es ihm beliebt; das ist sein gutes Recht nach den allgemeinen Grundsätzen der Reichs-Gewerbe- Ordnung und des Handels-Gesetzbuches.« Wir haben in der Einleitung bereits darauf hingewiesen, daß man bei der Sonder stellung, die das Buch in der Reihe der Produkte und Waren einnimmt, nicht ohne weiteres die Grundsätze des Waarenhandels auf den Buchhandel anwenden darf, wenn man nicht zu schiefen Urteilen und falschen Resultaten kommen will Wenn ein Pfund Kaffee in Berlin billiger ist als in Wölkenkuckucksheim, so kommt das daher, weil der Wolkenkuckucksheimer Krämer seine Ware, die sich qualitativ vielleicht neben der des Berliner Kollegen kaum sehen lassen kann, erst aus vierter Hand bezieht, während der Berliner Großkaufmann sie direkt vom Seeschiff erhält; im Buchhandel aber bezieht der Berliner Schleuderer aus ganz der selben Quelle wie der Wolkenkuckucksheimer Sortimenter, nämlich direkt vom Original-Verleger; ein Differieren der Preise ist also durch Zwischenhändler nicht motiviert. Die Ladenpreise und der gewährte Rabatt sind von den Verlegern schon so eingerichtet, daß allen Buchhändlern im Reiche möglich ist, zu denselben zu liefern, aber der Verdienst ist doch immerhin so niedrig, daß kein Sortimenter recht auf einen grünen Zweig kommt, wovon die vielen, ich möchte sagen erschreckend vielen Konkurse von großen, altangesehenen Sortimentsgeschäften ein recht trübes Zeug nis ablegen*). ^ ^ Lage des Sortimeutes in den letzten Jahren immer schlechter geworden ist, geht wohl am besten aus der Thatsache hervor, Zum Schluß kommen wir noch ans einen Punkt, der mit dem Rabattunwesen in einem Kausalverhältnis steht und dazu beigetragen hat die Frage so sehr aufzubauschen, — zu den »sprichwörtlich gewordenen hohen Bttcherpreisen« in Deutschland*). Und doch sind diese sprichwörtlich gewordenen hohen Bücher preise ein Irrtum; doch schlägt dies neuste »Sprichwort« den Thatsachen gerade so ins Gesicht, wie manches ältere, wie zum Beispiel das berüchtigte: Einmal ist keinmal. Alle wissenschaft lichen und künstlerischen Publikationen sind in England und Frankreich bei weitem teurer als bei uns; nur die Volkslittcratur und Belletristik sind anderswo wohlfeiler als in Deutschland. Die ganz natürliche Folge davon ist, daß aus Deutschland fast nur wissenschaftliche Litteratur und Gegenstände des Kunsthandels (Radierungen, Stiche, Photographieen, reich illustrierte Pracht werke) exportiert werden, während der Import großenteils in Belletistrik und Reisebcschreibungen besteht. Wie vorherrschend aber das Übergewicht der deutschen Wissenschaft und des deutschen Kunsthandels ist, kann man aus folgender Notiz ersehen: »Im Verkehr Deutschlands mit Frankreich betrug im Jahre 1885 für Papier, Pappe, Bücher und Stiche die Einfuhr nach Deutschland ^ 3,063,676 die Ausfuhr nach Frankreich „ 11,575,848 während Frankreich insgesamt an diesen Artikeln ^ 25,360,000 einführte und ^ 35,840,000 ausführte. Die Gesamteinfuhr in Deutschland an Gegenständen der Litteratur und bildenden Kunst betrug im Jahre 1886 in Deutschland ^ 23,976,000, die Gesamtausfuhr aus Deutschland in derselben Zeit dagegen -/ll 62,102,000.« lv. H. a. a. O.) Diese Zahlen schlagen die An schuldigungen, welche von seiten der »Schleuderer« gegen den deutschen Verlagsbuchhandel erhoben worden (vergl. »Nation« No. 50) glänzend und siegreich zu Boden. Auch auf dem Gebiete der billigen Volkslittcratur ist deutscher Unternehmungs geist thätig den übrigen Nationen den Rang abzulaufen. Die Kollektionen, in denen das Bändchen oder die Nummer, 10, 20, 25, 50 Pfennig und 1 Mark kostet, sind ja in der letzten Zeit wie die Pilze bei Regenwetter aus der Erde geschossen. Solche billigen Ausgaben sind aber nur dann denkbar, wenn ein Massen absatz des Buches vorauszusehcn ist. Ein Buch, das aller Wahr scheinlichkeit nach seines Inhalts wegen im ganzen Reiche nur 500 ooer 700 Interessenten finden wird, kann doch unmöglich ebenso billig sein wie ein anderes, von dem voraussichtlich 5000 Exemplare werden abgesetzt werden! Wenn ich hier eine Lanze für die Preise der deutschen Bücher breche, so geschieht dies für das Verhältnis von Wert und Preis, welches bei unseren wissenschaftlichen Publikationen wenigstens ein durchaus normales und billiges zu nennen ist. Und unsere wissenschaftliche Produktion ist doch, wenn auch nicht numerisch so doch qualitativ die Hauptsache iu unserer Verlags- thätigkeit. Die wissenschaftlichen Bücher sind bei uns so billig wie nirgend anders. Dagegen gebe ich gern zu, daß unsere Gesckeuklitteratur (Romane, Gedichte und ganz besonders Dramen), unsere Jugendschriften und unsere Schulbücher über den Spahn teuer sind und daß bei den relativ geringen Herstellungskosten gerade dieser Werke bei einiger Umsicht im Vertriebe der Preis erheblich niedriger kalkuliert werden könnte, als es jetzt alten Traditionen folgend noch geschieht. . G. I. »daß die stahl der Konkurse unter de» Sorliinentsgeschüstcn selbst zur Zeit des Krachs und in den Jahren allgemeinen geschäftlichen Nieder gangs eine verhältnismäßig geringe war« (Dziatzko a. a. O. S. 517), während jetzt die Verhältnisse so liegen, wie wir angcben. *) Vergl. hierzu Dziatzko a. a. O. S. 532.
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