Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.11.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-11-15
- Erscheinungsdatum
- 15.11.1915
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19151115
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191511156
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19151115
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1915
- Monat1915-11
- Tag1915-11-15
- Monat1915-11
- Jahr1915
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 2SS. k!Deutjchen Reichs zahlen für jedes Lxewplar 30 Marl dez. 2 des Dörje^ereins die viergejpallene >petitze>le odcc^deren ^ ^36 Mar» jährlich. Nach dem «usland erfolgt Lieferung N Raum 15 13.50 M^'/,S.2SM..'/. 6.50 M.; für Nicht-Z über L^pzig oder dur^ Kre^zb^ld. Nichtmit^lieder ln sj Mitglieder 40 >pf.. 32 M-. 60 M.. 100 M. — Deilagen werden A RlAMümdÄMrft'lMrW'ö'eMAi^MBWNMr^ 82. Jahrgang. Leipzig, Montag den IS. November 19i5. Redaktioneller Teil. "L-rea. Von Di. Alexander El st er. " Ich versprach dir einmal sprachlich zu kommen. Versprach wohl das, als ich früher über Jnterpunktionslehre und andere sprachliche Kleinigkeiten schrieb. Die Börsenblatt-Redaktion er innert sich dessen in freundlich-vorzüglichem Gedächtnis, das mich überraschte, und wünschte im gegenwärtigen Großreinemachen der Sprache, daß die Kultur, die alle Welt beleckt, auch auf den Buchhandel sich erstreckt. Dies als Rechtfertigung, daß ich heute »auch darüber« schreibe. Und als Entschuldigung im voraus. Über eines sind wir uns Wohl einig: Die Prkristcn und Pe danten zum Tempel hinaus! Es ist kein Kunststück, sich auf einmal höchst unduldsam zu zeigen, wenn einer Diskrepanz sagt. Ärgert sich der Unduldsame, weil er nicht weiß, was das heißt? Gut: In dem Augenblick, da er mir ein gleich packend treffliches (»prägnantes«) deutsches Wort dafür gibt, gebe ich ihm recht. Üben wir uns in scharsgeprägten, rundgegossenen deutschen Worten, aber werden wir keine Sklaven der Fexerei. Lebendig ist das und alles im Wachstum; Entlehnungen aus fremden Mundarten haben unsere Sprache fortgebildet, den Sprachschatz bereichert, freilich haben sie auch oft ein gutes altes deutsches Wort verdrängt. Wer diesen Urschatz wieder hebt, ist Lohnes wert; wer nur herauswirft, ohne vollgültigen Ersatz dafür zu liefern, ist Stllinper und Störer. Esprit ist nun mal etwas anderes als Geist, ist eben sran- zösische Geistreichelei im Gegensatz zu deutscher Geistigkeit. Und Paktieren ist nicht Vereinbaren, Flirt ist nicht Liebe, ist auch nicht Schäkerei. Und so weiter. Doch das nebenbei. Uns geht hier nur der Buchhandel an. Fragt sich nur, ob cs sich dabei um Worte oder Wörter handelt. Deshalb wählten wir als Überschrift dieses Aufsatzes das bedeutet beides. Die alten Sprachen dürfen überhaupt mehr Gastrecht behalten und die Farbe unserer Ausdrucksweise bereichern als die mo dernen. Ein Stück Humanismus und Renaissance, die unsere deutsche Vergangenheit geboren, steckt darin, und manche Bil dung wird dadurch vermittelt. (In dem Augenblick, in dem wir an die Stelle des huma nistischen Gymnasiums eine altgcrmanische Wehrschule mit Le sung der Edda im Urtext, mit Gerwcrfen und Anbetung Odins setzen, nehme ich natürlich zurück, was ich soeben gesagt habe.) Die Kampfrichtung muß in erster Linie eine andere sein: gegen die falschen deutschen SPrachbildungen. Und das geht ziemlich stark den Buchhandel an. Oder hat der Buchhandel keine Lieferanten? Kommen von liefern her und haben sich die französische Endung ant ange hängt — nach dem Muster von Fabrikant. Ich wüßte nicht, baß auf dieses scheußliche Wort schon gebührend hingewiesen worden wäre. Lieferer ist doch sehr gut, einfach und richtig gebil det. Absenden - Absender, eifern — Eiferer, belfern — Belferer, liefern — Lieferer. Wenn aber der Absenderant gemeint ist, dann mag man ihn auch einen Lieferanten heißen, und das von Rechts wegen. Und dann das Pauschalhonorar! Hauptwort Pausch oder Bausch (»in Bausch und Bogen«), daran die lateinische Endung -alle, gibt das Wortungeheuer pauschal, pLuselmIitsr! Pauschvergütung ist doch ein ganz hübsches deutsches Wort. Im Buchhandel gibt es auch Neuerscheinungen. (Meist zu viel, aber das geht uns jetzt nichts an.) Älan nennt sie Neuig keiten. Neuigkeitszirkular ist ein beneidenswert schönes Wort. Zur Ohrenweide in der Mitte das »eits« — das ein sogenanntes euphonisches s benutzt, um Kakophonie zu erzeugen. Neuigkeiten zirkular wäre schon besser; Neuigkeitenrundschreiben noch besser. Ein bißchen lang. Aber ist Neuigkeit nicht überhaupt falsch? Eine Neuigkeit ist eine Nachricht, die man mitteilt; Neuheit aber ist ein neues Gewerbeerzeugnis. Neuheiten in Hüten, Blusen, Klei dern — warum nicht auch Neuheiten in Büchern? Wenn's doch eben Neuheiten sind. Andre sind freilich hierin anderer Ansicht, möchten - was ja auch manches für sich hat — mehr den Inhalt des Buches als neue Nachricht, als Neuigkeit betont sehen statt der Neuheit als Ware. Also: Wie es euch gefällt: Neuheit-Rund schreiben oder Neuigkeit-Rundschreiben. Der Verlag, die Firma, das Sortiment, das Kommissions geschäft, begründet im Jahre des Heils . . . Begründet? Wirk lich? Hat der Gründer seinerzeit die Gründe dargelegt, warum er sein Haus gründete? Man soll mit Präfixen beim Verb vor sichtig sein. Wustmann hat schon davor gewarnt, und Maxi- milian Harden und Alfred Kerr, mag man gegen ihren Stil auch manches einwenden, haben durch ständige Übung gezeigt, wieviel markiger und schöner die einfachen Zeitwörter sind, die bewußt auf ein Präfixum verzichten. Die mißbräuchliche Verwendung der Vorsatzsilbe er . . beim Zeitwort (erwachen, erhalten, er bringen usw.) ist übrigens sächsisch . . . und Sächsisches macht sich naturgemäß leicht im Buchhandel breit. So ist's auch sächsische Eigenart, zu sagen: er hat es ihm wissen lassen, es läßt ihr nicht zur Besinnung kommen, das geht i h m garnichts an. Falsch! Er hat es mir wissen lassen, sagt man nicht, sondern merkt da, daß es mich heißen muß. Doch das hat mit dem Buch handel nur das Sächsische gemein. Immerhin sollte es aber so fort abgestellt werden! Und zwar: per sofort! Man soll es per sofort ab stellen (oder gar zur Abstellung bringen), wie man per sofort einen Laden vermietet, eine Wagenladung Papier be stellt. Man sollte es der Sicherheit halber lieber eventuell per sofort abstellen. Denn es könnte ja sein, daß dem per etwas Menschliches begegnete. Sagen wir aber eventuell, oder — noch schöner — »eventuell bestimmt«, so weiß der Lieferer ganz genau, daß wir gegebenen falls (Verzeihung: eventuell!) geneigt sind, die Ware den Um ständen nach sofort oder notfalls ein wenig später abzunehmen. Man weise mir einen Fall nach, in dem die Wörter eventuell oder per nicht gänzlich überflüssig sind oder sich durch bessere kurze deutsche nicht ersetzen lassen. Ebenso überflüssig wie der selbe, dieselbe, dasselbe, für die — wenn man wirklich das Haupt wort nicht wiederholen kann oder will — Höchstfalls diese oder jene nötig ist. Jetzt ist die seltene ober selten wiederkehrende günstige Ge legenheit da. Aber es ist keine »selten günstige« Gelegenheit, was ebenso wie die »selten gute« Besprechung gerade das Gegenteil (nicht das gerade Gegenteil!) von dem bedeuten würde, was ge sagt werden soll.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder