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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.11.1915
- Strukturtyp
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- 1915-11-15
- Erscheinungsdatum
- 15.11.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ,-ir 2K8, 15. November ISIS. Hier der Brief eines Verlegers an einen Verfasser: Sehr geehrter Herr! Ein Werk, das den Entwicklungsgang der Balkanpolttik darstellt, ist mir sehr willkommen, ich werde es gern veröffentlichen. Hoffentlich kann Ihr Vorsatz, die Nie derschrift in vier Wochen an mich abzusenden, ausgeführt werden. Ich lasse es dann schleunigst Herstellen, werde des internationalen Absatzgebietes halber Antiquatypen anwenden lassen und nicht zögern, es schnell auszugeben. Es wird dann sofort versendet und eine größere Propaganda durchgeführt. Ich drücke Ihnen meinen Dank für Ihr freundliches Angebot aus, bitte um Angabe Ihrer Honoraransprüche und empfehle mich . . . Ist das nicht — sprachlich — ein ganz anständig abgefaßter Brief? Nein, o nein: in der Buchhändler-Kaufmanns-Kontor- Sprache hat er folgendermaßen zu lauten: Sehr geehrter Herr! Von Ihrem geschätzten usw. habe ich Kenntnis genommen und beehre ich mich, Ihnen höslichst zu erwidern, daß ein Werk, das den Entwicklungsgang der Balkan- Politik zur Darstellung bringt, uns sehr willkommen ist. Ich werde es gern zur Veröffentlichung bringen. Hoffentlich kann Ihr Vorsatz, die Niederschrift in vier Wochen an mich zur Ab sendung zu bringen, zur Ausführung gelangen. Ich lasse dann die Herstellung schleunigst bewirken und werde des internatio nalen Absatzgebietes halber Antiquatypen zur Anwendung ge langen lassen. Auch werde ich nicht zögern, es schnell zur Aus gabe zu bringen. Es wird dann sofort zur Versendung kommen und eine größere Propaganda zur Durchführung gebracht wer den. Indem ich Ihnen meinen Dank für Ihr freundliches Ange bot zum Ausdruck bringe, bitte ich um Angabe Ihrer Honorar ansprüche und empfehle mich .... So begeht man Mord an kräftigen Zeitwörtern und setzt saftlose Umschreibungen aus Hauptwort und einer Art Hilfsverb an deren Stelle. Da handelt es sich wahrhaftig nicht mehr um die Frage, daß man so und auch so sagen kann — wobei der Wissende stets am duldsamsten ist —, sondern um geradezu Falsches, das sprach- lötend wirkt. Oder wird nicht jener zweite Brief geschrieben anstelle der ersten Fassung, die den Schreiber viel zu einfach und farblos dünkt? So kann man die Sprache vernichten (oder: zur Vernichtung bringen). Im Gegensatz zu solcher Verödung (-Schematisierung) wünschen wir Abwechselung, Biegsamkeit, Entwicklungsfreiheit der Sprache. Lieber einmal eine gewagte Wendung als ein Erstarren in gedankenlos gewordenen Formen. Eine solche Erstarrungsform ist das »Von . . . verlange . . . erbitte . . .« auf den Bestellzetteln. Nicht allein weil das persönliche Fürwort weggelassen wird, derlei kann sogar bei recht gutem, lebhaftem Stil geschehen, sondern wegen der Formgleich heit mit dem Imperativ. Der Buchhandel sollte es überhaupt nach Kräften zu vermeiden suchen, daß er von dem Kausmanns- stil angesteckt wird. Die lebendige Beziehung des Buchhändlers zu dem gedruckten Wort möge ihn vor den erstarrten Formen der Handelskorrespondenz bewahren, eingedenk dessen, daß Merkur nicht Apoll ist und daß der Jünger der Pallas (und der Eule) hier Führerdienste zu leisten hat. Die »vorzügliche Hochachtung« mag er deshalb auch andern überlassen und feine »größte« Hoch achtung ausdrücken, wenn er schon keine anderen verbindlichen Empfehlungen schreiben kann. So dürfen wir dem Buchhändler auch bei seinen Ankündi gungen Sprachreinheit empfehlen, ja ihn um möglichst schöne Sprache und weitgehende (nicht weitgehendste, höchstens weitest gehende und größtmögliche) Fehlerlosigkeit bitten. Ein Titel, den wir neulich lesen mußten: »Die Verwendungsmöglichkeiten der Kriegsbeschädigten in der Industrie, Gewerbe und Handel« ist falsch, entweder: in Industrie, Gewerbe und Handel, oder in der Industrie, dem Gewerbe und dem Handel. Den weiblichen Ar tikel können wir nicht auf männliche Hauptwörter beziehen, eben sowenig wie der Herr Damenhüte trägt. Pro Jahr, pro Halbjahr sollte man auch nichts ankündigen und liefern. Sage man doch fürs Jahr, im Jahr; das ist zu mindest nicht schlechter als pro. Und wenn ein Buch einen I. Teil hat, so kann der zweite nicht zweite »Folge« heißen; Teil, Band, Folge, Reihe müssen verschiedene Dinge bleiben. Wenn uns nach alledem die einwandfreie Behandlung des deutschen Wortschatzes zuvörderst am Herzen liegen soll, so mag doch auch die Frage der Verdeutschung entbehrlicher Fremd- Wörter nicht außer acht gelassen werden. Der Buchhandel ist reich an eingebürgerten Fremdbezeichnungen; sie alle mit einem Mal herauszuwerfen, ist weder notwendig noch nützlich. Indessen an ihrem langsamen Abbau, ihrer allmählichen Überführung in deutsche Ersatzwörter wollen wir doch arbeiten. Jüngst ist von dem Schriftleiter von Westermanns Monatsheften, vr. Fried rich Düsel, ein Buch erschienen: Verdeutschungen, Wörterbuch fürs tägliche Leben (Verlag von George Westermann, Braun schweig). Dieses nützliche und treffliche Buch gibt uns da man chen Fingerzeig, und schon vor vielen Jahren erschien bei Gustav Uhl in Leipzig ein kleines Büchlein von Adolf Reinecke »Die Sprache des Buchhandels und der Schriststellerei«, das allerlei Brauchbares für uns enthält. Absichtlich abgesehen haben wir hier von den einge bürgerten Fachausdrücken, für die nur schwer ein gleichwertiges deutsches Wort zu finden ist, z. B. Sortiment, Kommissionär, Korrespondent, Kontor. Gelingt es uns, die leicht ersetzbaren Wörter deutsch zu machen, so wollen wir sroh sein und das Übrige der Entwicklung in der einmal angebahnten Richtung überlassen. Wer mehr will, lese Wustmann, halte sich aber von einigen seiner Pedanterieen fern. Und wer bildlich und blumenreich schreiben will, echte nur darauf, daß die Bilder richtig sind, stelle sich klar vor, was er sagt, und vermenge nicht verschiedene Bil der, wie es in dem bekannten Beispielsatz zur Abschreckung ge schieht: Der Zahn der Zeit, der alle Tränen trocknet, wird auch über diese Wunde Gras wachsen lassen. Dann werden wir auch unsere Buchhändlersprache reinigen, ohne vom Reinmacheteufel erfaßt zu werden, der immer lästig ist. Jahresbericht über die Verlagstätigkeit 1914/15 auf dem Gebiete der Hessischen Schul- buchliteratur der Verlagsbua Handlung Emil Roth U"d der Hessischen Lehrmittel anstalt (EmilRoth)in l«i tzen. 8". LOS. Brosch. In dieser Schrift haben wir es nicht mit einem gewöhnlichen Verlagskatalog oder Nachtrag zu einem solchen zu tun. Die Kriegs zeit, die so viele Menschen vom Bücherkaufcn abhält, erforderte neue, wirksamere Mittel der Propaganda. Hier ist der im allgemeinen viel zu selten eingeschlagene Weg beschritten worden, den Empfänger des Verlagsberichtes für die Arbeit des Verlags selbst und dessen Anteil nahme an den pädagogischen Bestrebungen der engeren Heimat zu interessieren. Wenn man bedenkt, wie geringschätzig oft gerade in den Kreisen der Lehrer auf den Buchhandel hcrabgeblickt wird, so kann ein solcher Versuch, die geistige Arbeit des Verlegers in den Vordergrund zu stellen und den Leser darüber zu unterrichten, nur be grüßt werden. Im vorliegenden Falle ist besonders anzuerkennen, daß der Verfasser, Herr Hermann Ocstcrwitz, die Form des geschlos senen Berichts gewählt und alles vermieden hat, was irgendwie an die sonst gewohnte Anpreisung von Büchern erinnern könnte. Dagegen sind alle Mittel, insbesondere auch die Bezugnahme auf den Krieg, angewandt worden, um den Bericht so interessant und lesbar wie möglich für den pädagogischen Fachmann des Hessen- landes zu gestalten. Ter Grundsatz, daß der führende pädagogische Verlag des Landes seine Arbeit den Bedürfnissen und der Eigenart der Heimat anzupassen und alle Strömungen des pädagogischen Lebens bei seiner Arbeit zu berücksichtigen hat, ist überall deutlich er kennbar. Hier ist ohne Zweifel ein Weg zu erblicken, das Ansehen unseres Berufs in den Kreisen der Lehrerschaft zu heben nnd die gemeinsame, im Interesse der Kultur notwendige Zusammenarbeit angenehmer und fruchtbringender zu gestalten. Daß dabei der Haupt zweck des Verzeichnisses, für den Vertrieb der behandelten Bücher zu werben, nicht zu kurz zu kommen braucht, sondern gerade erst recht er füllt werden kann, dürfte jedem Neklameverständigen ohne weiteres einleuchten.
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