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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.03.1934
- Strukturtyp
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- 1934-03-13
- Erscheinungsdatum
- 13.03.1934
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X: 61, 13. März 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. übersichtliche Gesetzgebung übrigens, man muß den Verfassern der Durchführungsbestimmungen zum Kulturkammergesctz einen besonderen Dank sagen. Gesetze sind erlassen, die der ständischen Schicht weitgehende Befugnisse geben bis zur Strasgewalt, Ge setze, die eine Selbstbcaussichtigung aller Berufsgruppen schon jetzt in unsere noch ungeschriebene neue Verfassung einfügen. Vielleicht darf ich schon hier bei theoretischer Erörterung der Umbildung gleich auf einige Fragen und Einwände antworten, die ich unausgesprochen von Ihnen höre. Zunächst dies: Sie haben Recht mit Ihren sorglichen Ein wänden, daß es in der Geschichte der ständischen Staaten ge legentlich zu einer Versteinerung und Verengung der Schichten gekommen ist, daß sich aus dem Zusammenleben in einer Zunst, in einer Gilde, wie etwa in den mittelalterlichen Städten, eine Art ständischer Patriotismus entwickelt hat, der sich gegen die Interessen der Gesamtschaft gewandt hat. Ich könnte entgegnen, daß jene Beispiele insofern nicht genügen, als heute nicht die Zunft oder das Handwerk einer einzelnen Stadt in Frage kommt, sondern ein Querschnitt durch das ganze Reich gelegt wird! ich könnte hinzusllgcn, daß diese Querschichtung zugleich ein guter Schild gegen die Gefahr teilständischen oder gar sonderbündeln- dcn Widerstandes gegen den Gesamtstaat ist. Wir sind aber mit Recht mißtrauisch und wissen aus der Zeit des Hochkapitalismus, daß tatsächlich mitunter die Wahrung der ständischen Belange durch den Eifer ihrer Führer soweit ging, daß Kartellintevessen mit denen des Staates verwechselt wurden. Dem muß deshalb ein starkes Gegengewicht entgegcngestellt werden. — Man hat dieses Gegengewicht denn auch schon vor dem ständischen Auf bau geschaffen im Reichsstatthaltergesetz, das zukünftig jenen Par tikularismus, der vor der Revolution in einzelnen Landschaften gefährlich zu werden drohte, unschädlich macht, ohne das gesunde landschaftliche Empfinden zu berühren. Das Gesetz macht durch die verstärkte Zentralgewalt nach meinem Empfinden auch eine ungesunde Interessenvertretung der ständischen Schichtung für die Zukunft unmöglich. Zum ersten also: Aus der ständischen Schicht erwarten wir eine Verlebendigung und Festigung des Staatslebens durch Quergliederung über das ganze Reich. Eines der weiteren Hauptziele der Neubildung ist die engere Verbindung des Schaffenden mit dem sein Schassen tragenden Gewerbe. Der Schrifttumskammer sind nicht allein die Dichter und Schriftsteller eingefügt. Man wünscht, die »schwe benden Intelligenzen- wieder mit der Wirklichkeit vertraut zu machen und hat deshalb den Schriftsteller in seiner Kammer mit dem Buchhändler, mit dem Verleger, mit dem Buchverleiher, mit den literarischen Gesellschaften und anderen Gruppen zusam- mengesügt. Im Verwaltungsrat der Kammer sind die einzelnen Gruppen ausgiebig vertreten; in den landschaftlichen Gruppen, auf deren Bildung wir warten, werden der Dichter und sein Buchhändler, werden sogar der Dichter und sein Verleger am gleichen Tisch sitzen. Der Staat gibt also mit stillem Lächeln den Dreien auf, sich miteinander auszusprechen und etwa die besten Wege für Buchwerbung zusammen zu suchen, statt wie bisher nebeneinander herzugehen und, sagen wir es aufrichtig, den an deren Dilettant oder Eigensüchter zu schelten. Eine zwangsweise Rückführung in die Wirklichkeit! Statt des weltfremden Dichters im Dachkämmerlein will der Staat, daß der Schaffende am Reden teilnimmt und sich mit dem Landsmann, der sein Werk vertreibt und druckt, auseinandersetzt. Ja, so wenig ich glaube, daß Großes ohne tief innerste Einsamkeit geschaffen werden kann, so sehr glaube ich, daß wir Dichter den Ständen, die zwischen uns und dem Leser vermitteln, ein wenig mehr Gerechtigkeit wider fahren lassen sollten, und daß diese Seite der Neubildung für alle Stände Frucht tragen wird. Uber den dritten Untergedanken der Neuordnung sprach ich bereits: Die ständische Gruppe ist zukünftig Gegner, Freund und Erzieher des einzelnen und hat bei Erfüllung der Bolkspflichten gegenüber dem Staat für ihre Mitglieder zu has ten. Hier ist dem Staat vielleicht der klügste Zug gelungen. Wir wollen nicht leugnen, daß der Künstler, Gott sei Dank, einer der unruhigsten, erregbaren und beweglichen Mitglieder in jeder Gemeinschaft von Landschaft, Volk oder Reich war; er trug zudem 226 oft gesellschasts- und genossenschaftsfeindliche Züge oder wenig stens Gebärden. Er verlangte mit Recht, daß seinem Schaffen eine besondere Stellung eingcräumt wurde. Er verlangte zu Un recht, daß man auch seine Launen und Eigenbröteleien pflegte und ihnen Rücksicht entgcgenbrächte. Der Gegner dieses Künstlers aber war die Gesellschaft, und weil die Gesellschaft ihn vernach lässigte oder verhätschelte, je nach ihrer Laune, suchte der Künstler vielfach nach stärkeren Widerständen und fand sie im Staat. Wir wollen heute verschweigen, was im Namen der freien Künste in den letzten Jahrzehnten vom Staat ertrotzt worden ist und welche Torheiten der Staat in seiner Furcht beging. Das neue Reich hat, wie vorher schon gesagt, diese Be ziehungen geläutert. Es verpflichtete die ständische Schicht, für ihre Mitglieder zu hasten: Es nahm dadurch die Erfahrungen des Mittelalters wieder auf, es vermied ihre Gefahren, indem es zugleich die Verstärkung der Mittel gewalt vornahm. Aber nun vom Grundsätzlichen zur tatsächlichen Verwirk lichung der ständischen Neubildung, wie sie in Deutschland ein geleitet wurde. Der Herr Reichsministcr für Bolksaufllärung wurde durch Gesetz vom 22. September 1933 beauftragt und ermäch tigt, »die Angehörigen der Tätigkeitszweigc, die seinen Aufgaben- krcis betreffen, in Körperschaften des öffentlichen Rechts zusam- mcnzufassen«. In einer weiteren Küre — oder in einem weiteren Paragraphen, wie man noch immer sagt — wird dann die Rcichskulturkammer errichtet, deren Führung der Herr Minister selbst übernahm. Innerhalb dieser Kulturkammer stehen Reichsschristtumskammer, Pressekammer, Rundfunkkammer, Theaterkammer, Filmkammer, Musikkammer und eine Reichs- kammer der bildenden Künste. Das Gesetz vom 22. September wurde bald danach ergänzt durch die erste Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes vom 1. November, in der eine Reihe von grundsätzlichen Bestimmungen über die Aufgaben und über die Zusammensetzung der einzelnen Kammern enthalten sind, die ich hier anführen und soweit nötig kurz er läutern möchte. Die Durchführungsverordnung bestimmt zunächst, daß die Kammern »die deutsche Kultur in Verantwortung für Reich und Volk zu fördern, die wirtschaftlichen und sozialen Angelegen heiten der Kulturberufe zu regeln und zwischen allen Bestrebun gen der ihr angehörenden Gruppen einen Ausgleich zu bewirken haben«. Ich wiederhole die drei Hauptaufgaben auch unserer Schrifttumskammer: Kampf um unsere Kulturaufgaben in Ver antwortung für Volk und Reich, danach erst die Regelung der wirtschaftlichen Untcrbauung, endlich ein Ausgleich, also eine Schiedsgerichtsbarkeit, zwischen den einzelnen Gruppen. Die Kammerzugehörigkeit ist Zwang. Wer bei der Erzeu gung, besagt der nächste Abschnitt, wer bei der Wiedergabe, der geistigen oder technischen Verarbeitung, der Verbreitung, der Er haltung, beim Absatz oder Vermittlung des Absatzes von Kultur mitwirkl, muß Mitglied der einzelnen Kammer sein, die für seine Tätigkeit zuständig ist. Besondere Ausführungen folgen sodann über den Begriff des Kulturguts, über Gewerbsmäßigkeit und Gemeinnutz der Arbeit, über Staatsangehörigkeit, — auch der Ausländer, der in Deutschland lebt, muß, wenn er hier berufs ständisch tätig ist und Schutz und Förderung durch die Gruppen genießt, sich ihnen einfügen, nicht dagegen der Ausländer oder Deutsche jenseits der Grenzen, deren Mitgliedschaft eine frei willige ist. Der Satz 10, einer der wichtigsten, bestimmt sodann: die Auf nahme in Einzelkammern kann abgelehnt oder ein Mitglied aus geschlossen werden, wenn Tatsachen vorlicgen, aus denen sich er gibt, daß die in Frage kommende Person die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung nicht besitzt. Im übrigen sagt dieser Satz 10, daß die Zusammensetzung der Kammer nicht, wie man zuerst vermutete, auf einer Gesin- nungsgemeinschast beruht. Er schreibt vielmehr vor, die ständi sche Schicht zusammcnzufasscn, so wie sie heute besteht. Er sagt nach unserer Auslegung, daß eine politische Tätigkeit vor der
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