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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.12.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-12-05
- Erscheinungsdatum
- 05.12.1887
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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6240 Nichtamtlicher Teil. ^ 260, 5. Dezember 1887. Literarische Nebenbeschäftigung der Gehilfen. Müssen wir nicht fürchten auf den lebhaftesten Widerspruch zu stoßen, wenn wir es unternehmen, an dieser Stelle der littcra- rischen Nebenbeschäftigung des Gehilfen das Wort zu reden? Müssen wir nicht doppelt der heftigsten Einsprache gewärtig sein, da doch unlängst erst an dieser selben Stelle die ungenügende Leistungsfähigkeit des Gehilfenstandes erörtert wurde und zwar in so maßvoller und so unpersönlicher Weise, daß man den Verfasser, der in so vielen Dingen den Nagel auf den Kops traf, zwar hätte in manchem ergänzen, aber nur in wenigem widersprechen können! Da unternehmen wir, auch noch Nebenbeschäftigungen zu em pfehlen, und dazu eine Nebenbeschäftigung, die, wie in diesem Falle rein geistiger Natur, nur zu sehr dazu angethan zu sein scheint, die Hauptbeschäftigung zu beeinträchtigen?! Wir wagen es trotzdem, denn wir glauben, daß die littera- rische Thätigkeit, welche wir im Auge haben, den Gehilfen fördern würde und, wenn sie das thut, wenn sie ihn brauchbarer macht, warum sollte denn in einer Zeit, in welcher der litterarische Dilettantismus ärger als früher der künstlerische grassiert, der Gehilfe von den Freuden und Leiden des Schriftstellers aus geschlossen sein? Vor längerer Zeit brachte das Börsenblatt eine kleine Reihe von Artikeln über »Buchhändler als Schriftsteller«, und es fiel uns damals auf unter diesen so verhältnißmäßig wenig jüngere Mit glieder unsres Berufes zu finden. Die Beobachtung, daß nichts leichter zum eigenen Schreiben verführt als der Umgang mit Büchern anderer, sollte eigentlich den Schluß berechtigt erscheinen lassen, die Buchhändler und die Bibliothekare müßten das größte Kontingent der Autoren stellen, und in der That sind wir erstaunt diese Konsequenz unserer Prämisse nicht bestätigt zu finden, wenigstens nicht, was die jungen Buchhändler betrifft. Wir ver langen ja nun nicht, daß der Gehilfe ein lyrischer Dichter sei oder daß er wissenschaftliche Untersuchungen liefere; beides verlangt Talent oder Begabung, die man nicht in der Hand hat sich zu geben; aber daß er auf seinem eigensten Gebiet, der Bibliographie, die nur Fleiß und Ausdauer bedingt, nicht mehr leistet, das nimmt uns Wunder! Wir erinnern uns der allegorischen Vignette des eng lischen Antiquars Stevens, die in recht sinnreicher Weise die Wissen schaft der Bibliographie als einen reiche Früchte tragenden Baum darstellt, und wir fragen uns, warum pflücken gerade diejenigen, denen diese Früchte gassi in den Mund hängen, die wenigsten davon? Ist es Bequemlichkeit? Ist es der Umstand, daß solche Arbeiten, die immer nur ein kleines Publikum finden können, nicht bekannt, nicht berühmt machen, welcher davon abhält? So sei dem nun wie ihm wolle, wir beklagen es, aber doch mit der Hoffnung, es werde unser Hinweis vielleicht hier und da etwas nützen. Unser Beruf prädestiniert ja wie kein anderer zur Halb bildung; gerade dadurch, daß der Buchhändler gezwungen ist, von allem etwas zu wissen, und kein litterarisches Gebiet ganz unberück sichtigt lassen darf, hat er die verfängliche Gelegenheit, von allem zu kosten, sich von allem einige Brocken aufzusammeln und ohne irgend einer Sache auf den Grund gehen zu können, sich eine recht oberflächliche Allerweltskenntnis zu erwerben, die um so bedenk licher ist, weil sie bei ungenügender Vorbildung des Besitzers diesen leicht glauben macht, er besäße wirklich ein reiches Wissen, und ihn vergessen läßt, daß nicht die bunte Masse des angelernten Allerlei, sondern die harmonische Durchbildung den wahrhaft Gebildeten macht. — Diese unglückliche Täuschung hindert einmal an der Selbsterkenntnis und dann an der Weiterbildung und hält ihren Besitzer oft zeitlebens in der unleidlichsten, weil anmaßendsten, Halbbildung gefangen; das »Mensch ärgere Dich nicht« sollte für den Buchhändler eigentlich in das Sokratische »ich weiß, daß ich nichts weiß« verwandelt werden! Gerade gegen diese so gefährliche Anlage unseres Berufes nun ist eigenes litterarisches Arbeiten der beste Schutz. Nichts ist so unterrichtend, nichts so fördernd, nichts hält so fern von llber- hebung und Dünkel als ein wissenschaftliches ernstes Strebe»; denn es öffnet bei jedem Schritt vorwärts neue Perspektive» in immer neue, unbekannte Gegenden, und was legt wohl mehr Be scheidenheit nahe, als die immer sich erneuernde Erkenntnis, doch noch recht unwissend zu sein? Es ist wirklich recht sehr zu empfehlen sich mit-irgend etwas recht eingehend zu beschäftigen, es seien Gegenstand und Wissenschaft nun welche sie auch immer wollen. Einmal fördert das erlangte Wissen den Menschen; es erweitert den Horizont, schärst den geistigen Blick, regt zum Nach denken an; dann aber wird es auch für den Berus förderlich sein; kann doch ein Buchhändler nie zu viel wissen; — cs wird daun de», der seinem Beruf aus Neigung angehört, denselben immer lieber gewinnen lassen, den aber, der mit demselben unzufrieden ist, wird es mit ihm versöhnen, indem-es ihm denselben immer mehr in dem idealen Lichte des Trägers der Wissenschaft, des Hauptfaktors von Fortschritt und Kultur, zeigt. Nicht leicht hat jemand so mühelos alles beisammen, was er braucht; wer kann sich z. B. so schnell wie er über die einschlägige Litteratur unterrichten, wer weiß so sicher, wo er zu suchen hat, und wer kann sich schließlich so billig wie er die nötigen Bücher beschaffen?! Man wende uns nicht ein, daß die wissenschaftliche Arbeit der Freizeit die geschäftliche Tüchtigkeit in Frage stellen kann, daß das Interesse übermäßig nach einer Seite hin in Anspruch ge nommen werde, daß die Verführung, für seine Arbeit auch die Geschäftsstunden zu benützen, zu groß sei, nein, wir sind überzeugt, daß der Gewissenhafte seine Pflichten zu gut kennen wird, um sie verletzen zu können, und der Gewissenlose, kann er seine geschäftlichen Aufgaben nicht mit Allotriis und Nicktsthun weit empfindlicher schädigen? Kommt es nicht am Ende doch dem Prinzipal zu gut, wenn sein Gehilfe gut unterrichtet ist? Denn dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, ist ja gesorgt; am übermäßigen Stu dieren hindert den Gehilfen schon die beschränkte Zeit! Haben wir so ganz im allgemeinen privates Arbeiten und Studieren empfohlen, Studien, die ja durchaus nicht immer zu öffentlichem Auftreten führen müssen, so möchten wir, es lerne einer nun Sprachen, treibe Geschichte oder vertiefe sich in philo sophische Grübeleien, doch noch ganz besonders an die Bibliographie und ihre Förderung erinnern! Je mehr der litterarische Stoff sich mit jedem Tage häuft, je unübersehbarer die Fülle aller litterarischen Produktion wird, um so dringender wird auch das Bedürfnis nach Orientierung, nach Führern; die Bibliographie erst giebt ja den Kompaß auf dem schier grundlosen Meer der gesamten Weltlitteratur! Wer nun wäre da wohl berufener zur Arbeit als gerade der Buchhändler, der ja auch wieder den meisten Vorteil von einer recht gründlich bearbeiteten Bibliographie hat? Und wieviel findet er nicht noch zu thun! Da fehlt es noch aller Enden an Spezialbiblio- graphieeu, da fehlen zumal uns Deutschen noch die wichtigsten, fast unentbehrlich scheinenden Hilfsmittel! Haben wir z. B. ein Buch, welches wir Barbiers und Quörards Anonymen- und Pseudo- nymen-Lexicis an die Seite stellen können? Das Werk von Weller ist ja nur eine Vorarbeit und berücksichtigt die Anonyme gar nicht! Und ein recht 'ausführliches Buchdrucker-Lexikon, wo ist es ? Wer, der sich mit alten Drucken beschäftigen muß, hätte seinen Mangel nicht schon bitter empfunden? Wo haben wir für deutsche Städte Bücher wie Vanderhaeghens UiblioAiapbis Oantoms, oder Duthilloeuls biblioZrapbis Oouuisisnno, wo für deutsche Drucker Monographien wie Renouards bllisnno und Lläo, Willems' KUovisr, De Bäckers Ulantiu u s. w.? Oder verdienen die Feyer- abend, Egenolph, Merian, Fürst u. a. keine so ausführlichen Dar stellungen? Da giebt es wahrlich noch genug zu thun, da ist z. B. seit dem alten Rothscholtz so gut wie nichts für die Signete ge schehen ; da haben wir noch kein Werk über Kx-Iibris, keines in der Art wie Guilmards Aialtrss OrnswanitsU Alles, alles Aufgaben, deren Bewältigung der Buchhändler vollkommen gewachsen ist. Um
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