Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.01.1923

ieü^üüüüüüBMM««!» Oer Berliner Bildermann (Zu Heinrich Zilles 65. Geburtstage) enn man das 60 Lebensjahr hinter sich hat, darf man getrost anfangen, die einzelnen Lustra zu zählen und auch zu feiern — ^ besonders wenn es fiG um einen so povu'ären Künäler m e Heinrich Zille handelt, der, so berlinerisch wie er nun einmal ist, aus Sachsen stammt, allwa er in Radebera am in Zanu-r 1858 geboren wurde. S-ine bekanntesten Werke „Kinder der Strasse" und „Mein Mlljöh", die »n weit über 100000 Cxempl>reo verbreitet sind, wurden eben von dem V rle ier l) Cysler Lr Co, Berlin, in einem Samm ldand unter dem Titel „220 berliner Blder" vereiniat und bieten in der Tat in markantesten Züg«-n das ebenso wehmütige wie humorsimkernde Antlitz eines Mannes, der sich noch Heu e auf dem stummen Portier« schila des Hauses Soph e-Cha'lotte,^rahe 88. IV zu Charlottenburg bescheiden genua „^ithogrops" nennt, als welcher er ktnmol bei Hecht l8Io deutsche Heerführer und H. il'c.rnbilder aus den S'cin brachte, dis sich Theooor Hosemann seines begabten Schülers auf der Kunstakademie annah n. Heute ist Zille längst im Bert ner Kupferst ch.Kabinett anaelangt — ja, er steht sogar, in Marmor ausgehauen, in der berliner Stegeöallee — man mag es glauben oder nicht! Oie Sache verhalt sich solaendermahen: Als der Bildhauer August Kraus 1900 die Grupps von Heinrich dem Kinde, Markgrafen von Brandenbaro, dem letzten Askanter (1819—1320), auszuhauen hatte, wähle er nicht, wie die eine Nebenfigur: Wedigo von plotho auSüesehsn haben mochte Zufällig kam Kr ms' Freund Zille in das Atelier. Cr muhte es sich gefall n lassen, daß ,ym ein Sturmh.lm aufgesetzt und der Kettenpanzer um den Hals geschloffen wurde. „So siehste aus!" Und so kam Zille m Ruhmesmarmor und ln die Siegesallee. Das hat in anderer Beziehung auch seinen symboli chen Untergrund. Cm Kämpfer um Kunst und Brot ist dieser Heiir'ch Zille immer gewesen und muh es leider noch heute sein. Cr hat sich no y kein eigenes Häuschm und keinen Garten zusammengezeichnet, so fleißig er auch ist Als Kind muhte er Letlketten, Tintenwischer und Stecknadel-Lget big t>es in die Nacht ansertlgen, um die Nahrunqssor.ien seiner Eltern zu entlasten. Das war 1862 >n der Kleinen And e.'öst ahe >1. Neulich standen wir vor dem aleichfärmigen i>ous und blickten zu den Fenstern des ersten Stoawerkes über der Haustür empor. „)ck muh de» von Zelt zu Zeit mal Wiedersehen!" sagte der Meiler mit glanzlosen Augen „Aber noch mal hmeiniehn in die zwee Zimmer da oben — bell kann ick nicht!" Und als dann doch der Glanz «n 'einen Blick trat, da war es einer aus z»rückgeha>tenrn bitteren Tränen. So ist es auch fast immer auf feinen Zeichnungen. Mit dem 6«nst und der «rast eines Oaumler sind Kinder, Frauen, Männer entworfen Elend >st ihr LevkNsinhalt Wenn ober der Künstler d-nnoch das Lich seines Humors grell darüber wirst, so offenbart sich hier ssin ga-z-s gütiges Herz Auch die Ärmsten der Armcn haben ihr Lachen; und Mrister Zille hat es j ihrzehntel >na belauim», um dmter das G>he«mnio eben dieses Lachens zu kommen, das gar wcht bltier ist. das DoOswitz hat und letzten Endes für Sekunden Befreiung aus «egenwäit ger No« bedeutet. Besonders ais Maler Berliner Kinder ist er tusster Psychologe geworden Freilich Plagen den Meister schon ringe B schwerden "eg Alters. Cr kann sich in die »eue Zeit nicht hineinfinden. Cr siebt sein „Milljöy" mehr und mehr dah nschw nden. Aner er hat aus tkm bestimmt schon heute so viele Kunst und Kunstwerke geholt, dah sein Name als Hosemann unserer Ze«t, über ,ein Wirken hinaus, Klang und Ruhm veyal-en wird. OaS sind gar kluge Sammler, die sich bereits vor den, Kriege Blätter des Meisters sicherten, die man damals fast geschenkt bekam und die man selbst heute noch für verhältnismäßig bill ges Geld erwerben kann. Oer Profit bleibt dem Kunsthandel. Oer alte Meister hat für das notwendigste Brot zu arbeiten. Möge ihm Gesund heit und der Humor erhalten bleiben, der aus fast allen seinen Levensblätrern spricht! Alfred Richard Meyer. <I Bon Heinrich Zille sind erschienen und hier zu haben: 31. bis 55. Tausend Grundzahl 2.50 (Schlüsselzahl des Beide Albums »ach eigenem Ent wurf Zilles vornehm gebunden Imit. Leinenband Grundzahl 8.— Echt Künstlerietnenbond Grundzahl 10 — 61. bis 65. Tausend Grundzahl 2 50 Börsen-Vereins) Bitte obtge Ankündigung an die Schaufensterscheibe zu hängen und die Albums In nächster Zeit aünsttg aus- zustcllen. Der obige Arlstcl wird in zahlreichen Zeiiungen erscheinen und von neuem großes Interesse für den beliebten Künstler und starke Nachfrage nach seinen Albums erwecken. vr. Cysler ö Co., Aktien-Gesellschaft in Berlin GW 68 MUtMtitl