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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1945
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- 1945-01-27
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- 27.01.1945
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Aus der Arbeit des Börsenvereins im Kriege Von Dr. A. Heß Während die ernten Kriegsjahre bis 1943 eine außerordentliche Blüte des deutschen Verlagswesens gebracht hatten, ist seit Frühjahr 1944 ein Umbruch zu verzeichnen. Von da ab verschärfte sich der Zwang, in einzelnen Verlagszweigen Papier einzusparen, immer mehr. Aller dings darf nicht übersehen werden, daß neben die Produktion des privaten Verlages in zunehmendem Maße die der Wehrmacht getreten ist. Diese verlegt nicht nur selbst, sondern läßt aus selbstverwaltetem Papier vom privaten Verlag Lizenzausgaben hersteilen, die ohne Be rührung mit der privaten Wirtschaft unmittelbar in die Absatjkanäle der Wehrmachtsteile fließen. Zahlen liegen noch nicht vor, und wenn sic vorliegen werden, können sie aus leicht verständlichen Gründen nicht bekanntgegeben werden. Aber eins steht fest: die Produktionsziffer im privaten Gewerbe ist gesunken und wird weiter sinken, in dem einen VerJagszweig mehr als im anderen. Es wäre verwunderlich, wenn es im sechsten Kriegsjahr anders wäre. Dagegen hat sich der äußere Buch markt d. h. der Verkauf ans Publikum - besser gehalten, und sein Ergebnis dürfte, für 1944 noch keineswegs ungünstig sein. Natürlich darf man zum Vergleich nicht die Hochkonjunktur der ersten Kriegsjahre heranzichen; 1944 wird aber dem Absat} eines regulären Friedensjahres nicht nachstehen. Ursache dafür ist, daß das Sortiment neben der schmä ler werdenden Säule der Neuproduktion eine zweite aus seiner Lager reserve aufbauen konnte. Kein pflichtbewußter Sortimenter hat ge hamstert; er hat nur, getreu den an ihn ergangenen Weisungen, gerecht verteilt, und konnte so in den Jahren des Überflusses eine gesunde Vor ratswirtschaft treiben. Sie hat ihn im zurückliegenden Jahre in die glückliche Lage gebracht, mehr umzusetjen, als er an Neuzugängen erwarb. Dabei kommt die Einengung nicht nur vom Papiermarkt. Auch die Herstellung erfuhr kriegshedingte starke Einschränkungen. Durch Still legungen wurde die mengen- und zeitmäßige Leistungsmöglichkeit der Druckereien und Bindereien wesentlich herabgemindert. Die Tätigkeit der neu geschaffenen Procluktionsausschüsse für alles, was heim Ent stehen des Buches mitwirkt, ist das äußere Zeichen dieser Entwicklung. Die Lenkung tritt immer mehr in den Vordergrund, die Freiheit eigener Maßnahmen immer mehr zurück. Auch die äußere Gestalt des Buches blieb von dieser Entwicklung nicht unberührt. Nicht nur am Papier durch zweckmäßigstes Ausnutjen des Satzspiegels, sondern auch am Einbandmaterial muß gespart werden. So ist bei neugefertigten Bänden der Ganzleinen- und der Halbleinen band verschwunden, und die Broschur beherrscht das Feld. In Laien kreisen ist dadurch die Meinung entstanden, dieser Übergang müsse das Buch wesentlich verbilligen. Das trifft aber deshalb nicht zn, weil den Hauptanteil der Buchbinderkosten die Löhne ausmachen, während der Preis des Materials demgegenüber zurückbleibt. Auch wirkt sich der Rückgang der Auflagenhöhe kostensteigernd aus. Nach Richtlinien, die der Börsenverein mit dem Reichskommissar für die Preisbildung fest- gelcgt hat, muß eine Verbilligung des Preises bei einer neuen Auflage eintreten, wenn die Ersparnisse am Einband eine bestimmte Grenze übersteigen. Sind sie geringer, darf der frühere Preis zwar beibehalten werden; die ersparte Summe ist aber abzuführen. Daß Bücher so billig wie möglich sein müssen, ist eine Forcierung, die für das Buch genau so gilt wie für jede andere Ware. Der Verlag ist immer wieder mit Nachdruck auf den § 22 KWVO. hingewiesen wor den, nach dem er sich hei seinen Kalkulationen zu richten hat (kriegs verpflichtete Volkswirtschaft!). Vor allem hat er den sogenannten Kal kulationsstopp zu beachten, d. h. er muß Preissteigerungen bei den Her- stellungsfaktoren auffangen und darf sie nicht abwälzen, es sei denn, daß es für ihn untragbar wird, solche Belastungen auf sich zu nehmen. Es könnte eingewendet werden, das wäre deshalb nicht zu befürchten, weil für Papierlieferant, Drucker, Binder und wer sonst noch an der Buchherstellung mit beteiligt ist, die gleichen Schranken errichtet sind. Das ist richtig. Wen» trotydera Preissteigerungen zu verzeichnen sind, so muß angenommen werden, daß sie der Reichskommissar für die Preis bildung aus wohlerwogenen Gründen genehmigt hat. Auf iedeu Fall ist scharf darauf geachtet worden, daß — abgestellt auf den Gesamtverlag und abgesehen von einzelnen begründeten Fällen — das Buch nicht ver teuert wurde. Die rechtliche Handhabe zu solchen Kontrollmaßnahmen bietet das vom Reiehskommis c ar für die Preisbildung selbst durch geführte und wahrgenommene Stichprobenverfahren, wonach er von sich aus Neuerscheinungen, deren Preis ihm überhöht erscheint, nachkalku- liert und eventuell im Preis herabsetzt. Die andere gleichsam als Bremse wirkende Vorschrift ist der Preisstopp für Neuauflagen, mit dessen Durchführung der Reichskoinmissar für die Preisbildung seit September 1944 den Börsenverein beauftragt hat. Weil gerade bei Neuauflagen Preiserhöhungen am augenfälligsten sind — es bietet sich stets der Ver gleich mit der früheren Auflage . und weil der Preisdruck bei ihnen besonders stark auftritt. namentlich wenn die Auflagenhöhe sinkt, ist die Überwachung besonders verantwortungsvoll. Der Börsc-nverein sieht sie als eine seiner wichtigsten Kriegsaufgaben an und handhabt sie nach Richtlinien, die er mit dem Reichskommissar für die Preisbildung fest- gclegt hat. Dabei ergeben sich aus dieser Tätigkeit Ausstrahlungen auf die ver schiedensten Arbeitsgebiete. Oft ist es notwendig, Fragen aufzugreifen, die man vielleicht nach Ansicht des einzelnen, nicht eingeweibten Mit gliedes besser bis nach Kriegsende ruhen lassen sollte. Die Organisation würde aber ihre Aufgabe nur mangelhaft erfüllen, wenn 6ie sich auf die negative Tätigkeit des Überwachens beschränkte; sie hat auch dafür zu sorgen, daß die Berufsaiigehörigen wissen, worum es geht, und hat sich positiv dafür einzusetjen, den Einflüssen zu begegnen, die sich preis steigernd auswirken. Die Kalkulation, ihre Methodik und Einzelanwendung, ist der Angelpunkt, in deu jetjt die meisten Aufgaben des Börsenvereins ein münden; denn mag man sich mit steuerrechtlichen Fragen oder den Auswirkungen der Gewinnabführung befassen, mag man erörtern, welche Verkehrsregelung, ob z. B. Zuteilungs- oder Bestcllverfahren am zweckmäßigsten sei, ob bar über Leipzig, mit BAG-Abrechnung oder gegen Postnachnahme geliefert werden soll, stets wird sich die Entschei dung auf die Kosten und damit auf den Preis auswirken. Es war aber nicht nur die Kostenseite, sondern mehr noch die Frage nach der Sicherheit, die dazu geführt hat, die Beförderungswege des Buches erneut zu studieren. Die oft erörterten Themen Zentrali sation hder Dezentralisation sind dahei kostenmäßig kein Problem. In soweit spricht alles eindeutig für die Zentralisation, für die Zusammen fassung der Einzelsendung zum Sammelpakct und zur sonstigen Sam melsendung und damit für den Leipziger Platj, der trotz der schweren Schläge, die er hinnehmen mußte, seine Aufgabe, angepaßt an die Kriegsverhältnisse, weiter erfüllt. Hinsichtlich der Sicherheit mußte aber alles geschehen, um Vernichtung und Beschädigung der Lager bestände möglichst auszuschalten oder wenigstens einzuschränken. Die entsprechenden Maßnahmen sind durchgeführt, und zwar nicht nur für die Auslieferungsläger der Kommissionäre, sondern für die Lagerware im gesamten deutschen Buchhandel. An dritter Stelle der Forderungen, die für die Beförderung des Huches zu erheben sind, steht die nach der Schnelligkeit. Insoweit müs sen mehr noch als in mancher anderen Beziehung der Buchhändler und der Kunde den Kriegsverhältnissen Rechnung tragen. Es muß dankbar hervorgehoben werden, daß Eisenbahn und Post immer wieder bereit waren, auftretenden Stockungen abzuhelfen und dem Buchhandel so weit als nur möglich entgegenzukommen. Wenn trotzdem Sendungen ausblieben oder bestimmte Gegenden längere Zeit keine Ware erhielten, so waren die Verhältnisse stärker als der gute Wille. Dem pflic+it- gemäßen Ermessen des Verlegers muß es überlassen bleiben, oh er in solchen Fällen einen Teil seiner Auslieferung für spätere Lieferung zurückbehält; bindende Vorschriften, wie sie manchmal gewünscht wer den, lassen sich dafür nicht aufstellen. Überhaupt ist von Zwangsvorschriften im Zuständigkeitsbereich des Börsenvereins möglichst abgesehen worden. An Vorschlägen dafür hat es nicht gefehlt. So sind, auch nach der Einführung des Zuteilungsver- fahrens. wiederholt Wünsche nach einer Zwangsverteilung der Buch bestände geäußert worden, meist von denen, die glaubten, hei der Zu teilung zu kurz zn kommen. Es steht aber nun wohl fest, daß das Zu teilungsverfahren in seiner einfachen und unbürokratischen Form ge radezu als geniale Leistung des Buchhandels bezeichnet werden darf. Natürlich eignet sich die Zuteilung nicht für alle Verlagsarten. Deshalb hleiht sie in der Hauptsache auf schöngeistiges, politisches und volks tümliches Schrifttum beschränkt, während für andere Verlagszweige, insbesondere für wissenschaftliches und fachliches Schrifttum, andere Methoden gewählt werden mußten. Ziel aller, dieser Maßnahmen es ist zu verweisen auf die Regelung des Vertriebs des wissenschaftlichen Lehrbuchs für Studierende, des landwirtschaftlichen Fachschrifttums und der Sicherung des Bedarfs der Hochschullehrer an wissenschaftlichen Veröffentlichungen war und ist, daß das Werk am Ende dort anlangt, wo es gebraucht wird. Auch Lenkungsmaßnahmen für den Einzelfall waren nicht zu vermeiden, so z. B. Lieferung an luftkriegsgeschädigte Buchhändler, in Gebiete mit vielen Evakuierten usw. Dazu kam die Notwendigkeit, Teile der Neuproduktion für Wehrmacht und bestimmte Organisationen sicherzustellen. Es war zu befürchten, daß schließlich für den eigentlichen Vertrieb über das Sortiment und damit für den Kun den, der seinen Bedarf im Laden deckt, nur noch sehr wenig übrig blieb. Deshalb ist die Anordnung der Reidis e chrifttum=kammer. wonach 60 % der Neuproduktion dem Vertrieb durch das Sortiment Vorbehalten sind, mit Genugtuung begrüßt worden. Bei einer Regelung, die nur in dringendsten Fällen zum Zwang greift und im allgemeinen auf das pflichtgemäße Verhalten ahstellt, be steht für den einzelnen Berufsangehörigen besondere Verantwortung. Er hat die doppelte und dreifache Pflicht, sich größter Gewissenhaftig keit zu befleißigen. Das gilt sowohl für den Verleger bei der Ent chei- dung über die Firmen, die er ins Zuteilungsverfahren einbezieht, als auch für den Sortimenter geeenüber seinen Kunden. An Vorwürfen für den Verlae aus Sortimenterkreisen und gegenüber dem Sortiment aus dem Publikum hat es nicht gefehlt und wird es nicht fehlen. Das Buch ist Mangelware geworden und wird es immer mehr. Es ist unmöglich, ein ^ erk allen Sortimentern zu liefern, die es brauchen; noch unmög licher ist es. alle Wünsche des Publikums zu erfüllen. Wenn Vorwürfe gegen sie erhoben werden, muß die Berufsangehörigen das Bewußtsein trösten, alles getan zu haben, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Die Entwicklung führt auch für das Sortiment in beschleunigtem Maße darauf zu, daß es von der Hand in den Mund leben muß. Lager vorräte, aus denen der Wunsch um Unterhaltungsschrifttum befriedigt werden könnte, dürften schon jetjt nur noch in geringem Maße vor handen sein, ebenso in der Wissenschaft und im Fachschrifttum. Der Umsatj beschränkt sich immer mehr auf das. was der Verlag neu heraus- 14 Börsenbl. (. d. Dt. Bucht) Nr. 4. Sonnabend, den 27. Januar 1945
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