Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1944
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- 1944-02-16
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- 16.02.1944
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Buchhändlerinnen im Fronteinsatz Eindrücke von einer Reise zu den Frontbuchhandlungen Von Dr. Friedrich Uhlig Wir sind in einer kleinen bekannten Hafenstadt Frank reichs an der Atlantikküste, und die Spuren des einstigen Kampfes sind noch überall sichtbar. Am Strand sind die Häuserreihen zerstört; neue Verteidigungswerke sind ent standen und wurden stark ausgebaut. In der Hauptverkehrsstraße flutet ein geschäftiges Leben. Wir gehen an französischen Geschäften vorüber und betrachten die Warenauslagen. Da leuchtet uns schon von weitem ein weißes Schild von einem Eckhaus entgegen, das mit großen Lettern die Aufschrift „Fronthuchhandlung“ trägt und sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Die Schaufenster sind gewissenhaft gestaltet. Im ersten stehen schöngeistige Werke; die Namen bekannter Dichter und Schriftsteller treten uns gegenüber. Im zweiten Fenster ist politisches, geschichtliches und philosophisches Schrifttum ausgestellt und das dritte zeigt eine gute Auswahl von Fach büchern, militärischen Ausbildungsschriften und Heften zur Berufsförderung. Viele wertvolle Bücher sind hier zu finden und manches ist darunter, das in der Heimat selten geworden ist. Wirklich eine gute Auswahl, um die manches deutsche Sortiment die Frontbuchhandlung beneiden würde. Der Laden ist gut besucht. Offiziere und Soldaten suchen Bücher aus den Regalen und von den Auslagen auf den Tischen. Zwei frische Helferinnen in der Tracht der Roten-Kreuz-Schwester nehmen die vielfachen Wünsche der Käufer entgegen. Der Soldat, der aus seiner Bunker stellung kommt, in der er tagelang in erhöhter Alarm bereitschaft gelegen hat. will seine wenigen kostbaren Stunden ausnutjen. Es ist erstaunlich, wie stark sein Inter esse für philosophische und geschichtliche Literatur ist. Der Soldat ist im Laufe der Kriegsjahre ernster geworden; er sucht daher im Buche innerliche Werte. So ist es kein Zufall, daß er in stillen Stunden im Bunker zum Lyrikbänd- chen greift oder wirklich wertvolle Romane liest. Hierzu kommt sein Streben, später im Beruf etwas Tüchtiges zu leisten. So sucht er sein Fachwissen zu ergänzen und zu ver tiefen. Der Student will seine Studien fortsetjen und man cher andere bereitet sich für die Reifeprüfung vor. Die vom Oberkommando der Wehrmacht herausgegebenen „Soldaten- briefe zur Berufsförderung“ sind ihm dabei eine wertvolle Hilfe. Es ist verständlich, daß die Frontbuchhändlerin bemüht ist, sich in alle diese Wünsche hineinzudenken, um ihren SoF claten helfen zu können. Freilich, der gute Wille allein tut es nicht. Es gehört auch genügend Kenntnis der Bücher und außerdem eine gewisse Erfahrung in der Behandlung der Kunden dazu. Sind die Vorausse^ungen aber gegeben, dann genießt die „Schwester“ auch absolutes Vertrauen bei den Soldaten. Die Frontbuchhändlerin weiß aber auch, daß der Auf enthalt in der Buchhandlung dem Soldaten mehr als bloßer Einkauf bedeutet, er ist ihm gleichzeitig Erholung und Freude. Darum versucht sie schon mit äußeren Mitteln, ihm den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Der Laden wird saubergehaltcn und sorgfältig gepflegt. Frische Blumen auf dem Tische geben dem Raum ein freundliches Aussehen. In den Regalen und auf den Tischen ist peinliche Ordnung. Der Soldat spürt mit Behagen die besondere Atmosphäre, die hier mitten im Feindesland von einer deutschen Frau ausgeht. Unter diesem Eindruck können wir feststellen, daß der Versuch, für die Männer, die als Buch händler früher hier gearbeitet haben und anderen militäri schen Aufgaben zugeführt wurden, die Betreuungshelferin nen einzusetjen, vollständig gelungen ist. Die Fronthuch händlerin bewährt sich. So wie in diesem kleinen Städtchen, stehen Buchhänd lerinnen in vielen Orten der Atlantikküste und in ganz Frankreich verteilt, nicht zuletzt in Paris, wo eine der Bedeu tung der Stadt entsprechende große Buchhandlung den Sol daten zur Verfügung steht. Daß ein starkes Bedürfnis nach Frontbuchhandlungen vorhanden ist, beweist der Umsatz, den die Fronthuchhändlerin täglich am Abend durch den Kassenbestand feststellt. Für ihren Einsatz werden die Fronthuchhändlerinnen durch einen sechswöchigen Ausbildungskursus in einem Lager für Betreuungshelferinnen in Literatur und Geschichte und den Fragen der Weltanschauung geschult. Vorträge füh ren sie in die geistige und kulturpolitische Bedeutung des huchhändlerischen Berufes ein. Durch Buchbesprechungen werden sie erzogen, Bücher und Dichter zu beurteilen. Lese abende werden gemeinschaftlich gestaltet, damit die an gehenden Fronthuchhändlerinnen lernen, ähnliche Lese- und Dichterabende an ihrem zukünftigen Einsatzort selbständig durchzuführen. Singen und Sport haben ihren Platz im Kur susprogramm, um Körper und Geist zu lockern. Daß die im Buchhandel gelernten Kräfte im praktischen Einsatz im allgemeinen im Vorteil sind, braucht nicht beson ders betont zu werden. Für junge Buchhändlerinnen ist hier also ein befriedigendes Arbeitsfeld. Die abgeschlossene Aus bildung im Buchhandel ist aber nicht Voraussetzung für die Meldung. Mädels mit guter Allgemeinbildung und dem nöti gen Ipteresse für das Buch werden ebenfalls angenommen. Nach dem Ausbildungskurs gehen alie wohlausgerüstet zum Fronteinsatj, und es ist eine Freude, sich mit ihnen an ihrem Arbeitsort über ihre Arbeit zu unterhalten. Begeiste rung und Befriedigung leuchten aus ihren Augen. Buchhändlerinnen an die Front! Der erste Aufruf an die deutschen Frauen und Mädchen vor einem Jahre zur Meldung als Frontbuchhändlerin hat starken Widerhall gefunden. über zweihundert deutsche Frauen, darunter auch eine größere Anzahl Angehörige des Buchhandels, sind seit Mo naten im Kriegsgebiet, an der Westfront, im hohen Norden, in den Ostgebieten, auf dem Balkan und in Italien ein gesetzt. Sie haben dort als Leiterinnen oder Mitarbeiterinnen in Frontbuchhandlungen, je nach Eignung, eine selbständige und hochbefriedigende Arbeit im Dienste der Betreuung unserer Frontsoldaten gefunden. Das zeigen die begeisterten Zuschriften. Noch reichen die Kräfte jedoch nicht aus, und es er geht daher ein erneuter Appell, diesmal vor allem an den buchhändlerischen Nachwuchs, sich für die große und ver antwortungsvolle Arbeit als Frontbuchhändlerin in der schmucken Tracht der DRK.-Helferinnen im Betreuungs dienste des Heeres recht zahlreich zu melden. Gerade die junge Generation hat im Einsatz als Front buchhändlerinnen die ungeahnte Möglichkeit, fremde Lan cier und Völker zu sehen, sich beruflich weiterzubilden, und vor allem die Gewißheit, im gelernten Beruf auch in Kriegs zeiten schaffen zu können. Die Tätigkeit als Frontbuch händlerin gilt als besonderer Einsatz im Interesse der Wehr macht. Ein neuer Lehrgang beginnt Anfang März 1944 in Scheuno in der Lausitz. Buchhändlerinnen, nicht unter zwanzig Jahren, die sich zur Frontbuchhändlerin in Haltung und Tatkraft berufen fühlen, wenden sich an die Ersa^dienststelle für Be treuungshelferinnen (Gen. z. b. V. IV, Wiesenburg i. d. Mark), die nähere Auskunft erteilt. L. 24 Börscnbi. f. d. Dt. Buchh. Nr. 13. Mittwoch, den 16. Februar 1944
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