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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.12.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-12-03
- Erscheinungsdatum
- 03.12.1935
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- Deutsch
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A» 280, 3. Dezember 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. die es nur mit Stoppuhren, starken Muskeln und Triumphen zu tun hätte. Nein, cs muß die beseelende geistige Idee dazukommen, alle Grundbegriffe völkischer und menschlicher Verantwortung, und dann erst haben wir das innere Recht, dem Körperlichen freiesten Lauf zu lassen und von daher gewinnen Stoppuhren, Muskeln und Triumphe ein neues tieferes Recht; denn nun sind sie ja orga nisch mit dem Guten und Schönen, der alle menschlichen Bereiche erfüllenden Kalokagathia, verbunden. Coubertin spricht von dem kultischen Charakter der olym pischen Spiele, und er sagt in diesem Zusammenhänge: »Der sport religiöse Gedanke, die relixio atdlstae ist nur sehr langsam in das Bewußtsein der Sportler eingedrungen, und viele von ihnen han deln auch nur unbewußt danach. Aber nach und nach wird es ihnen voller Ernst damit werden-. Ohne die symbolische Bedeutsamkeit dieser (romanischen?) Religionsaussassung Coubcrtins verkennen zu wollen, geben wir lieber seinem anderen, unbestrittenen Gedan ken Raum, daß sportliche Olympia-Kultur ohne geistige nicht sein kann und nicht sein soll. Er spricht ihn so aus: »Zweifellos überragt der Geist, die Muskelkraft muß fein Die ner bleiben . . . Aus dem Wunsch, den zu äußern mir beschicken war, werden, wie ich weiß, die Spiele der XI. Olympiade mit den unvergleichlichen, von einem mächtigen Massenchor gesungenen Klängen des Finale der IX. Symphonie von Beethoven eröffnet werden ... Ich hoffe ebenso, daß die Geschichtsschreibung an der Seite der Dichtung einen überragenden Platz in den geistigen Rahmenveranstaltungen der Olympischen Spiele einnehmen wird.« Aber, so fügt er mahnend ein, dies alles »unter der Bedingung, daß es sich um die h ö ch st v o l le nd e t en Formen künstlerischer und literarischer Schöpfungen handelt, und nicht um unbedeutende, wie sie eine heutzutage ständig wachsende Nachsicht — sehr zum Scha den von Zivilisation, Wahrheit, menschlicher Würde und der inter nationalen Beziehungen — gestattet, sich überall zu betätigen.« Damit führt uns nun Coubertin unmittelbar selbst hinein in den olympischen Sektor, der den schönen Künsten gewidmet ist. Und wir halten es für an der Zeit, daß sich die deutsche Öffentlichkeit allmählich rüstet, auch der geistigen Olympiade innerlich gewachsen zu sein. Dazu gehört zweierlei: eine ungefähre Kenntnis der Be dingungen, unter denen die besten deutschen Olympia-Schrift steller, -Komponisten und bildenden Künstler der deutschen und da mit der Weltöffentlichkeit vorgcstellt werden. Und zweitens ist es nötig, daß man sich einigermaßen darauf »einstellt«, was denn wohl an Kunstwerken und Kunstwerten zu erwarten sein dürfte; denn schon die Verbindung von Sport und Kunst werk, besonders literarischem und musikalischem Kunstwerk, kommt vielen sicher fremdartig vor. Zugelassen zum dichterischen Wettbewerb sind bis zum 1. Ja nuar (an die Reichsschristtumskammcr, Berlin, Friedrichstraße 194. Die vollständigen Bestimmungen sind im Börsenblatt Nr. 174 abgedruckt) drei Gruppen von Werken, lyrische (z. B. Lied, Ode, Hymne, Kantate, Ballade, lyrische Prosa, Essay); dramatische (z. B. Trauerspiel, Schauspiel, Lustspiel, Schwank, Libretto, Freilicht spiel, Hörspiel, Dialog, Szenario); epische Werke (z. B. Roman, Novelle, Epos, Erzählung). Die Werke (oder Teile eines Werkes) dürfen nicht mehr als 20 000 Worte haben und müssen eine Be ziehung zum Sport ausweisen; das heißt, sie sollen behandeln ent weder das gesamte Sportgcbiet, einen Sportzweig, ein Sport ereignis, einen sportlichen Gedanken, den sportlichen Charakter einer Persönlichkeit oder ein durch Sport beeinflußtes menschliches Schicksal, und zwar auch dann, wenn diese sportliche Beziehung nicht den Hauptinhalt bildet. Das deutsche Komitee wählt aus diesen Werken die je drei besten aus jeder der drei Abteilungen aus. Es ist selbstverständ lich, daß nur deutsch geschriebene Werke (auch keine Übersetzungen ins Deutsche) in Frage kommen. Die Einsendung muß in fünf facher Ausfertigung erfolgen. Wichtig ist, daß der Einsendung — übrigens können von einem Autor mehrere Werke eingesandt werden — ein Gutachten eines deutschen Verlages beigegeben werden muß, aus dem hcrvorgeht, daß das Werk den oben er wähnten Forderungen entspricht. Sollte ein Autor keine Bezie hungen zu einem Berlage haben, was wohl nur bei nichtgedrucktcn Werken der Fall sein dürfte, so ist ein Gutachten der Reichsschrift tumsstelle beim ProPagaNdaministerium (Berlin W 8, Thüringen- 1030 Haus) beizulegen. Wer cinsendungsberechtigt ist, darüber ist nichts gesagt; es ist lein Zweifel, daß auch Verleger einscndungsberechtigt sind. Und es ergeht hiermit an alle deutschen Buchhändler die Auf forderung (im Einverständnis mit der maßgebenden Stelle), sie möchten doch ihre Bestände an Verlagswerken noch einmal schleu nigst durchschen. Es mag sich noch manches wertvolle Werk (nach dem l. Januar 1932 geschaffen oder veröffentlicht) finden, das eine der erwähnten Beziehungen zum Sport hat. Und vielleicht wird manches Werk der Vergessenheit entrissen, wenn es so der Welt öffentlichkeit vorgestcllt wird. Hier knüpst sich von selbst ein anderer Gedanke an. Der deutsche Buchhandel weiß, wie die deutsche Buchwcrbuug im Aus land jeden Tag neu erkämpft werden muß. Wie besonders schön ist die Gelegenheit, nun dem gesamten Auslande zeigen zu können, was echte deutsche Dichtkunst und Buchkunst vcrmag.Das ganze Jahr 1936 wird ja unter dem Eindruck der olympischen Spiele stehen, und jedes Preisgekrönte Werk ist einer Beachtung des ganzen Erdkreises sicher. Was aber haben wir und mit uns die andern Völker zu er warten von einer »sportlichen« Dichtkunst? Und gerade wenn sich die Deutschen einer solchen Aufgabe widmen: wie wird und muß sich deutsche Art in der dichterischen Behandlung sportlicher Stoffe spiegeln? Es ist noch viel freies Feld da! Und es dürste, da ja auch Dichter nicht nur in den Wolken schweben, sondern von »Ereignis« und Spannung der Zeit abhängen, eine neue Art von Dichtwerken entstehen — so hoffen wir wenigstens —, die alles, was die Olym piade betrifft, in ihren Bereich zieht: Griechentum, Schönheit des Körperlichen, Leib-Seele-Einheit, den Umkreis der vielen Sport arten und der durch sie möglichen Erlebnisse und Lebensoertiefung. Und deutsche Art der Frage und Antwort, des Spiels und Gegen spiels, der Heiterkeit und des Ernstes, des Einsatzes und der Erd- vcrbundenheit, und was der hohen Gesichtspunkte mehr sein mögen, wird darin möglichst spiegelklar zum Ausdruck kommen müssen. Wo aber ein ganzes Volk seine Dichter trägt und geleitet, mit ihnen leidet und zum Triumph aussteigt, da wächst es über sich hinaus. Und darum wünschen wir sehr, daß unser Volk unsere Dichter, die zum olympischen Wettkamps antreten, im Geiste be gleite und sich um ihre Not und ihr Schicksal kümmere. Das Gleiche gilt nun auch für den Wettbewerb in M u s i k und bildender Kunst, zu dem uns noch ein Wort zu sagen übrigbleibt. Für die Musik handelt es sich um Werke verschiedenster Gattung, vor allem dürften Werke für Chor mit Orchester oder für Orchester mit Chor die weitesten Massen der Olympiakämpfer und -besucher ergreifen. Dabei ist die Beziehung zum Sport noch weiter zu fassen als bei den Werken der Dichtkunst. Das musikalische Deutsch land wird äußerst gespannt sein, ob die Befruchtung der Musik durch die olympische Idee mehr als ein Experiment bleibt. Jeden falls wird deutsche Musik bei der musikalischen Umrahmung der Spiele stark in Erscheinung treten. Am größten ist, rein von Thema und Atmosphäre aus gesehen, die Wahrscheinlichkeit, daß die Kunstausstellung m Ausstellungs halle VI in Berlin (und die Ausstellung griechischer Kunstwerke im Berliner Staatlichen Museum) große Beachtung finden wird. Jetzt schon strömen in Berlin Kunstwerke aller Art zusammen, Baukunst, Malerei und Graphik, Bildhauerkunst wetteifern darin, alles dem Sport Dienende, den Sport Darstellende, den Sport geist Erfassende schöpferisch zu gestalten. Mögen wir uns alle schon einmal Gedanken darüber machen, was für Aufgaben die Kunst dabei zu erfüllen hat. Das »Passende« im großen Sinne Goethes, das heißt das ganz aus der Sache Geborene und Angemessene, das zugleich echt Deutsche und das ins ewig Menschliche Ausgrei fende, das suchen wir. Es mag sich auch auf ästhetischem Gebiete manches Förderliche an Erkenntnissen Herausstellen, z. B. daß Plastik und Graphik geeigneter sind, sportliche Dinge darzustellen als die reine Kunst der Farbe. Warum und in welchem Umfange, diese und andere Fragen werden durch den Wettbewerb selbst ge klärt werden. Jeder Deutsche, auch jeder deutsche Berufsstand, übernimmt eine große Aufgabe im Olympiajahr: mit zu sorgen, daß sein Volk im Höchsten und Besten den Kampf, zu dem es freiwillig antrat, bestehe. Und das geschieht am ehesten, wenn alle deutschen Stände untereinander zum Wettkampf um Deutschlands Ehre antreten.
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