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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.07.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1933-07-25
- Erscheinungsdatum
- 25.07.1933
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- Deutsch
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X- 170, 25. Juli 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. durch die llbererzeugung veranlaßt, und der Verlag hätte es vom ersten Augenblick an und auch in jedem späteren Augenblick in der Hand gehabt, nicht etwa durch ein »Literarisches Flotten-Feier- jahr«, wohl aber durch eine weise Beschränkung der Erzeugung dieser umgehenden Seuche des Neuigkeitcntaumels zu steuern. Er scheinen eben in einem Jahr einmal nur 5000 Neuigkeiten statt 10 000 Neuigkeiten, so gewinnt plötzlich die ältere Literatur an Wert. Nur unbegreifliche Verblendung hat den Verlag verhindert, die hier zwangsläufige Entwicklung vorauszusehen; die wenigen Verleger, die den Mut zum Neinsagen und zur Einschränkung ihrer Erzeugung besaßen, haben sich dabei Wohl befunden, sind auch heute noch gesund und haben zugleich der Allgemeinheit einen Dienst geleistet. Die llbererzeugung ist gesteigert worden durch Neugründung zahlreicher ohne hinreichende Fachkenntnis und Geldmittel geführ ten Verlage, die nach wenigen Jahren das Zeitliche gesegnet, doch inzwischen den Markt verwüstet haben; sowie dadurch, daß eine Reihe bedeutender Tageszeitungen zwecks besserer Ausnutzung ihres Maschinenparks sich Buchverlage angegliedert haben, was ihrer eigentlichen Ausgabe widerspricht und wegen der verbllligten Her stellung meistens auch die Zerrüttung des allgemeinen Preisge bäudes beschleunigen half. Außer der llbererzeugung an Buch-Titeln haben wir aber auch noch eine llbererzeugung in Gestalt zu großer Auflagen gehabt und haben sie noch. Auch hier großenteils eine verblen dete Prestige-Politik, die den Konkurrenten mit großen Zahlen zu schlagen, das Publikum zu blufsen und berühmte oder junge Autoren zu gewinnen versuchte. In den allerwenigsten Fällen wurden und werden die Riesenauslagen neuer Romane wirklich vom Markt zum Originalpreise ausgenommen. Die Folgen sind dann unverkäufliche Lagerposten beim Verleger und beim Sorti menter, der Zwang, diese irgendwie doch noch zu verwerten, also der Ramsch. Ursache dieser Renommierauflagen war allerdings nicht immer nur das verlegerische Glanzbedürfnis, sondern auch übersteigerte Honorarfordcrung der Autoren, wie sic das Star- System auch im Buchhandel mit sich brachte. Hierüber wird unten noch mehr zu sagen sein. Zusammengesaßt: Der Verlag ist selber an der Übererzeugung schuld; es hat keinen Zweck, die Autoren, die Presse und das Publikum dafür verantwortlich zu machen. Höchstens trifft der Vorwurf auch die den Verlagsbuchhandel versorgenden Gewerbe, die häufig viel zu weitherzig mit Krediten gegen schwache und da bei ausdehnungsgierige Firmen waren. 5. Die falsche Kalkulation. Man hat das Kalkulieren ver lernt. Die wirtschaftlichen Begriffe von »möglich« und »unmög lich« haben sich in der Nachkriegszeit völlig verwirrt, und so ist der Verlag selbst schuld an der völligen Verwirrung der Begriffe über Preise in den Gehirnen der Leserschaft. In der Zeit, da die Bücherpreise wesentlich über dem Vorkriegsstand lagen und als sie daher von der Leserschaft mit Recht bemängelt wurden, fand sich niemand, der es wagte, die Leserschaft über die wahren Ur sachen dieser Preise aufzuklären; ja, das Sortiment war unglaub- licherwcisc kurzsichtig genug, vielfach selber der Leserschaft gegen über den Klageruf auszustoßen: »Die Bücher sind zu teuer», statt den Verlag in seinem Abwehrkampf zu unterstützen. Die Ursachen der Preise lagen darin, daß der Verlag sich einer außerordent lichen Erhöhung der Gestehungskosten gegenüber sah, die sich vor allen Dingen in den Druckpreisen, dann aber auch in der Erhöhung der allgemeinen Geschäftskosten aussprach. Durch die ganze Tarif gesetzgebung war es aber dem Verleger unmöglich gemacht, in diese Preismauer Bresche zu schießen. Die Gestehungskosten wurden ferner gegenüber der früheren Zeit erhöht durch das infolge des hemmungslosen Wettbewerbs der schöngeistigen Verleger unter einander sich steigernde Niveau der Schriftsteller-Honorare, wobei sich am verderblichsten die Vereinigung eines in Prozenten be zahlten Stückhonorares mit einer manchmal phantastisch hohen Vorauszahlung oder Auslagengarantie erwies: Die Vorauszahlun gen und ungedeckten Vorschüsse belasteten den Haushalt des Ver legers auf das allerschwerste und waren in den meisten Fällen uneinbringlich, d. h. die Verkaufsauflage erreichte nicht die nötige Höhe, um den Vorschuß abzudecken. Die zwischen Ladenpreis und Gestehungskosten liegende Spanne wurde nun durch zwei Umstände über Gebühr ver ringert: durch den im Durchschnitt zu hohen Rabatt und durch die zu kostspielige Werbung. Und schließlich verzichtete der Verlag ganz darauf, die fast stets liegenbleibenden Auflagenreste — oder mit anderen Worten eine Risikoprämie einzukalkulieren. 6. Falsche Langmut gegen faule Zahler. Die Sünden, die der schöngeistige Verlag gegen sich selber und gegen die pünkt lichen, zuverlässigen Sortiments-Firmen auf sich geladen hat, indem er seine Ziele um der Konkurrenz willen immer länger ausdchnte, sind gar nicht zu ermessen. Wie im deutschen Wohl fahrtsstaat hat man den Schwachen gehätschelt und damit dem Anständigen und Zuverlässigen die Arbeit verleidet. Da kann der schöngeistige Verlag vom wissenschaftlichen lernen! Heule herrscht eine völlige Anarchie in den Zahlungszielen; die Buch haltungen des schöngeistigen Verlags sind mit Personal und Ar beit unfruchtbarster Art überlastet wie noch nie. Wir behaupten, noch nie sind die Portoeinnahmen der Reichspost für Nachnahme spesen und Mahnschreiben so hoch gewesen. Trotz unablässiger Mahnungen des Verlegervereins-Vorstandes hat der schöngeistige Verlag niemals die Kraft gesunden, den den Berg hinabsausenden Karren aufzuhalten. Kein Mensch denkt je daran, die auf diese Weise verloren- gehcnden Zinsen und die durch Mehrarbeit entstandenen Kosten zu berechnen. Meistens sind es dieselben Verleger, die das Gummi band des Zahlungsideals sich bis zum Erschlaffen ausdehnen lassen und gleichzeitig Honorarvorauszahlungen in Märchcnhöhe machen, ohne den zeitlichen Leerraum zu ermessen, der zwischen Ausgabe und Einnahme klafft. 7. Werbung. Wir behaupten, daß der Buchhandel sich durch Werbung zugrunde gerichtet hat, und wir datieren den Beginn dieser schiefen Ebene von der Zwölsseiten-Anzeige eines einzigen Verlegers im Börsenblatt und dem abenteuerlichen Anzeigenfeldzug eines Romanverlegers für ein einziges Buch in der großen Tages presse. Seither scheinen der Verlag und das Sortiment jeden Maß- stab für die rechnerischen Möglichkeiten der Werbung verloren zu haben. In den vergangenen Jahren schien es, als ob die wenigsten schöngeistigen Verleger die für den Druck und Versand von Pro spekten und die Aufgabe von Inseraten ausgegebenen Summen vorher und nachträglich an ihren eigentlichen Herstellungskosten und dem erzielten Umsatz kontrollierten, und dasselbe gilt für die Kataloge des Sortiments. Es hieß nur: Umsatz ohne Rücksicht aus Nutzen, Klamauk auf Kosten des Nachbarn! Befriedigt wurde damit mehr das eigene Geltungsbedürfnis und das der Autoren; besorgt wurden die Geschäfte der Akzidenzdruckereien und der Jnseratenabteilungen der Presse. Dabei ließ das Sortiment sich die Kosten der Werbung großenteils noch durch den Verlag be zahlen ohne Rücksicht auf den gewährten hohen Rabatt. Gewiß, manche Verkaufsauflage wurde aus diese Weise höher getrieben, aber per Saldo wurde der Nutzen fast ganz aufgezehrt oder in einen Verlust verwandelt. Ein Anzeigenfeldzug für ein einzelnes Buch oder einen einzelnen Autor zahlt sich nie aus, schon deswegen, weil die Ansprüche der Autoren und der Zeitungen stets wachsen; der Verleger muß ihnen entweder Rechnung tragen und dadurch seinen Voranschlag gewaltig überschreiten, oder er erzeugt nach haltige Verstimmungen bei Autoren und Presse. Der Verlag war eifrig an der Arbeit, mit dem ungeschlachten Schwert >des Superlativs ein wenig standesgemäßes Harakiri zu begehen. Die Folge war eine völlige Abstumpfung der Leser schaft und des Sortimens gegen die Werbung. Die lobenswerte Einrichtung des «Tags des Buches« ist zu kurzatmig und kann sich höchstens als »Buchwoche« auswirken. 8. Volksausgaben. Wir sind, als die Volksausgabenkrankheit begann, wiederholt in der Presse und ständig in Briefen als War ner aufgetreten und mußten dafür den Vorwurf der Dickköpfig keit oder Kurzsichtigkeit einstecken, wobei Autoren und Kollegen wetteiferten. Als aber der alles niederwerfende Erfolg der »Bud denbrooks» kam, verhüllten wir unser Haupt, denn wir wußten, nun ist die Lawine nicht mehr zu halten, denn es war klar, daß nun kaum ein einziger Autor oder schöngeistiger Verleger nicht in den gleichen Wagen steigen wollte, der eine so hohe Fahrt- geschwindigkeit und Reisesicherheit zu verbürgen schien. Nun, heute 545
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