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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1933-08-10
- Erscheinungsdatum
- 10.08.1933
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- Deutsch
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^ 184, 10. August 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d.Dtschn.Buchhandel. seien auf gleich bequeme Art handlungsmäßig an den Mann zu bringen wie früher die volksfremden Zivilisationsautorcn, der hat vom großen Wandel der Zeit nicht einen Hauch begriffen und ahnt nichts von den eigentlichen Aufgaben, die des Buchhändlers im neuen Deutschland harren. »Arbeitund Brot!« so lautet das Gelöbnis der neuen Regierung, so wurde es abgelegt vor allem Volke. Die Formel besagt neben anderem auch dies, daß im neuen Deutschland Brot gewonnen wird nur durch Arbeit, daß Arbeit unter allen Umständen das Voranstehende ist. Stefan Zweig zu verkaufen, das besorgte so ziemlich die Zeit von selber. Seine Bücher wurden verlangt, man hielt sie auf Lager und ergänzte von Woche zu Woche. Das genügte, und man genügte sich selbst. — Jetzt? Kolbenhcyer wird ab und zu verlangt werden, auch Grimms »Volk ohne Raum« und einige andere. Im übrigen aber: die innere Wandlung ist auch innerhalb der Buchhandelskunden ele mentar. Der Kunde fängt wieder an zu fragen, verlangt Be ratung. Nicht mehr verlangt die gnädige Frau von obenhcr den »neuen Wassermann«, sondern in stetigem Wechsel des Tages kehrt immer neu die Frage sich an den Verkäufer: »Was raten Sie?« — »Was empfehlen Sie?« — »In welchem Buch finde ich ... ?« — »Wer sind die Dichter des neuen Deutschland?« — Unbequem? Vielleicht! Aber dem, der wirklich Buchhändler aus innerem Trieb und von Berufung her ist, schlägt doch das Herz vor Freude, daß er wieder beraten und empfehlen, daß, um dies zu können, er wieder lesen muß, daß er leiten und führen darf. Daß er's kann, bedingt als Voraussetzung: Arbeit! Er muß nicht nur wissen, wie die neuen Dichter heißen, er muß wirklich ver traut sein mit ihrem Schaffen und ihrer Entwicklung, muß alte vergessene Namen wieder aufspüren und neue (soeben noch ver borgene) sich ancignen. Er muß wohl auch (denn für viele Kunden ist das eigentliche Gebiet der zeitgenössischen deutschen Dichtung eine zuvor noch unbetretcne Flur!) jeweils wissen, in welcher Reihenfolge dieser und in welcher anderen Folge der andere Kunde je nach Anlage, Bildung und Haltung mit den »Autoren des neuen Deutschland« vertraut zu machen sein wird. Träge Temperamente und solche, die mit breitem Sitzfleisch begabt sind, werden sich auf den Vertrieb der Bilderbücher der nationalen Erhebung gestürzt haben. Doch wird es sicher nicht lange dauern, und solche Trägheit rostet in sich selber ein. Der neue Staat kann damit nicht weitcr- kommen, daß immer noch ein Autor in seiner Weise die Geburts- Wehen dieses Staates besingt. Tiefere, weiterführcnde, Künftigem den Weg bahnende Bücher werden gebraucht. Sie werden auch entstehen. Damit aber der Buchhändler sie nach Spreu und Weizen zu sondern imstande ist, hat er zuvor für sich selber und zum Nutzen einer wirklichen Kundenberatung in nere Bestandsaufnahme des vorhandenen Gutes, das zwischen guter deutscher Geistestradition und neuem Werden die Brücke schlägt, notwendig. Der Buchhändler im neuen Deutschland kann also keinesfalls nur eben Händler und Vertreiber von Tagesware sein, sondern muß Bildung für sich und andere erarbeiten. Namen und Werk von Paul Alverdes, Georg Grabcnhorst, Bruno Brehm, Karl Benno von Mechow, Georg Brit- ting, Ernst Wiechert (um nur einige wenige zu nennen) müssen ihm lebendiger Begriff werden. Vermutlich braucht das seine Zeit und dauert Jahre. Aber das ist eben der Unterschied zwischen Gestern und Heute, daß da für den Tag und die Stunde gedacht, getan und gelebt wurde, nun aber wieder vorausgewirkt wird auf Zeit, daß Lohn des heute zu Schaffenden wahrscheinlich erst übers Jahr und noch später sich einbringcn wird. Aber daß heute wieder gesät werden kann mit der ungetrübten Zuversicht auf kommende Ernte, das eben setzt ja an Stelle gewesener Sinnlosig keit wieder einen Sinn für alles deutsche Dasein, auch das buch- händlerische. Und wer es richtig anpackt, wer die Zeichen der Zeit versteht, weil er sie innerst in sich hat, der ahnt schon heute, daß Bücher von Alverdes, von Brehm, von Mechow, von Wiechert (ich wiederhole die Namen) Volksbücher werden im tiefsten und weitesten Sinne, weil diese eben nicht Einzelschicksale abgeschlossener Bildungs- und Zivilisationsgcschichtcn behandeln, sondern die Schicksalsverflochtenheit deutscher Menschen dieser Zeit als Glieder und Träger der Volkseinheit so verdichtet nahebringen, daß alle davon angesprochen werden und schon das Volk auf dem Wege ist, sie aufzunehmen und ihrem Werke sich hinzugeben. 59k Wer hilft dem Buchhandel? — Aus der Wüste und aus der Verworfenheit ist das deutsche Volk ausgcbrochcn, hat es den schweren Weg begonnen, hinweg von der Zerklüftung der Parteien, Schichten und Klassen eine echte Schicksalscinhcit zu formen. Das geschieht nicht in Tagen und Wochen, aber aus langem, hartem Wege wird es denkbar und glaubhaft, denn das ferne Ziel ist sichtbar — und dieses vor Augen zu haben nach jahrelanger Vernebelung, gibt Kraft, auch ärgste Wcghindernijse gemeinsam zu überwinden. Es gibt für alle und jeden nur eine Hilfe: die Aufgabe erkennen, das Ziel bejahen und dem Wege zu ihm hin sich cinordnen. Es gibt kein Gesetz, das einem Stand eine besondere Eselsbrücke baut. Alle haben sie aus eigener Kraft das Joch der Bewährung zu durchschreiten. So auch der Buchhandel. Die Untauglichen seines Standes werden zugrundc- gehcn: Opfer am Rande des neuen Ausbruches. Die sich an äußer liche Mittel und Mittelchen klammern, werden mit diesen scheitern. Die aber »Gleichschaltung« welcher Art auch immer nicht nötig haben, weil sie vom Grunde ihres Daseins und Handelns her stets schon »deutsch gerichtet« waren, die sehen vor sich die große und besondere buchhändlerische Be rufung am deutschen Neubau, dienen ihr vorbehaltlos und ivcrden einst auch mit die Ernte eintragen, für deren Frucht — noch unter Opfern — heute Saat auSzustreucn Ausgabe aller ist. Auf eine Hilfsaktion für das deutsche Buch in der Weise etwa, wie die Regierung sie zur Rettung der Landwirtschaft unternom men hat, kann der Buchhandel nicht warten. Er muß von sich aus und gründlich beginnen, selber Hilfe und neue Möglichkeiten zu schaffen. Das Entscheidende muß vom einzelnen selbst aus geschehen, im positiven Zusammenwirken des Verlags, des Sortiments und der Gehilfenschaft, in der Verbunden heit einer wirklichen Kameradschaft anstatt des früheren Durch- und Gegeneinanders. Auf einen alle verbindenden Dienst am Buche kommt es an. Wo dieser gesichert ist, wo an Stelle des Händlerischen mit irgend etwas der verantwortliche Einsatz sür ge prüfte und sür gut befundene Werte sich dokumentiert, da aller dings kann dann und sollte zum Auftakt des Herbst- und Weih nachtsgeschäftes im frühen Herbst (möglichst in der zweiten Hälfte des Monats September) die Reichsregierung in Verbindung mit allen Ländcrregierungen, das Reichspropagandaministcrium ge meinsam mit sämtlichen Kultusministerien sowie dem Buchhändler- Börsenverein und allen kulturellen Organisationen im neuen Deut schen Reiche den festen Grundstein legen für einen neuen gesunden und lebensfrohen, der großen Zukunft des Volkes dienenden Buchhandel durch einen kühnen und umfassenden Werbe feldzug für das bewährte gute Buch, d. h. für alles das, was aus dem deutschen Schrifttum der letzten vierzig bis fünfzig Jahre Gehalt und Bedeutung für die kommende Zeit besitzt und eben wegen des vielfältigen Versagens der gewesenen Epoche noch nicht zur vollen Wirkung durchzudringcn vermochte. Großes und Herrliches wäre da möglich. Jeder einzelne Buchhändler und Bücherkäufer kann persönlich aufgcrufen werden, selber mitzuentdecken, mitzuhelfen, vergessene und verschüttete Werte neu ans Tageslicht zu heben. Es sollten die Buchhandlungen der einzelnen Landschaften und Städte einen Wettbewerb eingchen, wer die kühnste und fruchtbarste Entdeckerarbeit zu leisten imstande ist. — Staunen und Wundern wird manchem überkommen, wenn er nur z. B. dasJahrzchntewerk der alten Verlags- Produktion Eugen Diederichs' näher betrachtet. Die Thulesammmlung, die Märchenreihe, die Romantikerwerke, die Deutsche Volkheit, Paul de Lagarde und viele, viele andere Bände: jeder einzelne bekundet sich als Wegbereiter dessen, was nun in Glauben und Hoffen in Deutschland aufgebrochen ist und Wege zu lange vorher geschautem Ziele auftut. Die Kriegsgeneration er innert sich noch sehr genau, daß alle diese Werte sie schon einmal entdeckt und besessen hat. Dankbar gedenkt sie der Feldpostauswahl- hestchcn, die Eugen Diederichs aus den reichen Vorräten des Ver lages genommen und hunderttausendfach in die Gräben und Unter stände hat wandern lassen, gewichtige Teile des geistigen Schutz- Walles um das bedrohte Reich. Wer aber im breiten Volke, wer unten den heutigen Jungen weiß um diesen Schatz lebendiger deut-
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