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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.09.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1933-09-05
- Erscheinungsdatum
- 05.09.1933
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- Deutsch
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8 um abzuschnallen. Vielleicht hatte ich sie ein we nig zu fest gehalten. Mil Willen war es ja nicht geschehen, aber cs war mir, als ob sie mich mit ihren Händen in dem feinen Leder von sich ge schoben hätte. Das war nun so gut wie ein Befehl. Aber wir hatten noch leine fünf Schritte gemacht, als ein schmucker Unteroffizier, ein Sergeant, neben uns auftauchte, und meine Partnerin einen frohen Ruf aussticß. Ohne weiteres ließ sie mich stehen und glitt ihm zu, als ob er ein Magnet und sie ein Eisenfcilspan gewesen wäre, so still und schnell ging das. Sie wechselten ein paar Sätze mit einander. Darauf sagte sie mir: „Danke schön!" lind nickte mir freundlich und erlöst zu. Der Ser geant legte die Hand im weißen Handschuh an den Mützenschild. Und dann hatte ich im wahren Sinn des Wortes das Nachsehen. Seltsam, auf einmal ging das mit ihr wie auf Schienen; es war ein wahres Wunder. Hatte ich sie denn so schlecht ge führt? Ich begriff eö gar nicht. Schließlich sagte ich mir aber, daß sie das alles bei mir gelernt hatte, und daß eö jetzt durch die Liebe gelöst und in Schwung gebracht wurde. Eine Zeitlang strich ich dem neuen Paar ziellos nach. Eö war jetzt lange nicht mehr so hübsch auf der Eisbahn, obwohl das Abendrot und der Schein von dem roten Mondbrand wunderbar auf allen Gestalten spielten und auf dem Eis schwammen. Der Himmel über dem roten Horizont wurde vor nehm und frostig grau, wie ich es manchmal an sehr feinen Damenmänteln sab, und erst über dem Grau schlug es in ein gebrochenes Violett und dann in Blau um, das bis zum Zenit noch immer blauer wurde. Aber alles zusammen sab bitter kalt aus. Nur auf der Eisbahn wurde es jetzt immer noch lustiger und lauter. Am Rand stand ein Kastanienröster; wenn man dort vorbei kam, so hörte man die Maronen in seiner Pfanne knallen, und durch die Löcher seines Blechosens starrte die rote Glut dem roten Mond entgegen. Wenn jetzt einer eine Zigarette ansteckte, so sab man die rotgelbe Flamme weithin. Es wurde schon gekreischt, und alles ging immer schneller und bedenkenloser zweigesellig zu. Wer jetzt noch allein war, der batte nichts mehr zu erwarten. Ich zir kelte eine Weile einsam herum, traf zwei- oder dreimal meine Partnerin mit dem Sergeanten, dem ich wünschte, daß er der Länge nach auf die Nase schlagen möchte, und ging dann abschnallen. Zum Trotz setzte ich mich noch in die Kaffeestube, die beim Eisplatz betrieben wurde, und bestellte nur, was mein Herz sich wünschte, Kaffee und Schmalzgebackenes, und dazu drehte ich mir eine Zigarette aus französischem Tabak und Iobpapier; das tat ich sogar sehr ausführlich und umständlich, damit es möglichst viele Leute bemerken sollten; ich hielt es für außerordentlich echt u:id welt männisch, und ich nahm an, daß eö andern ebenso imponierte, wie es mir imponiert hatte. In den zwei Stuben war es höllisch heiß, da zwei Ofen darin brannten, und es herrschte von den warm ge laufenen Körpern und dem Tabakrauch eine Luft, als ob man in einem feuchten warmen Schwamm steckte. Ich ging erst als einer der Letzten weg. Aber das Abenteuer mit der schönen Schlitt- schuhstümpcrin ging mir nachdrücklicher ins Blut, als das ganze Theater der kleinen Elsbeth, und ich schlief diese Nacht unruhig und voll von stillem Haß gegen meinen biervollen Beischläfer. Ich war sogar niederträchtig und kniff ihn ein paarmal tüchtig ins Fleisch, weil er schnarchte. Als das nicht besserte, stand ich auf und goß ihm kaltes Wasser in den offenen Mund, daß er spuckte wie ein Walfisch; dabei war eö so kalt, daß die Wassersäule beinahe in der Lust gefror. Ich batte aber nur mich selber geschädigt, denn alles kam auf meine Kissenbälfte nieder. Da riß ich ihm wütend das ganze Kissen weg, drehte cS um und behielt es für mich. Als ich aber verärgert mit der Wange das kühle Weiche berührte, fubr mir mein Abenteuer so deutlich ins Geblüt, daß auf einen Moment die ganze Kammer davon voll war wie von einem duftenden Rosenschein. Still er schüttert schloß ich die Augen, und im weitern stand ich geduldig aus, was cS auSzusteben gab. Aber es war ein ganzer voller Schuß Sehnsucht und Unglück und wortloses Verlangen nach un bekannten und unaussprechlichen Dingen. Es ging mir schlecht, und ich fühlte mich zugleich wie be zaubert, und ich schlief heute nicht in einem halben Stall ein, sondern in einem luftigen Gewölk auf schneller, wcitschauender Licbeöfabrt. Durch den Rest der Nackt träumte ich von Unteroffizieren, und als ich erwachte, batte ich eine Hicke auf das Militär und ganz besonders auf die Sergeanten.
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