über die Deutschen gedichtet hatte, indem er in einem Gedichte, halb rührend mitleidig und halb feurig entrüstet, den Deutschen die Fähigkeit ab gesprochen hatte, in universaler Weise sich Welt geltung und Weltraum zu verschaffen: Spottet ja nicht des lindes, wenn es mit Peitsch und Sporn auf dem Roste von Holz mutig und groß sich dünkt. Denn, Ihr Deutschen, auch Ihr seid Tatenarm und gedankenvoll. Loy hatte genug über die besonderen Tugenden der Deutschen und über die besonderen Fehler der Deutschen nachgcdacht, um zu wissen, daß die wesentliche Tragödie Deutschlands darin be stand, daß die Deutschen das Übermaß an Geist und Tugend, das sie besaßen, nicht in Einklang hatten bringen können mit ihrem Talent, einen richtigen Staat zu bauen. Diese Tragödie ging durch die Jahrhunderte hindurch. Und durch die sen Zwiespalt hatte die Mission, die Deutschland wie jede Nation von Stolz und Bedeutung besaß, niemals auf die Dauer ihren vollgültigen Aus druck erhalten. Hingegen hatte die Mission, welche andere Völker wie etwa die Franzosen, die Engländer, die Italiener in ihrem nationalen Charakter be saßen, sich längst schon klar in der Geschichte dieser Nationen ausgedrückt, ja diese Nationen waren bereits durch die ihnen innewohnende und sichtbar gewordene Mission geprägt, erfüllt, zum Teil da tier verbraucht und für große Aufgaben der Ge schichte nicht mehr in vollem Maße interessant. Die Mission der deutschen Raste aber war, von wunderbarem, kurzem Aufblühen abgesehen, immer verdeckt geblieben durch die noch nicht ge lungene Vereinigung der beiden Hauptzüge, wel che das besonders Deutsche ausmachen — den Hang der Deutschen zur Macht und den Hang der Deutschen zum Geist. Irgend ein seltsames Spiel der Vorsehung batte es immer und immer wieder verhindert, daß diese Vereinigung, die einmal kommen mußte, sich bereits stet und dauernd batte vollziehen können. Aber hier — in diesem Reich, unter diesem Mann, in der Gestalt dieses Imperators, in der Fülle der geistpolitischen Figur des Zweiten Fried rich — hier haue sich die Mission der Deutschen einmal offenbart. Und Loy war es, als ob ihn vor der Fülle dieser Harmonie etwas wie ein Wunder anrühre und als ob der Traum von Deutschland, den er wie jeder gute Deutsche in sich trug, ihm hier in einer Körperlichkeit und Wahrheit entge gentrete, wie er es kaum zu ahnen gewagt hätte. Er sah vor diesem Sarkophag die Encrgien- Menge, die das deutsche Volk in ungeheurem Maße während seiner ganzen Geschichte durch wogte, die Energicn-Menge, die niemals nachge lassen, aber kaum je Ausdruck gefunden hatte... wie in einem Panzer gestaut, er sah die Energicn- Menge, die Deutschlands Körper durchfloß, mit fast hellsichtiger Klarheit und er sah, daß diese Energicn-Menge vom Lauf der Geschichte noch kaum berührt und nicht im geringsten ver braucht war. Damals, als Friedrich der Zweite das Reich über das Mittclmeer ausgedehnt hatte, als Zypern, Malta, Sardinien, Jerusalem, Marokko, Ungarn, England, Tunis, Sizilien, Antiochia, Syrien, die Provence, die Balearen, ja selbst Bu- zan; sich vor der deutschen Kaiserkrone neigten.. . damals suchte der Energienftrom des deutschen Wesens sich zu entfalten in einem Reich, das die Welt umfaßte — aber nicht im Sinne der Ty rannei, sondern im Bilde der Vermählung allel- großen Kräfte des geistigen Deutschtums mit allen Gewalten und Kräften, welche die südliche Welt besaß. Das Imperium der Deutschen unter Friedrich war kein Imperium der Gewalt, sondern ein Reich, das von den Gesetzen des Geistes geleitet war und das die Kraft seiner Machtfülle diesen Ideen in seltsamer Gleichung binzugesügt batte. Dies war, auch wenn der Ausgang höllisch war, ein Glanz- und Höhepunkt ohnegleichen und eine nationale Entfaltung der edelsten und harmonisch sten Art. Und gerade weil diese Epoche so kurz war, erschien das Kraftreservoir, das Deutschland noch besaß, Loy jetzt selten unerlöst, vielfältig und stark. Dies schien ibm für Deutschland eine Zukunft zu bedeuten, die vielleicht erst nach dem Abglcitcn der anderen großen Mächte in Erscheinung treten würde. Denn Sinn hatte alles in der Geschichte — auch die Verzögerung. Natürlich — die Geschichte wiederholte sich ja nie in den gleichen Formen . .. und Loy machte