sich wenig Gedanken darüber, in welcher Art die Glückssiunde für Deutschland einmal wieder schla gen müßte. Es war ihm sogar einerlei, denn das alles war ja unabhängig von seinen Wünschen und von seinem Denken. Aber er wußte, daß es natürlich nicht wieder so sein würde, daß ein Jüngling aus Sizilien an den Rhein floh und vom Rhein aus mit einer Handvoll Kavallerie fremde Länder eroberte und das eroberte Land dann mit einer gewaltigen Zentralkrast zusam menzog und mit Geist verwaltete. Das heißt — Loy sah das kommende große Reich der Deutschen keineswegs als ein Eroberer-Reich der Art, wie es in den Gesetzmäßigkeiten des Mittelalters ge legen hatte. Aber er war sicher, daß das Reich der Deut schen, wenn seine Glücksstunde schlug und wenn es wieder die Höhe wahrer Größe erreichen sollte, unbedingt mit einer Idee der Welterlösung ver bunden sein würde... genau wie das Reich des Zweiten Friedrich von dem Ideal der Weltcrlö- sung durchdrungen war. Denn Loy war überzeugt davon, daß nicht die Massen allein die Welt regieren könnten und auch nicht allein die reine Macht, sondern daß beide sich — und im Falle Deutschlands besonders — den geistigen Kräften und den geistigen Ideen zu fügen hatten, welche die Mission einer Nation enthüllen und zur Entfaltung bringen konnten. Was denn anderes als gerade das Bewußtsein von ihrer Weltaufgabe hatte denn auch schließlich alle großen Nationen, welche die Insel Sizilien überwandert hatten, zu solch phantastischer Blüte gebracht? Loy dachte daran, daß es nur eine Handvoll Griechen gewesen waren, die in der antiken Zeit den Küstcnraum Siziliens kolonisiert batten. Es konnte nur eine verschwindend kleine Menge grie chischer Männer gewesen sein, denn Griechenland war ein kleines, dünn bevölkertes und armes Land. Aber diese paar tausend Griechen hatten das Land überschwemmt mit ihrem Geist, sie batten es durchdrungen mit ibren Gedanken und Ideen, sie batten die Urbevölkerung einfach verändert — und batten dadurch gewaltige Reiche wie Sy rakus, Gela und Agrigent geschaffen und herrliche Tempel an die Küste, Afrika gegenüber, gestellt. lind diese geistige Eroberung der fremdblüti- gen Masten aus der Insel war so blitzhasl und so tiefgründig vor sich gegangen wie eine Infektion ... die Masten waren Hellenen geworden, ehe sie richtig griechisch verstanden, und schon nach wenigen Generationen waren die Hauptvertreter des griechischen Genius in der Welt, Männer wie Dionys und andere große Tyrannen, gar keine ge borenen Griechen, sondern Männer, die aus der hellenisierten Urbevölkerung gekommen waren. Wenn Loy bedachte, welches Weltgebäude von Griechengeist auf Sizilien aufgebaut worden war, und wenn er hingegen an die paar tausend Män ner dachte, die das geschaffen hatten, dann stand er ergriffen und überwältigt von der Macht der geistigen Ideen, die sich durch wenige Männer genau so gut wie durch viele Männer äußern konnte. Und wenn Loy an den phantastischen Zug der drei- oder vierhundert Wikinger-Enkel dachte, die aus der frisch eroberten Normandie nach Süd italien hinuntergerittcn waren in die alten Longo- bardenfürstentümer am Golf von Neapel und Salerno, so empfand er dasselbe. Denn diese paar hundert Skandinaven hatten wie der Blitz das allmächtige mit großen Reser ven versehene Araberreich Siziliens zertrümmerr und sofort die Völker Afrikas und Asiens in Schach gehalten und das alte byzantinische Kai serreich ebenso wie die Macht des Papstes und der deutschen Kaiser bedroht. Und wenn Loy sich die kurze Spanne Zeit über legte, welche die Normannen-Ritter hierzu ge braucht hatten und wenn er den mit Geist und Schönheit angefüllten und mit Kirchen und Schlössern übersäten Staat der Normannen be dachte ... so stand er ebenso staunend und respekt voll davor wie vor dem Reich der antiken Grie chen. Wenn aber Loy in Gedanken die Geschichte von den antiken Griechenreichen über die Nor mannenstaaten weitersührte bis zu dem Sarko phag deö Kaisers, vor dem er stand, so empfand er auch aus diesem Gedankenwege die ungeheure Vollendung, welche diesem Kaiser bestimmt ge wesen war, der ja nicht nur Deutschlands Mission dargeftellt batte, sondern im Rahmen dieser Mis sion auch die Erinnerung an das griechische Reich wieder beraufgefübrt und diese Erinnerung mit