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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.09.1933
- Strukturtyp
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- 1933-09-05
- Erscheinungsdatum
- 05.09.1933
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- Deutsch
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26 verschiebt und den Atem raubt: sondern eö ist das sehende Mitleid, das dem OberlandeSgerichtSrat Haushofer im Salzburger Gafthof „Traube" erschienen ist. Da behält man den Atem und kann trinken und flehentlich dabei wünschen: Prosit! Sie sitzen und trinken, und es lut ihr gut und sie fühlt die Wärme, die sie umgibt. Eö ist so schön, fühlt sie. Dazusitzen und in einer solchen Liebe geborgen zu sein. Herrlich geht's mir! denkt sie, ich hab's gut. Da werden die Forellen ge bracht, lachend läßt sie sich die größere gefallen, die er ihr auf den Teller legt, im Fischmaul steckt ein Zettelchen mit dem Preis — ja, Mahlzeit, das entfernt er vorher, damit sie'ö nicht lesen und sich dadurch den Appetit verderben kann. Wun derbar geht's ihr und sie greift zu und findet, daß es ihr schmeckt, der ganz richtige Appetit ist es freilich nicht, aber Forellen sind ein so köstliches Gericht, das muß einem ja schmecken. Mitten im Esten zögert sie, der Schmerz ist nicht stärker ge worden, das nicht. Doch während sie mit dem Fischmesser das harte weiße Augenkügelchen der Forelle an den Tellerrand schiebt, schneidet ihr etwas zwischen die Augen, kein Schmerz, ein Ge danke. Morgen? denkt sie. Und legt das Messer bin, eS klirrt. „Schmeckt's dir nicht mehr? Was bast du?" fragt er sofort, der Mann ist rührend! „Aber gar nichts! Natürlich schmeckt's mir!" gibt sie zur Antwort, „ich mach' nur eine kleine Pause, damit ich länger Hab'. Und du? Du ißt ja nicht?" Wie er sie anschaut! Die kleine Pause ist vorbei, der Schnitt zwischen den Augen ist vorbei, was liegt denn auch weiter daran? Ein bißchen Angst vor morgen. Oh, das kennt sie seit langem, heute ist ja Sonntag, und morgen Montag. Es ist gar nichts Neues, ganz einfach die alte Angst vorm Montag ift's, die sie nie hat unterdrücken können, wenn es Sonntag abend wurde. Denn Sonntag abend ruht die Hauswirtschaft, da wird nicht ge kocht und manchmal wird sogar in einem Brau haus zu abend gespeist (nachher ist man noch ins Cafe Lohr gegangen), ein wirtschaftssreier Abend ist das, kein Speisezettel zu machen, für nichts zu sorgen, man war selber ein Gast, am Sonntag abend. Und immer um diese Stunde hatte ihr der Bisten schlecht geschmeckt, bei dem sie an morgen, an den Montag dachte. Nichts Neues! denkt sie, weiter speisend, trotzdem könnte ich's ihm nichl er klären, was ich habe, dazu müßte er eine Haus frau sein. Das kann, denkt sie, nur eine Hausfrau verstehen, daß man am Sonntag abend, mitten im besten Bisten, ein bißchen Angst bekommt, weil morgen wieder der Montag und die Pflichl- woche anfängt — sie fängt ja gar nicht an! denkt sie weiter, da spürt sie sofort den Schnitt zwischen den Augen, doch eS ist kein Schmerz dabei. Die Woche fängt nur an, denkt sie. Sie hört aber nicht auf. Eö tut ihr nicht mehr weh, das zu den ken, sie trinkt, sie fühlt die Wärme, sie trinkt. „Unter der Woche" habe ich frei, fällt ihr ein, sic muß plötzlich lachen. „Was lachst denn, Linerl?" fragt er, und eö ist ihm anzusehen, wie ihn das freut, daß sie lacht. Ja, Mahlzeit, sie wird sicl, hübsch hüten, ihm zu sagen, daß sie deswegen hat lachen müssen, weil ihr das so angenehm komisch vorkommt, dieser Einfall, daß sie „unter der Woche" frei hat! Trotzdem ist es so, es ist faktisch so, sie geht auf Reisen, mitten in der Woche, auf Ferien geht sie! Trinkend fühlt sie die Wärme. „Trinkst du nicht zu schnell?" fragt er, „bist es eigentlich nicht gewöhnt!" Allerdings! Allerdings nicht! Doch einmal ist keinmal, heute trinkt sic sich ausnahmsweise einen Schwips an, die alte Säuferin Frau Pauline Haushofer! Sie fühlt sich ja so wohl dabei, das Notfallpulver hat ihr geholfen, der Wein hat ihr geholfen, des Mannes Gutheit hat ihr geholfen, wundervoll geht's ihr, prost! Mehr als zwei drei Gläser hat sie nie ver tragen können, und auch jetzt hat sie erst zwei einhalb getrunken, prost, sie muß lachen. Sic muß riesig lachen. Ihr liebes altes entzückendes Lachen ist es, findet er und empfindet es wie eine Be- lobnung für ihn, daß sie lacht! Da hat er sie also doch zum Lachen gebracht, no also, da sieht man! Und der kaltgewordene Forellenbisten, den er schon eine Weile auf der Gabel hält, fängt ihm im voraus zu schmecken an... auch er trinkt, bringen Sie noch Wein — was, Linerl, das ist ein Wein! Natürlich ist das ein Wein, und eS ist eine glän zende Idee, ordentlich davon zu trinken. Aus einem Lachen kommt sie ins andere, einfach über alles lacht sie, die alte Lacherin Frau Paulinc Haushofer — „so kenn' ich dich wieder, Linerl!" anerkennt er begeistert. Also ist eö doch dafür ge standen, also hat er's doch nicht falsch gemacht mit
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