Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1921

>i! 63, 16, März 1921, Redaktioneller Teil, der Messe entgegenbringt, scheint demnach ungetrübt weiter zu bestehen. Im Mittelpunkt stand wie immer das »Bugra - Meß - Haus». In zweiter Linie kam der neuzeitlich eingerichtete Metz- Palast »Stentzlers Hof« in Frage, während aus dem Metz hause »GrotzerReiter» der Buchhandel fast gänzlich — meist nach Stentzlers Hof — abgewaudert ist, Einzelaussteller des Buchhandels finden sich autzerdem noch in verschiedenen Metz- Häusern, z, B, Bilderbücher und Jugendschriften bei Spielwaren, Neu ist die grotze Lehrmittelausstellung von K o e h 1 e r L B o l ck - mar, die im Hause Petersstratze 18 nicht weniger als vier Stock werke in Anspruch nimmt. Auf sie werden wir noch zurück- kommen. Die Beteiligung an der Bugramesse im Vergleich zur vorjährigen Frühjahrsmesse möge aus der nachstehenden Sta tistik ersehen werden. Daneben werden erstmalig die Beteili- gungsztffern aus »Stentzlers Hof» (St,), dem »Großen Reiter» (R,) und Wunderlichs Buchausstellung in der W indmühleustratze (W,>, gestellt, sodatz, abgesehen von den wenigen in anderen Metzhäusern vertretenen Buchhändlern, die Gesamt beteiligung des Buchhandels an der Frühjahrsmesse deutlicher erkennbar wird. Frühjahrsmesse 1921 1921 Zusammen 1920 (Bugra) (Bugra) St, R, W, Frühjahr 1921 Berlin 33 37 22 59 Firmen Leipzig 52 62 20 82 „ München 9 11 13 24 Stuttgart 4 4 4 8 Wien 2 3 1 4 „ Übrige Verlagsorte 25 24 31 55 „ Summe 125 141 91 232 Firmen Demnach scheint die Neigung der Verleger, sich an der Messe zu beteiligen, noch im Wachsen zu sein. In langsamer Zunahme begriffen ist auch die Beteiligung des süddeutschen Buchhandels, Gegenüber der vorjährigen Herbstmesse, die eine stärkere Beteiligung des Wiener Buchhandels (in Wunderlichs Buchausstellung) brachte, ist ein begreiflicher Abgang öster reichischer Firmen zu verzeichnen. Infolge der Valutaverhält nisse sind die Kosten der Teilnahme fast unerschwinglich gewor den, wenn auch die österreichisch« Erzeugung jetzt in Deutschland billiger eingckauft werden kann als die eigene. Abgesehen von einzelnen schweizerischen Firmen war das Ausland unter den Ausstellern nicht vertreten. Selbst wenn die Valutaverhältnisse einen solchen Verkehr gestatten würden, stände ihm doch die grotze Raumnot in Leipzig entgegen. . Das Bild im Bugra-Metzhause war das gewohnte. In deko- rativer Beziehung waren wieder einige Fortschritte zu ver zeichnen, Es zeigte sich, daß es auch beim Buche möglich ist, das Zweckmäßige mit deni Schönen zu vereinigen. Unstreitig wirkte die im 3, und 4, Geschoß untergebrachte Reklamemesse mit ihren z. T, vorbildlichen Dekorationen (W e r b e d i e nst, C, G, Naumann u, a.) sehr anregend aus den Buchhandel, In Stentzlers Hof, wo die eigentlichen Buchhandelsfirmen vor zugsweise im Lichthofsaale des Erdgeschosses untergebracht sind, fand man ebenfalls viele geschmackvolle und gut beschriftete Ver- kaufsstände. Dort unterhält übrigens die Firma Georg Müller Verlag in München auch eine ständige Ausstel lung, Sehr sehenswert ist die im gleichen Metzhause unterge brachte Kollektiv-Ausstellung der Süddeutschen Graphi schen Kunst G. m, b, H,, die das ganze fünfte Stockwerk ein nimmt und im Rahmen dieses lichtdurchfluteten und modern ausgestatteten Raumes vorzüglich zur Geltung kommt. Beteiligt sind etwa 30 Firmen, von denen ein großer Teil (z, B, Callweh und Bruckmann in München, Greiner L Pfeiffer in Stuttgart) zu den altangesehensten des Buchhandels gehört. Dekorativ recht gut wirkte auch Wunderlichs B uch au s ste l l un g in der Windmühleustratze, die leider infolge ihrer etwas abseitigen Lage nicht die erforderliche Beachtung zu finden scheint. Das erstmalige Auftreten der L eh r m i tt e l a bte i lun g Koe li ier L Volckmar auf der Mustermesse läht an Großzügigkeit nichts zu wünschen übrig. In den vier Stockwerken des Hauses Petersstratze 18, also in unmittelbarer Nähe der Bugra-Messe ist eine bemerkenswerte, in die Abteilungen Ausstattungs-Gegen stände für Schulräume — Kindergartenunterricht — Handfertig keitsunterricht — Erster Anschauungsunterricht — Religion und biblische Erdkunde — Lesen und Schreiben — Elementares Rech nen und Formenlehre — Mathematik — Literaturgeschichte; Sprachunterricht --- Geographie — Geschichte — Anthropologie; Experimentelle Psychologie; Hygiene; Mikroskopie — Zoologie — Botanik — Mineralogie, Geologie und Paläontologie — i Physik und Chemie — Technologie — Bürgerkunde — Land- ! Wirtschaft — Zeichnen — Weibliche Handarbeiten und Haus chaltungsunterricht — Turnen — Gesang und Musik — Lehr mittel für Hilfsschulen — Spiele — sorgfältig gegliederte Son- derschau eröffnet worden, di« sich aller Voraussicht nach schnell die Beachtung der Metzbesucher, auch der nicht direkt interes sierten, zu sichern wissen wird. Dort finden sich auch die von K, F, Koehlers Antiquarium zusammengestellten und ebenso zweckmäßig wie eigenartig katalogisierten Volks«, Arbeiter- und Angestellten-Büchereien für Industrie, Handel und Landwirt schaft, in eigens dazu gefertigten Schränken mit Rollverschlutz, Im obersten Stockwerk werden interessante Lehrfilme, z. B, das Aufblühen einer Blume, das Wachsen der Pflanzen, die Be wegungen des Pferdes, vorgeführt. Die Ausstellung ist eine ständige, kann also auch außerhalb der Meßzeiten in Anspruch genommen werden. Hier bietet sich auch den in Leipzig tagen den Fachkongressen eine besondere Sehenswürdigkeit. Eine Mustereinrichtung für den Schnittmusterverkauf — ein Zweig, dessen Angliederung für manche nicht vollbeschäftigten Sorti menter in Frage kommen dürfte — hatte die Firma Vobach L Eo, im Meßpalast »Schweizerhaus» (Nikolaistratze) ausge stellt, Auf weitere Einzelausstellungen, wie sie in den verschie denen Meßpalästen, z, T, auch in den eigenen Geschäftshäusern veranstaltet wurden, einzugehen, verbietet der Mangel an Raum, Einer erstmaligen Ausstellung von Liebhaber- und Luxusaus gaben der Firma Josef Singer in den eigenen Geschäfts räumen im Jndustriepalast (Brandenburgerstraße) sei noch ge dacht, Nicht unerwähnt soll ferner bleiben, daß die Mehrzahl der Leipziger Sortimentsbuchhandlungen größere Sorgfalt auf die Ausstattung ihrer Schaufenster gelegt hatte, wenn auch außer ordentliche oder besonders auffallende Dekorationen fehlten. Hier verdient die Firma AlfredLorentz mit ihrer geschmackvollen Auslage »Das schöne Buch« genannt zu werden. Für viele Meßbesucher aus dem Buchhandel mag es von Interesse gewesen sein, das Auge hier und da etwas weiter über den engeren Beruf hinausschweifen zu lassen. In erster Linie kommen di« etwa 200 Firmen der anderen buchgewerblichen Zweige, wie Buchbindereien, Schriftgießereien, Hersteller von Bucheinbandstoffen, Vorsatzpapieren, Druckfarben, buchgewerb lichen Materialien und Maschinen und die verschiedenen Buch- und Steindruckereien, im Bugra-Metzhause in Frag«, Darüber hinaus verdienten einige neue Metzpaläste anderer Branchen einen Besuch, so z. B, das österreichische Haus, das Haus der Tschecho slowakei, das Schweizerhaus und das neue Haus der Tabak messe in der Gottschedstraße. Einzelne dort befindliche Ausstel lungsstände von Zigarettenfabriken sind Meisterwerke moderner Reklame- und Tckorationskunst. Der »Clou» der diesjährigen Frühjahrsmesse war aber das soeben fettiggewordene neue Meß- Haus »Concentra» in der Petersstratze, ein wahrer »Meß palast-, der, in der Zeit allergrößter Bauschwierigkciten er richtet, den Gipfel in Komfort und Eleganz eines Metzhauscs dar stellt, Hier sind alle Erfahrungen des Messewesens gesammelt und in ebenso zweckdienlicher wie dekorativ vollendeter Weise nutzbar gemacht worden. Das Haus ist errichtet und belegt von dem eine große Anzahl von Fabriken umfassenden Bing-Kon zern (Nürnberg), Ausgestellt sind Metall-, Luxus- und Ge brauchswaren, Spielwaren, Haushaltungsgegenstände usw. Die Urteile über den Geschäftsgang im Buchhandel lauten verschieden. Der Besuch durch Käufer mag darunter gelitten ha ben, daß viele Buchhändler, die an der außerordentlichen Haupt versammlung des Börsenvcretns am 13, Februar teilgenommen haben und zu Kantate wicderkommen wollen oder müssen, eine dritte Reise nach Leipzig gescheut haben. Viele Aussteller hatten nicht viel erwartet und mehr erreicht, als sie erbofft hatten. Von wirklich guten Erfolgen hörte man in vielen Ständen, Das Geschäft mit Gebrauchsliteratur scheint dadurch beeinträchtigt 325