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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.03.1921
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- 1921-03-21
- Erscheinungsdatum
- 21.03.1921
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teilt? Was kostet das alles? Das Ergebnis müßte eine Bureau« kralisierung des Buchhandels und eine Günstlings« und Vettern« Wirtschaft in Autoren- und »Sachverständigen-kreisen werden, die alles bisher aus diesem Gebier Geleistete in den Schat ten stellt. Der ganze Gedankengang, der diesem Projekt zugrunde liegt, weist eine fabelhafte Ähnlichkeit mit den Pariser Beschlüssen und deren Motiven auf: den Autoren geht es schlecht (Frank reich auch); die Gesetzgebung (Entente) mutz helfen; Schuld ha ben die Buchhändler (Deutschland); der Buchhandel (Deutsch land) mutz also bezahlen; das geschieht durch eine Kultür- (Ausfuhr-)Abgabe neben dem Honorar (fester Annuität). Nun kommt aber der springende Punkt. Wenn Deutschland eine Aus- fuhrabgabe bezahlen mutz — auch wenn dies kein eigentlicher Zoll ist —, so kann es nicht genügend exportieren, also auch nicht genügend Annuitäten bezahlen. Und wenn der Buchhandel eine 107»ige Kulturabgabe erlegen soll, dann kann er nicht ge- nirgend verkaufen, also auch nicht soviel Autorenhonorar auf bringen wie jetzt! Ich denke, daß die Autoren den eben betonten Widerspruch in der Enlentesorderung anerkennen werden. Dann sollten sie aber auch den Widerspruch, der in ihren eigenen Forderungen besteht, nicht leugnen. Trotzdem versuchen sie dies, denn sie suchen zu beweisen, daß der Buchhandel sehr Wohl eine 107»ige Kulturabgabe neben seinen sonstigen Lasten (Honorar I) tragen kann. Und zwar wird das bei geschützten Werken damit begründet, daß heute dem Sortimentsbuchhandel der größte Teil des Gewinnes daran zufalle, während sich Autor, Verleger und Drucker in den Rest teilen müßten. Unter den bestehenden Wirt- schaslsverhältnissen, also unter dem Prinzip der freien Kon kurrenz (im Gegensatz zum sozialistisch organisierten Staat), er hält bekanntlich derjenige den Hauptanteil am Verdienst, der der wirtschaftlich Stärkere ist. Nach der Logik der Autoren wäre also von den beiden Parteien, Sortimenter einerseits, Verleger nebst Autor und Drucker andererseits, der Sortimenter der wirt schaftlich Stärkere. Ich glaube nicht, daß diese Behauptung in anderen als Schriftstellerkreisen mehr als ein Lächeln erregen wird! Der Berichterstatter des Reichswirtschaftsrats-Aus- schusses tut den Sortimentern durch diese Äußerung wirklich mehr Ehre an, als sie je in den kühnsten Träumen zu hassen wagten. Gerade das Gegenteil behauptet nun aber derselbe Bericht erstatter, sobald er auf nicht mehr geschützte Werke zu sprechen kommt. Hier soll cs der Unternehmer (d. h. für Werke der Literatur: der Verleger) sein, der die Gewinne einheimst, anstatt sie — nach 30 Jahren! — den Erben des Autors oder der Allgemeinheit zuzuführen. Eine nähere Begründung für diesen Widerspruch, wonach einmal der Verleger, das andere Mal der Sortimenter der Hauptverdiener, also der wirtschaftlich Stärkere sein soll, ist aus den Presseberichten nicht ersichtlich. Di« sehr wichtige Tatsache der freien Konkurrenz ist auch hier außer acht gelassen. Wenn eine ganze Anzahl von Verlegern einen freigewordenen Autor herausbringt und sich Konkurrenz um den Absatz macht — wie sollen denn da besonders große Ge winne entstehen, die eine Sondersteuer von 10°/« vertragen können?! Rach den im Vorstehenden gegebenen Proben Wirtschaft-! lichen Scharfblicks auf seiten des Berichterstatters vr. Rösch im besagten Ausschuß darf man gespannt sein auf die Vorschläge über eine »Reform des Sortimentsbuchhandels«, die er im In teresse der Kulturabgabe für nötig hält. Werden diese Reform vorschläge auch nach Versailler Rezept gemacht: gleichzeitig die! Henne schlachten und goldene Eier von ihr haben wollen? Die Verhältnisse im Gefamtbuchhandel, Verlag und Sorti ment, scheinen mir denn doch wesentlich anders zu liegen, als sie sich im Kopfe des Herrn vr. Rösch darstcllen. Ich habe im Bbl. Nr. 61 nachzuweisen versucht, wie sich die Preisgestal tung im Buchhandel vollzogen hat, und wie die Preise nur mit größter Mühe und Einschränkung auf einem tieferen Niveau ! zu erhalten waren als dem der allgemeinen Lebenshaltung?-! kosten. Die Konsequenz daraus ist für den Sortimenter mit cmem Satze zu ziehen. Sein Umsatz hat sich aus das 6—7sache, sein Rohgewinn auf das 6—7fache plus 11"/« (insolge des Zu schlags) erhöht, seine Generalunkosten (und das »Soll« seines eigenen Bedarfs!) aber haben sich, entsprechend der allge meinen Verteuerung, aus das lüfache gesteigert. Mithin ist sein Reingewinn relativ kleiner als im Frieden, bleibt also erheblich hinter dem »Solleinlommen» zurück. Für den Verlagsbuch- handel stellt sich die Sache ähnlich; ich verweise aus die Aus führungen von Herrn Geheimrat Siegismund über -Papier- und Bllcherpreis« im Bbl. Nr. 36, besonders Seite 175 unten. Das Resultat ist also, daß die Lage des Gesamtbuchhandels alles andere als rosig ist. Wäre es anders, so würde man nicht Zeit, Kraft und Geld an die schwierigen Kämpfe zwischen Ver lag und Sortiment verwenden, die in der Hauptversammlung vom 13. Februar ihren weithin sichtbaren Ausdruck gesunden haben. Hieraus ergibt sich aber die klare Erkenntnis, daß der Buch handel eine Sondersteuer von 107» nicht tragen kann, sondern gezwungen sein wird, sie abzuwälzen. Und das bedeutet eine Verteuerung der Bücher um 107° Plus aller Spesen, die sich aus der besonderen, mit dieser Steuer verbundenen Arbeit ergeben. In dem Moment also, wo der Buchhandel auf das eifrigste be müht ist, von sich aus eine Verbilligung der Bücher zu er reichen, um den Absatz und damit die Kultur zu heben — in diesem Moment sollen seine ganzen Anstrengungen zunichte ge macht werden zur vermeintlichen Förderung der Kultur. Es mutz notgedrungen sein Eifer erlahmen, wenn er sieht, wie durch derartig gewaltsame Eingriffe der Gesetzgebung der beste Wille zuschanden wird. Statt Verbilligung der Bücher würde eine Verteuerung erreicht, statt Vermehrung des Absatzes eine Ver minderung, statt Förderung der Kultur eine Hemmung — ohne daß die ersehnten Ziele der Autoren sich verwirklichten. Wahr scheinlich würde der Reinertrag der 107>ig«n Kulturabgabe nach .Abzug aller Erhebungs-, Verwaltung?- und Verteilungskosten ^ sogar noch Übertrossen werden durch die Schädigung an Honorar, die infolge obiger Gründe eintrelen würde. Darum: Hände weg! Das Buch verträgt keine Sondersteuer. Soweit bewegten sich meine Gedanken in negativer Rich tung, doch sei mir ein kurzes Wort ins Positive hinein gestattet. Die Notlage vieler Autoren leugne ich in keiner Weise. Beson ders von wissenschaftlichen Schnflstellern sind mir Fälle bekannt, in denen nur noch wahrer Idealismus zur geistigen Produktion anregen kann. Zur Abhilfe scheinen sich zwei Wege zu bieten. Zunächst der einer Steuer, also eines Staatszuschusses. Daß es eine Büchersteuer nicht sein darf, glaub« ich nachgewiesen zu haben. Vielleicht erscheint manchem «ine erweiterte Ver gnügungssteuer (Tanzsestlichkeiten, Nachtlokale usw.) ein gang- barer Weg. Au sich dürfte es wohl ein erwägenswerter Ge- danke sein, durch eine Sondersteuer auf Lustbarkeiten oder Ähn liches das geistige Leben zu fördern. Ich glaube aber, daß uns zurzeit auch dieser Weg verrannt ist, denn jede nur mög lich« Steuerquelle muß für Reich, Länder und Städte nutzbar gemacht weiden. Die unglaublich« öffentliche Schuldenlast ist doch eine Verschuldung eines jeden einzelnen von uns! Und die Deckung dieser Schulden durch neue Notenausgabe ist ja, wie Finanzminister Wirth kürzlich sagte, die schlimmste mittel bare Besteuerung. Hier mutz zuerst eingegrisfen, hierfür jede erdenkbare Quelle erschlossen weiden; davon hängt, ganz ma. terialistisch gesprochen, das Gedeihen eines jeden ab. Darum scheint mir dieser Weg nicht gangbar. ES bleibt für die Schriftsteller nur der Weg der Selbsthilfe, der Organisation, ein Weg, der bei uns wie auch in anderen Ländern bereits als »Gegengewicht gegen die übertriebene Ein schätzung der reinen Handarbeit« beschritten ist (Bbl. Nr. 45, S. 220). Zu einem Dorado für Autoren führt dieser Weg ge- wiß nicht, aber vielleicht kann er einiges bessern. Auch die Autoren haben ihren Anteil an der großen deutschen Not zu tragen, so gut wie der Buchhandel.
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