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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1933
- Strukturtyp
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- 1933-11-14
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1933
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- Deutsch
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X» 265, 14. November 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. ö. Dtschn Buchhandel. In doppeltem Sinn sind deshalb auch ihre Bücher, die Bücher der Frontdichter vom Krieg, ein wichtiges Vermächtnis für rille Jüngeren: Beispielgebend und verpflichtend berichten sie von der Bewährung des Mannes in Not und Gefahr und vom Opfertod der Kameraden. Noch wichtiger aber ist cs, daß aus ihnen deutlich wird, wie dieser Krieg die deutschen Menschen der Vorkriegszeit verwandelt und was er aus ihnen gemacht hat. Unter diesen Bü chern ist keines, aus dem nicht d i e Haltung spräche, die als wich tiges Erbe derer, die den Krieg getragen haben, für immer im deutschen Menschen wciterlcben und -wirken muß. (Womit freilich das Urteil gesprochen ist über die Bücher der egozentrisch-senti mentalen Wchleidigkcitsschriftsteller. Sic haben sich selbst gerichtet als unfruchtbare Selbstzcugnisse der Schwachen, Zukunftsloscn.) Kunst und Sendung des Beruscs. Nach seinem Gang durch den Krieg und nach der Überwin dung der Nachkriegszeit steht nun ein hart geprüftes deutsches Volk in der schwersten Aufgabe: der Neuordnung seines Lebens, dem Neubau seiner Zukunft. Ist es Zufall, oder ist es nicht vielmehr ein tieses Symbol, daß in der ehrwürdigen Gestalt des Staatsoberhauptes die Lcbcnswerte des vergangenen Reiches für uns lebendig geblieben, daß im Führer der deutschen Revolution die Tugenden des Frontsoldaten zur Entfaltung gekommen sind, und daß also der stürmenden Jugend alle guten Kräfte und Geister unseres Volkes Zuströmen? Kann das Gelingen zweifel haft sein, wenn wir in allen kommenden Anfechtungen uns nur selbst treu bleiben? Meine Kollegen, wir alle wissen, daß auf unserem Arbeits gebiet, dem Gebiete des Schrifttums, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schwere Fehler gemacht, folgenschwere Versäum nisse begangen wurden. Wir haben miterlebt, daß eine gefähr liche Schädigung unseres gesamten Volkslebens aus diesen Ver säumnissen entstand. Lassen Sie uns auch noch dieses, unser speziellesArbeitsgebiet rückwärts überblicken, um uns daraus klar zu werden, was in Zukunft besser gemacht werden muß. Ich glaube, das große Versäumnis, aus dem alles andere ent stand, war, daß man das gesamte Schrifttum, das Buch und damit auch den Buchhändler nicht wichtig genug nahm, daß wir vor allemuns selber nicht wichtig genug nahmen und noch weniger die Wirkungen, die außerhalb unseres Hauses durch unsere Arbeit entstanden sind. Sind wir wichtig? — Nun, die vergangenen Jahre haben einiges bewiesen. Wir sind im Krieg gescheitert an der materiellen Überlegenheit der Gegner. Daß wir beim reinen Messen der in a - teriellen Kräfte die Schwächeren sein würden, hätte man vor her wissen müssen, das konnte man sogar mathematisch berechnen. Trotzdem ist unser Volk in bester Hoffnung in den Krieg einge treten, ahnend, daß das Materielle allein nie ausschlaggebend sein kann, wenn die geistige, die seelische Kraft, die letzten Endes die mächtigere ist, sich stark genug einsetzt. Sie hat sich eingesetzt, aber sic hat nicht durchgehalten. Sie war nicht tief genug gegründet, cs zeigte sich, daß wir kein innerlich selbstbewußtes Volk waren, daß wir an uns selbst irre werden konnten. Und als wir an uns irre wurden, kam der Zusammenbruch. Man denkt jetzt, da man Buchhändler ist, mit Entsetzen rück wärts, welcher Art die Literatur war, mit der während des Krie ges unser Volk und sogar unseres Volkes Heer gefüttert, also seelisch »gestärkt« wurde. Volks- und Schützengraben-Ausgaben öder Gesellschastsromane, schwächliches Literatenwerk, erotische Extravaganzen. — Was ist, aus Unwissenheit, damals gefehlt worden! Ja, unsere Kunst, unsere Buchhändlerkunst ist wichtig, denn der seelische Gehalt des Schriftwerkes dringt mit Hilfe der be seligenden künstlerischen Form, die den Menschen aufschließt, in sein Innerstes. Die Schönheit der Sprache bewegt den Men schen, lockert den Boden, und nun wirkt der Inhalt um so stärker, weil der Leser sich das Gelesene unbewußt zu eigen macht. Seine eigenen Instinkte, die guten oder die minderwertigen, beginnen zu sprechen. Er wird gefühlsmäßig selbst zum Träger des Ge botenen, desto mehr, je weniger es ihm in belehrender Form nahegebracht wird. Und bei allen folgenden Erlebnissen klingt das dergestalt zu innerst Aufgenommene im Menschen nach und wieder an. Das Spiel der Dekadenz. Wie nun, wenn in äußerlich gekonnter Form, in einem schönen Kleid sich Lebensschädliches verbirgt und so in den Men schen gelegt wird? — Nach dem Kriege standen wir unter dem Eindruck, daß das Hergebrachte sich nicht bewährt habe. Das war zum Teil zu treffend. Eine raffinierte Propaganda aber wußte dafür zu sor gen, daß die Erscheinungen, die vielleicht in der deutschen Ent wicklung natürlich und notwendig gewesen, die zum anderen Teil aber auch durch defaitistische Propaganda schon während des Krie ges künstlich herbeigesührt worden waren, vom Volk als Beweis der völligen Unbrauchbarkeit aller bis dahin herrschenden Lebens formen, ja sogar als die Folgen persönlichen Verschuldens seiner Führer angesehen wurden. Hatte das Hergebrachte sich nicht bewährt, so mußte man nach Neuem suchen. In solchem Zustande ist ein Volk anfällig gegenüber allem, was ihm geboten wird, wenn cs nur neu ist. — Und Neues wurde geboten! Man spricht heute davon, die Gegenwart verlange, daß wir heroisch würden, daß auch die Kunst heroisch werde. Ich bin über zeugt, daß dieses deutsche Volk in seinem innersten Wesen und in seinen Grundanlagen immer heroisch war. Heroisch nicht als bom bastischen Begriff gedacht, sondern einfach als den Ausdruck des Bewußtseins und der Erkenntnis, daß jedes Leben in seiner Sehn sucht unerfüllt bleibt, daß also jedes Leben letzten Endes tragisch ist, tragisch sein muß, weil es keine Erfüllung finden darf, weder das Leben des Einzelnen noch das eines Volkes, denn fände es Erfüllung, so wäre es zu Ende mit dem Streben und mit dem Le ben, — heroisch also einfach die Erkenntnis, daß trotz dieser Tragik das Leben lebenswert ist, ja daß es ein großes Ding ist und daß es die höchstgcsteigerte Leistung des Einzelnen verlangen darf. — Auch die Kunst dieses Volkes, die ja seinem innersten Wesen ent springt, dieses Wesen für die Lebenden sinnbildlich macht, den ge heimsten Regungen seiner Seele Ausdruck gibt und seine stärksten Kräfte für das weitere Wachstum als wichtigste, seelische Nahrung weitergibt, auch die Kunst dieses Volkes kann nur heroisch sein. Das Neue, was nun kam, war weniger heroisch, es war sentimental, wehleidig, schwächlich lcbensseindlich. Überall und auf allen Gebieten wurde durch eine Kunst, die niemals die unsrige war, sondern eine fremde Kunstäußerung, höchstens noch die Stimme von ressentimenterfüllten, aber scelenschwachcn Arti sten, das heroische Lebensgesühl zersetzt, alle uns von Natur selbst verständlichen Begriffe: Rechtsempfinden, Autorität in Eltern haus, Schule und Staatsleben, Religiosität, Selbstzucht, Beschei denheit, Verantwortlichkeit des Einzelnen, — wurden fraglich ge macht, — das Leben zerstört. Denn — Freiheit, unbeschränkte Freiheit ohne Rücksicht aus die Gemeinschaft, wohin anders könnte sie führen, als zur Zerstörung des Lebens dieser Gemeinschaft. Diese Mächte trieben — ob in den einzelnen Personen be wußt oder unbewußt ist gleichgültig — ein höllisches Spiel. Die einzigen Zeitungen, die einen gutausgearbeitetcn literarischen Teil hatten, gehörten der Linken an und waren alles andere als deutsch. Deutsch war auch nicht die sich zu ihnen gesellende »Lite rarische Welt« edlen Angedenkens (nicht zu verwechseln mit dem jetzigen, von Karl Rauch auf neue geistige Grundlage gestellten Blatt). Und da die Rechtspresse nicht auf dem Posten war, da die wenigen Ausnahmen als Einzelgänger aus verlorenem Posten kämpften oder sich nur Schritt um Schritt und äußerlich wenig sichtbar durchsetzen konnten, so war Publikum und Buch handel einer einseitigen Beeinflussung unterworfen. Neue Grundsätze wurden proklamiert und in Literatenwerken dem Leser einleuchtend gemacht. Rückständig war, wer anderer Ansicht blieb, und — wer wollte rückständig sein! Die Gegen wirkung fehlte, der Erfolg konnte nicht aüsbleiben: der deutsche Leser wandte sich diesen hochgelobten Erzeugnissen zu; und, da überdies der Jude ein notorisch guter Bücherkäufer ist, so stand 865
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