Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.12.1933
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- 1933-12-28
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- 28.12.1933
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X: 360, 28. Dezember 1933. Rebatticnellcr Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. In ihren schwierigen Einzelheiten geht sie unsere Kollegen vom Ver lag an. Die Bücherkunde wird uns immer neue Schwierigkeiten machen, denn sie stellt, strenggenommen, an die Leistungsfähigkeit des einzelnen Anforderungen wie kaum an einen Polyhistor vergan gener Jahrhunderte. Um unsere biicherkundlichen Kenntnisse zu ver tiefen, sind wir stark auf Schulung und Selbstschulung außerhalb unserer Arbeitsstätte angewiesen. Wir müssen viel lesen, nicht nur Bücher) auch Zeitschriften und Zeitungen; wir müssen Vorträge, das Theater besuchen und überhaupt sehr viel unter Menschen gehen. Die wichtigste Bildungsarbeit, die der junge Buchhandel und der DHV zu leisten vermögen, ist die Vertiefung des biicherkundlichen Wissens durch Arbeitsgemeinschaften, die von Nichtbuchhändlern geleitet werden. Aber wir erweitern unsere biicherkundlichen Kenntnisse auch direkt während der Berufsarbeit: Fast von jedem Kunden können wir lernen, fast jeder Kunde ist uns zum mindesten auf seinem Spe zialgebiet überlegen. Was wir von dem einen Kunden an Förderung erfahren, leiten wir an den nächsten weiter — vorausgesetzt natür lich, daß wir überhaupt eine persönliche Bindung zu unseren Kun den finden und nicht steif und hölzern hinter dem Ladentisch stehen. Zur weiteren Vertiefung unseres biicherkundlichen Wissens, vor allem zur Vertiefung unseres Qualitätsgefllhls, müssen wir so viel wie möglich in die Literatur der Vergangenheit zurückgehen, vor allem in die deutsche Literatur, aber auch in die Weltliteratur. Wir brauchen nur ein paar Seiten im Nachsommer, ein Kapitel etwa aus den Wahlverwandtschaften oder einen Gesang der Odyssee zu lesen, um in Sprache und Inhalt den Abstand moderner Tagesliteratur von den ganz großen Werten der Dichtung vor Augen zu haben. Jeder moderne Dichter, auch der größte, ist durch die Dichtung der Vergangenheit hindurchgegangen. Er ist um so größer, je unab hängiger er der Vergangenheit gegenüber dasteht. Er ist ganz klein, wenn er die Vergangenheit verachtet und sich in literarischen Seil- tänzereien ergeht. . . . Die Arbeit des Buchhändlers beschränkt sich nicht auf Dichtung und schöne Literatur. Für wissenschaftliche Werke gibt es Spezial buchhandlungen, aber grundsätzlich kann jeder Buchhändler auch wis senschaftliche Bücher verkaufen. Er würde mehr verkaufen, wenn er etwas mehr von wissenschaftlichen Büchern wüßte. Die Arbeit für das wissenschaftliche Buch erscheint unpersönlich, denn der Inhalt eines Lehrbuches der Integralrechnung oder eines Kommentars zur Zivilprozeßordnung wird den Sortimenter kaum etwas an- gehen. Die Sache bekommt ein anderes Gesicht mit sehr persönlichen Zügen, wenn der Sortimenter nicht an den Inhalt des einzelnen Buches, von dem er nichts versteht, sondern an seinen Kunden denkt. Der Kunde steht in einem Beruf, einer Forschungsarbeit oder im Studium; er ivartet darauf, daß der Buchhändler ihm gerade das Buch vermittelt, das für seine Arbeit wichtig ist. Der wissenschaftliche Sortimenter müht sich, um die zur Erfül lung seines Berufes nötigen biicherkundlichen Kenntnisse zu er halten, nicht um den Inhalt des einzelnen Buches, das kann er nicht, sondern um den Aufbau der verschiedenen Wissenschaften. Wissen schaftliche Bücherkunde ist vor allem Wissenschaftskunde. Wissen- schastskunde ist die Kenntnis der wichtigsten Unterabteilungen der einzelnen Wissenschaften, die Kenntnis der Querverbindungen, die von einer Wissenschaft zur anderen gehen, und der wichtigsten Gelehrten, die auf den einzelnen Gebieten arbeiteten und noch ar beiten. Das Skelett der verschiedenen Wissenschaften findet man in den vorzüglichen Kvmpcndienkatalogen von Koehler L Volckmar. Zur gedächtnismäßigen Beherrschung der Wissenschaftskunöe, wie sie der Buchhändler nötig hat, gelangt man wieder am besten durch die Praxis. Wer in der Praxis beobachtet, welche Lehrbücher von den Studenten in den einzelnen Fächern nacheinander benutzt werden, kann sich schon danach ein Bild von der Zusammensetzung der be iressenden Wissenschaft machen. Weiteren Anhalt bieten die Vor lesungsverzeichnisse. Der junge Buchhändler, der in die Wissen- schastskunde irgendeines Faches eindringen will, steht ungefähr da, wo der Abiturient steht, der von seinem künftigen Studium auch noch keine rechte Vorstellung hat. Er wird sich zunächst in möglichst knap pen Einführungen über den Studiengang orientieren. Auf der vor jährigen Freizeit find wir den Weg gegangen, daß wir an Hand der Prüfungsordnung uns den Aufbau der medizinischen Wissenschaft mit ihren theoretischen und praktischen Spezialgebieten erarbeiteten. Für die Rechtswissenschaften benutzten wir im Vorjahre die knappe Einführung von Schwarz. Bei den reinen Geisteswissenschasten ist die Sache etwas schwieriger, weil es dort nicht so festgefügte Lehrpläne gibt. Dafür wird bei den meisten Buchhändlern das persönliche Interesse für Geisteswissenschaften stärker sein als etwa für Chemie oder Technik. Eine ganz elementare bücherkunbliche Erkenntnis, die aber doch nicht jeder Buchhändler hat, weil sie meines Wissens nirgendwo ge druckt steht, ist das Wissen um die drei Gattungen wissenschaftlicher Bücher: 1. Enzyklopädien und Handbücher, 2. Lehrbücher und Grund risse, 3. Monographien und Kommentare. . . Das dürfen wir sagen, daß wir mit unserer Arbeit an die Grenze des Schöpferischen stoßen. Unser Tagewerk mag im einzelnen be scheiden und nüchtern verlaufen, aber es besteht doch immer in der Vermittlung zwischen Geist und praktischem Leben. Wenn wir nicht selbst schöpferisch sind, so dienen wir dem Schöpferischen: wir ver mitteln das Werk des schöpferischen Menschen den anderen Menschen, die es nötig haben. Durch das Verteilen bekommt die buchhändlerische Arbeit ihren Sinn, denn wenn wir auch für uns mit der Art unserer Arbeit zu frieden sind und dnrch sie immer neu persönlich gefördert werden, so ist sie doch niemals Selbstzweck, sondern wir reihen uns, um noch mals das Wort Paul Ernsts zu gebrauchen, »mit unserer freien Ar beit bewußt in die große Arbeit unseres Volkes ein, mag unser Teil an der großen Arbeit noch so geringfügig sein« . . . Zum Beraten gehört Takt und Rücksichtnahme und Verständnis für Menschen, die durchaus nicht immer genau so geartet sein müssen wie wir selbst. Selbstverständlich gehören auch Kenntnisse dazu. Je unreifer ein Mensch ist, um so leichter stellt er es sich vor, andere Menschen erziehen zu können, anstatt mit der Erziehung bei sich selbst anzufangen. Es gibt kaum etwas Unerfreulicheres in einer Buch handlung als vorlaute und schulmeisterliche Bedienung. Ich mußte diese Bemerkungen voranschicken, um nicht mißver standen zu werden, wenn ich jetzt auf die erzieherischen Aufgaben des Buchhändlers zu sprechen komme. Denn selbstverständlich sind große erzieherische Aufgaben da; wir haben das schon eingangs un serer Betrachtungen betont. Aber die beste Erziehung ist immer die, bei welcher der zu Erziehende gar nicht merkt, daß er erzogen wird. Eine gewisse erziehliche Beeinflussung des Publikums durch den Sor timenter liegt schon in der Zusammensetzung des Lagers und der Auslagen. Gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Verpflichtung des Sortimenters zu unaufdringlicher Beeinflussung besonders groß. Alle Menschen, mit denen mir in Berührung kommen, sind innerlich aufgewühlt und suchen, wenn sie Bücher kaufen, weniger Zerstreuung als Klärung. Wir haben als Buchhändler die Literatur in Händen, die geeignet ist, die Begeisterung zu vertiefen. Wir haben die Literatur zu verteilen, auf deren Grundlage das in der Politik Begonnene wei tergebaut werden kann. Wir mögen politisch gestanden haben, wo wir wollen: Es gibt kein Zurück, nur ein Vorwärts. Es gilt die großen Linien zu er kennen, welche die Zukunft gestalten. Wir müssen als Buchhändler vermitteln, daß auch andere diese großen Linien erkennen, wo sich leicht Einzelheiten des Tagesgeschehens oder Unvollkommenheiten von lokaler Bedeutung in das Blickfeld drängen. Die Buchhandlung ist ein Treffpunkt der verschiedenartigsten Men schen. Kaum einem anderen Beruf — es sei denn der geistliche — ist es gegeben, derart unmittelbar an das geistige und seelische Er leben des einzelnen erwachsenen fremden Menschen heranzukommen wie dem Buchhändler. Wir dürfen das offen aussprechen: zu uns kommen auch viele Menschen, die nicht begeistert sind. Das sind oft wertvolle Menschen, die in der Stille unentbehrliche Arbeit leisten. Wenn wir diese auf dem Wege über Paul Ernst zu einem Verständnis des neuen Wol- lens führen können, ist schon viel gewonnen. Aber das sei nochmals ausgesprochen: So geht der Weg der Er ziehung nicht, daß mir nun einfach an Stelle von Stefan Zweig Wil helm Schäfer und Will Vesper »stapelweise vom Ladentisch wegver kaufen«. Wir müssen schon mit der Selbsterziehung ansangen. Nur dann vermag die gute Buchhandlung wieder ein wirklicher Sammel punkt des geistigen Lebens, eine Zelle des geistigen Werdens zu sein, wie sie das früher gewesen ist. . . Die Schulung des jungen Buchhändlers muß anders sein als die des Sortimenters vom alten Schlage. Er muß den inneren Kontakt mit der Bevölkerung haben, an die er sich wendet. Längere Kamerad schaft im Arbeitsdienst und in der SA. wird für ihn nötig sein. Er muß pädagogisch geschult sein, vor allem die Grundsätze der Erwach senenbildung beherrschen. Um dem Unternehmen die wirtschaftliche Grundlage zu geben, müssen Zeitungen und Schrcibwaren mitverkauft werden. Der Arbeiter hat von seinem geringen Einkommen nicht viel Geld für Bücher übrig. Er wird allenfalls Bücher leihen wollen. — 1011
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