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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1936
- Strukturtyp
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- 1936-01-14
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- 14.01.1936
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Aber nicht nur der geistige Gehalt eines Buches und die ihm zugrundeliegende Methode wissenschaftlicher Forschung bedingt die Bekanntgabe des Erscheinungsjahres, auch die buchgewerblichc Gestaltung des Schrifttums ist zeitbedingt. Die Ausgaben der Bücher und ihre Auflagen unterscheiden sich oft in bezug auf Schrifttype, Druckart, Papicrqualität, Art des Einbandes usw. Diese buchgewerblichen Unterschiede sind nicht selten, zumal bei älteren Erscheinungen bestimmend für das Interesse am Objekt, das sich im Laufe der Zeit sogar zu bibliophiler Wertschätzung steigern kann. Eine sichere Unterscheidung und wunschgemäße Besorgung von Literatur in dieser Hinsicht wird durch die Angabe des Erscheinungsjahres gefördert. Die Buchillustrationen insbe sondere, die Qualität ihrer Herstellung, der Umfang ihrer Dar bietungen, ihre Originalität sowohl als ihre Aktualität wechseln in den verschiedenen Ausgaben. Die gewünschte besondere Eigenart läßt sich vielfach eher am Erscheinungsjahr als durch die Be zeichnung der Auflage oder den Namen des Künstlers unter scheiden. Auf diesen kurz gekennzeichneten Tatsachen beruht die Berechtigung der Forderung des Antiquars und des Bibliothekars nach Bekanntgabe des Erscheinungsjahres im Buche selbst. Weil beide aber in ihrer beruflichen Eigenschaft als Sachwalter des Schrifttums die Interessen der Wissenschaft, ja jedes ernsteren literarischen Interessenten vertreten, darum dient ihre Forderung den Bedürfnissen der Allgemeinheit, denen gerecht zu werden eine selbstverständliche Pflicht der Verleger sein sollte. Um die tiefe Berechtigung dieser Forderung zu verstehen, muß man Einblick haben in die bibliographischen Nöte und Schwierigkeiten der Antiquare, Bibliothekare und Wissenschaftler, die mit älterem und ältestem Schrifttum zu tun haben. Sollen kommende Geschlechter dereinst mit dem gegenwärtigen Schrifttum ähnliche Nöte und Schwierigkeiten haben? Daß man auch auf andere Weise zum Ziele kommen kann, ist richtig, aber wie umständlich ist das oft. Man lese einmal nach, was erfahrene Bibliographen über ver schiedene Möglichkeiten der Feststellung von Erscheinungsjahren sagen, z. B. Kleemeier in seinem Handbuch der Bibliographie, besichtige die komplizierten bibliographischen Einrichtunqen in größeren Antiquariaten und bedenke, mit welch einer Fülle von Wissensballast das Gedächtnis des Antiquars noch obendrein be lastet werden muß, nur weil ein kleiner Erscheinungsvermerk in Büchern fehlt. Hinsichtlich des umfangreichen Gebietes des Reiseschrifttums (Reiseführer, Straßenatlanten usw.), bei dem Karten, Skizzen, Wege- und Reisebeschreibungen den Wert der Ausgabe bedingen, bedeutet die Angabe des Erscheinungsjahres der einzelnen Bände eine unbedingt notwendige Rücksicht auf den Käufer, aber auch zugleich einen Selbstschutz für den verantwortlichen Schriftleiter bzw. den Verleger gegenüber Klagen der Benutzer über Unstim migkeiten, die im dauernden Wechsel des geographischen Landschafts bildes begründet liegen. Auf Grund der oben angeführten Übersicht sind es meist Bücher der schönen Literatur, bei denen ein Erscheinungsvermerk fehlt. Ein bedeutender Teil der schönen Literatur darf aber keines wegs der Unterhaltungsliteratur gleichgestellt werden. Viele Bücher der schönen Literatur enthalten zeitgemäße, der gegen wärtigen Wirklichkeit entsprechende, lebendige Schilderungen von kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und religiösen Zuständen — Darstellungen bedeutender innerer Kämpfe, persönlichen Stre ben?, durch dichterische Auffassung und geniale Kunst zu stärkster Allgemeinbedcutung geweitet — gestalten einsichtsvoll die trei benden Interessen und bewegenden Kräfte der Zeit, ihre Erfolge und Jrrtümer und sind vermöge ihrer künstlerischen Höhe durch aus befähigt, Fernerstehenden und sväteren Geschlechtern einen lebendigen Eindruck, ein tiefstes Gefühl dieser Zeit und ihrer Menschen zu vermitteln. Auch wenn diese dichterischen Schöpfun gen frühere Zeiten und Menschen schildern oder ein Phantasie- gebilde der Zukunft, so bleibt doch der Stand der Entwicklung, das Weltbild der Zeit, in der sie erschienen sind, bestimmend für die innere Schau, das Verstehen und Können des Dichters. Es ist aus einer tiefen Verwurzelung in den Zuständen, Ideen und Werten seiner Zeit entstanden. Darum sollte gerade auch bei der schönen Literatur die Angabe des Erscheinungsjahres nie unter bleiben. Die Autoren haben noch insofern ein berechtigtes Per sönliches Interesse an der Bekanntgabe des Erscheinungsjahres 44 ihrer einzelnen Werke, als die Kenntnis des Erscheinungs- Vermerkes für ihre Beurteilung, für ihren Erfolg von Bedeutung ist. Wie nachteilig kann sich an ihnen das Fehlen des Er scheinungsvermerkes rächen, wenn ein Erstlingswerk oder eine schwächere Schöpfung, die vor Erreichung der künstlerischen Höhe und Vollendung geschrieben wurde, als solche nicht erkannt werden. Bei Übersetzungen soll nicht nur das Erscheinungsjahr der Übersetzung, sondern das der Originalausgabe bekannt- gegeben werden. Ebenso sollte auch bei jeder Auflage eines Buches außer dem Erscheinungsjahr der Auslage amq das ihrer Erst ausgabe vermerkt werden. Letzteres ist z. B. in England bereits Brauch. Die Literatur ist nun mal das genialste Gedächtnis der Menschheit, und Zeitangaben spielen bei ihr eine bedeutende Rolle. Die Literatur ist aber nicht nur das ausnehmende und sam melnde Gedächtnis der Menschheit, sie ist auch ihre zwar stumme, aber dennoch deutlichste, lebendigste, ein- und ausdrucksvollste Sprache, die zu den Zeitgenossen, aber auch zu späteren Gene rationen spricht. Ihre feinsten Nuancen, ihre zartesten Geheim nisse wird sie jedoch nur offenbaren und verständlich machen können, wenn auch die einzelnen Perioden ihres Werdens sicher erkenntlich sind. Mag in früheren Zeiten die Spanne eines Jahres weniger bedeutet haben, in der nervösen, ereignisreichen, schnell lebigen Zeit des 20. Jahrhunderts ist sie außerordentlich wichtig, denn heute erlebt, verarbeitet und gestaltet der Mensch in einem Jahre, wozu ehedem Jahrzehnte notwendig waren. Darum hat die Jahreszahl auf allen Gebieten eine erhöhte Bedeutung. Der einzelne Mensch kann schon in seinem persönlichen Leben die Beobachtung machen, daß er sich selber schädigt, wenn er auf seinem Lebensweg sich keine Merkzeichen macht. Die wissenschaft liche Forschung hat auf ihrem Gange durch die Kultur- und Ge schichtsperioden der Menschheit mit größten Schwierigkeiten zu kämvfen und muß oft unscheinbarste Dinge zu Rate ziehen, um Aufklärung zu schaffen, weil die früheren Generationen, das Schicksal und auch die Natur wesentliche Zeitangaben unterlassen, vernichtet und verborgen haben. Aus diesen Tatsachen und Er fahrungen sollte der Buchhandel für die von ihm betreute Materie, das Schrifttum, lernen und alle bibliographischen Kennzeichen sorgfältig vermerken, also auch das richtige Erscheinungsjahr. Auch die Bücher werden schließlich einmal wie vorgeschichtliche Fundstücke anmuten, die nur dann plastische Schau und blutvolles Leben der früheren Wirklichkeit dem Geiste des späteren Forschers offenbaren, wenn er das Jahr ihres Erscheinens feststellen kann. Im Rahmen dieser Ausführungen über das Erscheinungs jahr im Buchtitel dürfte es schließlich noch interessieren, zu er fahren, daß das mechanische Prinzip der Aufstellung der lite rarischen Bestände in den Magazinen der Deutschen Bücherei Möglichkeiten bietet, die geeignet sind, manche Verlegenheit, die durch das Fehlen einer Angabe des Erscheinungsjahres in den Büchern veranlaßt wird, zu beseitigen. Die Literaturbestände der Deutschen Bücherei sind aus Gründen praktischer Raumausnutzung zwar formatweise getrennt, es stehen aber die Gesamtproduktionen der Kalenderjahre bei den einzelnen Formaten beisammen. Sicher sind durch diese Aufstellung mancherlei Auskünfte möglich, die den hier und da durch das Fehlen von Erscheinungsvermerken in den Büchern entstehenden Bedürfnissen dienen. Als mechani sches Prinzip fügt sich diese Art der Ausstellung organisch in den Rahmen der Gegenwart, die eine Zeit des Mechanismus heißt und dürfte aus diesem Grunde mancherlei Bedürfnissen der Zeit Rechnung tragen. In diesen Ausführungen ist verschiedenes Material zusam mengetragen, sind mancherlei wesentliche Gründe genannt, die von der Bedeutung des Erscheinungsvermerks in Büchern für die Allgemeinheit überzeugen sollen. Es ist der Zweck dieses Auf satzes, um Verständnis für dieses Allgemeininteresse zu werben und zu erreichen, daß ihm Rechnung getragen wird. Auch in Hin sicht auf das Erscheinungsjahr gilt: Gemeinnutz geht vor Eigen nutz, und es darf wohl bestimmt erwartet werden, daß der deutsche Buchhandel, wie schon so oft, auch hier sich ein Verdienst um die literarische Kultur und die literarisch interessierte Allgemeinheit erwerben wird. Die Angaben über das Erscheinungsjahr müsse» ja nicht unbedingt auf dem Titelblatt stehen, cs genügt, wenn sic auf seiner Rückseite oder an einer anderen Stelle des Buches ver merkt sind.
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