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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1935
- Strukturtyp
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- 1935-07-27
- Erscheinungsdatum
- 27.07.1935
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^ 172, 27. Juli 1935. Redaktioneller Teil. gründeten Hemmungen überwunden haben, dann wird auch ihr Er leben ungleich tiefer und für die Werkgcmeinschaft förderlicher sein. Alle Schaffenden eines Werkes werden dann im künstlerischen Spiel den tiefen Sinn des Führer-Gefolgschaftsprinzips, der Betriebsappelle usw. erleben und begreifen. Damit aber wird dem Gesetz der natio nalen Arbeit von innen heraus der Grund geschaffen. Das Wevkspiel ist das Spiel eines b e st i m m t e n Werkes, und d^e Schaffenden eines Betriebes sollen aus ihrer eigenen Arbeit heraus die Feier gestalten! Deshalb müssen Werkspieldichter aus enner Betriebsgemeinschaft hervorgegangen sein und eigenes Erleben jm sich zum vollendeten künstlerischen Ausdruck reifen lassen. Denn /— und das unterscheidet das Werkspiel himmelweit von den Stücken des großen Theaters — Werkspiel ist Bekenntnisspiel und verlangt die völlige Hingabe derjenigen, die es gestalten wollen, und das sind alle Angehörigen einer Betriebsgemeinschaft. Aus dem Gefühl der Gemeinschaft, das das Werkspiel durchzieht, ergibt sich für die künstlerische Form dieses Spiels von selbst eine Bevorzugung des chorischen Sprechens. Im Sprechchor wird die Ge meinschaft gefestigt, wird das Gefühl für ihre Größe erweckt und zum Verantwortlichkeitsbewußtsein erzogen. Auf der anderen Seite ist aber nicht zu vergessen, daß das chorische Sprechen für unsere Sprache aus sprachtechnischen Gründen etwas Neues ist. Für die Sprecher ist deshalb eine ernste sprachliche Schulung unerläßlich, wenn sie nicht in die Fehler des Sprechens »im Takt«, des Massengebrülls usw. verfallen wollen, die dem chorischen Sprechen so sehr schaden. Die »Sprech- und Bewegungschöre für nationale Feiergcstaltung« haben diese Aufgabe bereits übernommen. Ob sich das rein chorische Spiel oder das chorische Sprechen auf der Grundlage einer Handlung durch setzen wird, bleibt dem gesunden Sinn des deutschen Arbeiters über lassen. Auf alle Fälle wird er alles das bedingungslos ablehnen, was ihn und sein Schaffen falsch und verlogen schildert. In diesem Zusammenhang muß man auf die erfreuliche Tatsache Hinweisen, daß sich bisher auf dem Gebiete des Werkspiels verschwindend wenig oder gar keine Konjunkturspekulationen bemerkbar gemacht haben. Sie würden freilich auch gerade hier wenig Aussicht haben! Dreierlei ist es, was dem Werkspiel einen dauernden Platz im kulturellen Leben der Nation sichern wird: Es macht die früher ver- fehmten und verhaßten Stätten der Arbeit zu würdigen Plätzen der Feier, es läßt die arbeitenden Menschen als dienende Glieder an einem Ganzen sich und ihr Schaffen gestalten, und es ist endlich Künder nnd Wegbereiter einer Werkgemeinschaft, auf deren uner schütterlichem Fundament sich die Gemeinschaft des ganzen Volkes aufbaut. Das tiefste Erlebnis aller, die einmal ein Werkspiel ge stalteten, wird aber jene stolze Erkenntnis sein: Wie hier im kunst vollen Spiel die Unterschiede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fallen, so sind auch in Wirklichkeit vor dem Adel der Arbeit und dem Gefühl der Gemeinschaft alle schaffenden Deutschen gleich! Kriegsspiel und - Werbung für das Buch Ein Leipziger Studienassessor benutzte kurz vor den Großen Ferien dieses Jahres 1>6 Stunden, die nach einem Museumsbesuch /seiner Klasse fretgeblieben waren, um mit seinen Schülern noch ein ,'Kriegsspiel in der Stadt und gleichzeitig eine kleine Werbung für den Buchhandel zu veranstalten. Obgleich es sich bereits um ältere Gymnasiasten handelte (Durchschnitt 15 Jahre), waren sie doch alle Feuer und Flamme für das Kriegsspiel. Und noch dazu ein Spiel in der inneren Stadt! Das war einmal etwas ganz Besonderes! Was war die Aufgabe? Der Lehrer hatte sich vorher mit einigen Buch händlern in Verbindung gesetzt, möglichst mit solchen, deren Ge schäfte etwas versteckter lagen, und hatte sie in die Idee des Spieles eingeweiht. Wenn während einer bestimmten Stunde des betreffenden Vormittags ein Schüler den Laden betrat, so sollte der Buchhändler ihn fragen, von welcher Schule er komme, und wenn dieser die richtige Schule nannte, sollte er ihm einen Prospekt mit Firmenstempel aus händigen. Die Schüler wußten selbstverständlich nicht, welche von den zahlreichen Buchhandlungen der Innenstadt (Papier- und Schreib warengeschäfte waren nicht mit einbegriffen) »in die Verschwörung eingeweiht« waren. Sie mußten also überall ihr Glück versuchen. Die ganze Klasse war in vier Gruppen eingeteilt: welche Gruppe die meisten Prospekte erringen könnte, sollte gesiegt haben. Als der Lehrer eine Viertelstunde nach Beginn des Spieles die Straße entlang ging, an der besonders viele Buchhandlungen gelegen sind, konnte er ein außerordentlich reges und ehrgeiziges Suchen seiner Jungen beobachten. Ja, er konnte eindrucksvolle Beobachtungen über die Verschiedenheit der Charaktere anstellen. Der eine raste kopflos hin und her und vergaß natürlich gerade die entscheidenden Läden, ein anderer ging ruhig, aber systematisch und mit Überlegung ans Werk und hatte besseren Erfolg. Als nach einer guten Stunde die Schüler sich wieder auf dem Marktplatz sammelten, hatten sie recht verschiedene Ergebnisse anf- zuweisen. Eine Gruppe hatte alle Prospekte aufzufinden vermocht, eine andere Gruppe war fast leer ausgegangen. Alle Schüler aber hatten eine gründliche Kenntnis fast sämtlicher Leipziger Sortimentsbuchhandlungen erworben, ja, einige, die die Gelegenheit benutzt hatten, um sich nach Lieblings büchern zu erkundigen, hatten sogar darüber Aufklärung erhal ten. Eine nachträgliche Rundfrage bei den beteiligten Buchhändlern er gab, daß glücklicherweise das Verhalten der Schüler überall anständig und höflich gewesen war, worum sich der verantwortliche Lehrer am meisten gesorgt hatte. Nicht zu vermeiden war freilich eine gewisse Störung der unbeteiligten Buchhändler, die sich gewundert haben mögen, daß so viele Schüler gerade in dieser Morgenstunde sich bei ihnen nach irgendeinem Buch erkundigt haben. Aber da es eine ver hältnismäßig ruhige Geschäftsstunde war, so werden auch sie wohl die Störung verzeihen, noch dazu wenn sie lesen sollten, an welchem »edlen Werke« sie mitgeholfen haben. Tenn so viel ist sicher, die Jungens haben einen Hauptspaß daran gehabt! Hoffentlich können sie sich nun auch Bücher kaufen, nachdem sie wissen, w o sie sie kaufen sollen. H. L. Der Erzähler besucht den Buchhändler*) Wer jemand besucht, muß sich zunächst vorstellen. Und so trat ich Auslanüdeutscher hin und her in deutschen Landen auf einer Reise, die mich auf Wegen und Umwegen von Königsberg nach München brachte, in kleinen und großen Städten in die Zauber läden der Buchhändler, verneigte mich freundlich vor einem auf mich zueilenden Verkäufer und enttäuschte ihn mit folgenden Wor ten: »Ich bin der Erzähler Ludwig Ziemendorf, dessen neues Buch Sie draußen in Ihrem Schaufenster noch nicht liegen haben, und nach dem gewiß noch kein Käufer gefragt hat. Die be kannten Schriftsteller kennen Sie ja. Ich bin ein unbekannter Schrift steller mit allen Möglichkeiten solcher Leute, und darum möchte ich mich Ihrem Herrn Geschäftsführer einmal vorstellen. Kann ich ihn sprechen?« Ich wurde dann meist in eine Isolierzelle geführt und ein Weil chen allein gelassen. Allein? Nein! Da lagen Stapel neu erschie *) Den nachstehenden kleinen Aufsatz fanden wir in der Monats schrift »Pflugschar« (Berlin, Januar-Heft 1935). Darin wird ein Thema angeschlagen, das uns besonderer Beachtung wert erscheint: Schriftsteller und Buchhändler. Vielleicht finden sich noch andere, die das Wort dazu nehmen. D. Schrift!. nener Bücher, ganz wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Ein malerisches Durcheinander. Und mein liebes Mädchen A war regelmäßig, wie nicht anders zu erwarten, nicht dabei. Und wenn ich mich gerade über die schönen Schätze hermachen wollte wie über die Auslagen einer Konditorei, dann erschien der Herr Geschäftsfüh rer und fragte nach meinem Begehr. Ich sagte etwa: »Ich bin der Erzähler Ludwig Ziemendorf, dessen neues Buch Sie noch nicht im Schaufenster liegen haben, weil ich ja noch ganz am Anfäng stehe und nicht erwarten kann, daß man mich kennt, wo ich eben erst aus der Taufe gehoben wurde. Ich glaube an den Frühling im Menschenleben und daß alles Wichtige in der Kindheit des Menschen geschieht, und daß die Menschen nur deshalb so viel falsch machen, weil sie aus ihrer Kindheit fortgelaufen sind und in Irrgärten mit Hohlspiegeln geraten sind, die ihnen ihre Fratze zeigen, statt ihr Gesicht. Und davon erzähle ich. Es ist das einzige Thema, über das ich berichte. Aber meine Erzählungen blei ben stumm, wenn sie nicht gelesen werden. Und darum komme ich zu Ihnen, Herr Geschäftsführer, um Sie um Ihre Hilfe zu bitten. Sie sind der wahre Diener am Wort.« So etwa sprach ich allenthalben. Und fast immer hieß es dann: »Schade, daß die Herren Erzähler so selten den Weg zu uns finden. 617
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