Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.02.1936
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- 1936-02-29
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- 29.02.1936
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Nummer 81, 29. Februar 1988 Börsenblatt für -en Deutschen Buchhandel Berlin, auf die »Linotype« übernommen, nachdem sie bereits 35 Jahre lang bestanden hatte und in den Zeitungssetzereien zur notwendigen Auszeichnungsschrift geworden war. Es wurde im Rahmen dieser kurzen Abhandlung zu weit führen, alle Schriften, die im Laufe der Jahre entstanden, aufzuführcn. Manche gute Arbeit ist bereits lange durch eine andere, bessere Schrift abgelöst worden, wie ja überhaupt es gerade beim Buchdrucker heißt, »das Bessere ist des Guten Feind!«. Aber noch eines müssen wir gedenken, und das ist der rastlose Kampf, den Heinz König für die Erhaltung unserer deutschen Schrift geführt hat, als die Antiqua-Bewegung die deutsche Schrift ver Der Buchtitel in Die Erfindung des Buchdrucks stellte die gesamte Vermittlung geistiger Güter auf eine neue Basis. Was bis zu dieser Zeit die Menschen gedacht und geschrieben hatten, konnte jetzt dem gesamten lesenden Publikum und nicht nur einer winzigen Schicht ohne wei teres zugänglich gemacht werden und wurde es auch. Gleichlaufend damit begann eine Ausbreitung der schriftstellerischen Tätigkeit, die in Büchern ihren Ausdruck fand. In wenigen Jahrzehnten entstand eine große Zahl verschieden gearteter Bücher, Buchhändler und Buchmessen sorgten für ihre Verbreitung, und der Titel war not wendig sowohl zur Kennzeichnung der verschiedenartigen Inhalte wie zur wirtschaftlichen Auswertung des einzelnen Buches. Denn sobald die Zahl der Bücher den tatsächlichen Bedarf überstieg, mußte das einzelne Buch durch seinen Titel zum Kauf anlocken und seine Wichtigkeit ins rechte Licht rücken. So entsteht der Buchtitel als Folge ebenso der zunehmenden Differenzierung der geistigen Arbeit wie des Übergangs von der Kunden- zur Marktwirtschaft, von der Bedarfsdeckung zur Bcdarfsweckung. Nicht mehr in der Klosterzelle blieben die geistigen Güter verborgen — im Kampf des Buches um Verbreitung und Geltung in der Öffentlichkeit, den Gutenbergs Er findung ermöglicht hatte, gewann von da an der Buchtitel seine Bedeutung, die er bis auf den heutigen Tag unvermindert be halten hat. Dieser werbende, ja kämpferische Charakter des Buchtitels tritt gleich am Anfang seiner Entwicklung, in der Reformation, deutlich in Erscheinung. Die Titel von Luthers Schriften — denen noch lateinisch als kämpferischer Titel die »Lpwto^e virorum odseurorum«, die Briefe der Dunkelmänner, vor- ausgingen — sind programmatisch und trotz ihrer Länge schlag kräftig »Sendschrift an den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung« oder »Von der Freiheit eines Chnistenmenschen«. Gegen ihn wandte sich Murner mit dem derben Titel »Von dem großen lutherischen Narren«, der gleiche Murner, der mit »Die Narrenbeschwörnng«, »Die Schelmenzunft«, »Die Veuchmatt« die Linie der einfachen Titel fortsetzte, wie sie bereits von Anfang an für Dichtungen neben den weitschweifigen Titeln der Abhandlungen und Auseinandersetzungen üblich waren. Da gab es »Das Narrenschiff«, Namenstitel wie »Teuerdank«, »Till Eulen spiegel« und »Reynke de Vos«, »Die Ritter von Turn« und »Der Knabenspiegel«. So bestehen sofort Titel aller Art nebeneinander, wie man sie oft auch später beibehielt und wenn man bedenkt, daß das »Nollwagenbüchlein« bereits 1555 erschien und trotzdem in seiner Prägung ganz modern erscheint, so wird es deutlich, wie der Titel eine eigentliche Entwicklung im Sinne einer ständig erkennbaren Verbesserung und eines Fortschrittes nicht durchgemacht hat, sondern daß nur jeweils die eine oder andere Art mehr im Vordergrund steht. So ist es im 16. Jahrhundert mit der Blüte dieser Gattung der satirische Titel, der besonders häufig auftritt. Ob es sich um das »Podagrammatisch Trostbüchlein«, um »Dsr Flöh Hatz«, »Aller Prak tik Großmutter«, »Der Weltspiegel«, »Froschmeuseler« oder um »Karsthans« handelt — immer spricht aus diesen Titeln die Neigung zu einer eigenen Schau der Welt, die der Renaissancemensch neu er oberte und der er nicht nur in seinen Schriften, sondern auch in ihrer Kennzeichnung Ausdruck gab. Titel wie »Philosophisches Ehe zuchtbüchlein« oder »Anmahnung zu christlicher Kinderzucht« tragen das gleiche Gepräge und können kaum einer anderen Zeit ent stammen. Im Barock finden sich zwei Tendenzen nebeneinander: die eine Richtung bevorzugt den reinen Namenstitel, wie er sich etwa mit symbolischer Bedeutung in dem ersten Entwicklungsroman, dem »Simplicius Simplicissimus« findet, wie er als »Argenis«, »Schel- muffsky«, »Adriatische Rosemund«, »Arminius und Thußnelda« und zahllosen anderen zu finden ist. Eine zweite Tendenz liegt darin, den Titel mit einer gewissen dramatischen Derbheit zu gestalten. Hier drängen wollte. In zahllosen Aufsätzen mies der »Altmeister der deutschen Schrift« immer wieder darauf hin, daß unsere deutsche Schrift ein Hauptteil deutschen Fühlens und Denkens ist und daß mit ihrer Verdrängung der Deutsche sich selbst aufgeben würde. Dieses Deutschbewußtsein entspringt aus dem trotzigen, zähen niedersächsi- schcn Bauernblut, dem die alte Familie des Künstlers entstammt; es ist ein Teil seiner Wesensart gewesen nnd geblieben. So wollen wir wünschen, daß der nun Achtzigjährige in körper licher und geistiger Frische seinen Geburtstag noch oft feiern möge, den er als Kind des Schaltjahres nur aller vier Jahre mit Recht be gehen darf. Gott grüß' die Kunst! WernerH. König. fünf Jahrhunderten finden sich überdeutliche Titel, wie sie freilich heute kaum noch mög lich wären: »Corinna die ehrbare Hure«, »Die böse Sieben«, »Die drei ärgsten Erznarren«, »Höllen-Kinder«. Diese Zeit gab ihrem Titel bereits eine Prägung, die ganz deutlich den Leser anreizen sollte, das Buch zu erwerben. War es hier die ganz volkstümliche Formulierung, die dieser Absicht diente, so finden sich im publizisti schen Einsatz des Buches, wie es zuweilen von äußeren Umständen bedingt war (wenn z. B. Predigten wegen einer Seuche unmöglich waren), so schlagkräftige Titel wie »Gedenk daran, Hamburg«, »Merk's Wien« und »Auf, auf ihr Christen«. Das wissenschaftliche Buch dieser Zeit ist zumeist noch in latei nischer Sprache geschrieben, der auch der Titel untersteht. Dort aber, wo die deutsche Sprache sich durchsetzt, zeigt der Titel, wie der Verfasser sich bemüht, wirklich den wesentlichen Inhalt seiner Schrift bereits im Titel erkennen zu lassen. So »Historie der vornehmsten Staaten und Reiche so jetziger Zeit in Europa sich finden« oder »Unvorgreisliche Gedanken betreffend die Ausübung und Verbesse rung der deutschen Sprache«. Als ein Gelehrter dieser Zeit, Thoma- sius, die erste deutsche Monatsschrift gründet, gibt er ihr einen Titel, der an Länge und Umständlichkeit die wissenschaftlichen Werke fast noch übertrifft und in stärkstem Gegensatz zu der heutigen Neigung steht, selbst wissenschaftlichen Zeitschriften einen eindringlichen und schlagkräftigen Titel zu geben: »Scherz- und ernsthafte, vernünftige und einfältige Gedanken über allerhand lustige und nützliche Bücher und Fragen . . Die mangelnde Übung in der Anwendung und Handhabung der deutschen Sprache zeigt sich hier in aller Deutlichkeit. Die Aufklärung gibt in gleicher Weise dem wissenschaftlichen Titel seine sachliche Prägung, die nicht auf Werbung einer großen Öffentlichkeit, sondern auf Unterrichtung der Fachleute abzielt. Aber sprachlich ist hier die Herrschaft über das deutsche Wort bereits er reicht. So finden sich »Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen« oder »Erste Gründe der gesamten Welt weisheit«, »Nötiger Vorrat zur Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst«. Und entsprechend hat auch der Zeitschriftentitel eine Ver einfachung und Klärung erfahren: »Neue Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes«. Die Titel der Dichtungen sind hier ähn lich wie im wissenschaftlichen Werk von einer bewußten berichtenden Sachlichkeit: »Der sterbende Cato«, »Leben der schwedischen Gräfin von G.«, »Der spanische Favoritensall am Grafen von Olivarez«, »Die Befreiung von Theben«. Deutlich heben sich davon die leichten Titel der Anakreontiker ab, wo wir »Mädcheuinsel«, »Frühling«, »Versuch über die Kuust stets fröhlich zu sein« und »Scherzhafte Lieder« finden. Bedeuten die Titel des Sturm und Drang eine realistische Spie gelung der Welt, wie sie in »Die Kindesmörderin«, »Die Soldaten«, »Der Hofmeister«, »Das leidende Weib« sichtbar ist, so gewinnt inner halb der deutschen Klassik der meist geschichtliche Namenstitel eine bisher nicht erreichte Bedeutung. Uns sind heute alle diese Titel zu festen Begriffen geworden — es ist der beste Beweis für die dichte rische Kraft, die aus diesen Werken spricht, eine solche Allgemein gültigkeit einer an sich nicht sonderlich vorteilhaften Art des Titels zu erreichen. Nur bei Shakespeare können wir noch einen ähnlichen Vorgang feststellen, wenn auch bei ihm neben Namenstitcln eine Reihe anderer — »Sommernachtstraum«, »Maß für Maß«, »Was ihr wollt« usw. — stehen. Lessing bringt in seinen Jugendwerken noch die sachlichen Titel »Der junge Gelehrte«, »Der Freigeist«. Aber bereits mit »Miß Sara Sampson« beginnen bei ihm die Namens titel, die niemals von einer historisch bekannten Gestalt ausgehen, sondern sich als Kennzeichen für bestimmte Charaktere durchsetzen, sei es »Minna von Barnhelm«, »Emilia Galotti« oder »Philotas«. Selbst in die wissenschaftliche Darstellung dringt in dieser Zeit der Name ein: »Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie«. So wirksam wie Lessing den publizistischen Kampf zu führen ver stand, so sind auch seine Titel, die »Nötige Antwort auf eine unnötige 195
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