X- 255, 2. November 1933. Fertige Bücher. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. 5109 großer dichterischer Kraft und Breite auch die Ausmalung des Hochzeitsfestes vom„windverwirrten Gedünst von Spezereien, Festschweiß und Bratenwürze" bis zum lächelnden Duft der Nacht, in der Jaakob Rahel zu umfangen glaubt — um dann furchtbar bei Lea zu erwachen. Und dann, unend lich ergreifend, am Schluß dieses Bandes der Tod der über alles geliebten Rahel... Aus der Ver puppung des Forschers steigt da die Seele eines starken Dichters auf, ein wunderbarer Falter—glän zend im ewigen Licht: So stehen wir mit diesem ersten Band des Joseph-Romans doch wohl amAn- fang einer großen Dichtung. suims Bab 29ir ertappen uns bei der Empfindung, daß diese Geschichten erstaunlich spannend find, und die sogenannte epische Breite sich paradoxerweise als eine vortreffliche Nährmutter der Spannungen und der veredelten Pfiffe und Kniffe des Erzählens erweist. Ja, die Breite des Romans, die sich fortwährend mit dem frommen „Es war!", also der fernsten geschichtlichen Tiefe beschäftigt, diese Breite scheint uns 'zusehends die einzige Möglichkeit zu werden, der Tiefe die Ehre zu erweisen und sie in glücklichsten Augenblicken zu erfassen. Das heiße ich das Königreich der epischen Fülle, das den Dichter und wohl auch den abgründigen Fleiß fast maßlos beschenkt. E. K°cr°di / m-ue Zürcher Ztg. N?an meine nicht, daß hier die „Heilige Geschichte" noch einmal gegeben wird. Sie ist da, doch der Dichter behandelt sie so, daß er sie gelegentlich und mit zurückhaltender Ironie kommentiert, und es gelingt der Sprachkunst des Dichters, der Erzählung eine Atmosphäre zu geben, die dem Modernen die Historie vermittelt. Berliner Börsen,Courier Thomas Mann breitet in erstaunlichem Wissen um uralte Kulte, um Gebräuche um Glauben und Aberglauben eine überwältigende Fülle von Einzelheiten vor uns aus, und doch verwirrt oder ermü det der Dichter nicht durch die Menge seiner Kenntntsse. Immer steht er souverän über ihnen, sie lächelnd, in heiterem, graziösen Spiel zum das Geheimste enthüllenden Kunstwerk gestaltend, das ganz erfüllt ist von der Musik des Ewigen, ganz Klang geworden ist in reichster farbiger Orchestrierung. Wohl kaum noch, oder nur an den schönsten Stellen des „Zauberberg" erhob sich Thomas Mann zu solch dichterisch vollendeter Schau der letzten Dinge... Hier ging der Geist ein in die Welt der Seele, beide Prinzipien durchdrangen sich wechselseitig und heiligten das eine durch das andere zur Gegenwart eines Menschentums, eines Künstlertums, das „gesegnet ist mit Segen oben vom Himmel herab und mit Segen von der Tiefe, die unten liegt". Basier Nati°nal-Zeitu»g Ä)ir harren des Fortgangs, harren der nächsten Stationen eines Werktreuen, disziplinierten Schöpfer tums. B. Z. am Mittag / Berlin 8. k'IScULK LLKI.M Börsenblatt s. b. Deutschen Buchhanbet. 100. Jahrgang. 729