Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.08.1935
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- 1935-08-22
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- 22.08.1935
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Nr. 184 (N. 188). Leipzig, Donnerstag den 22. August 193S. 182. Jahrgang. Airr wsehe des Dettts^hei, Buches Das Buch ist eine Volkskraft (Nachdruck ganz oder auszugsweise mit Quellenangabe gestattet) Der Deutsche hat von je ein besonderes Verhältnis zum Buche gehabt. Er hat in ihm weder ein Bildungsmittel gesehen, noch ein Mittel zur bloßen Unterhaltung. Beides kommt natürlich auch in Deutschland vor. Aber man kann beobachten, daß selbst der Ver gnügungssüchtige seine Bücher noch mit einer gewissen Zärtlichkeit behandelt und sogar stolz auf sie ist. Der Deutsche hat also ein ganz persönliches Verhältnis zu seinen Büchern. Sie sind ihm nicht der Anlaß zu einer geistreichen gesellschaftlichen Diskussion wie zu meist den Franzosen, sondern der Gegenstand inniger Liebe oder erbitterten Zorns. Sie sind ihm Freunde oder Feinde. Noch wissen freilich viele Deutsche nicht, wer nun wirklich ihre Freunde und wer ihre Feinde sind. Die weltanschauliche Zerrissen heit der letzten Jahrzehnte hat sic völlig hilflos gemacht. Erst im neuen Deutschland wurden die Freunde von den Feinden klar ge schieden. Aber es kann einem auch heute noch geschehen, daß sich gute Deutsche für Bücher erwärmen, die Feinde des deutschen We sens sind. Sie wissen es gar nicht und sind auch gar nicht so leicht davon zu überzeugen. So instinktlos sind sie durch die jahrzehnte lange Überfremdung geworden. So groß ist auch heute noch in Teilen des Volkes die Macht der Suggestion, die von Landfremden und von schwachen oder verräterischen Deutschen mit fieberhaftem Eiser geschaffen wurde. Wir müssen noch immer auf der Hut sein, überall, wo ein Deutscher sich nicht zu entscheiden wagt, hat auch der Geist seiner Zeit Besitz von ihm. Das wird in vielen Fällen rassisch bedingt sein. Es gibt freie und knechtische Naturen auch im deutschen Volk. Der eine bleibt den Büchern mit dem fremden Geist hörig. Der andere lobt besinnungslos alles, was nach neuem Geist aussieht. Auch der ist eine knechtische Natur. Nur wer um den neuen Geist gerungen hat, ist seiner würdig und frei. Er wird auch immer für ihn kämpferisch einstchen aus einer elementaren Eindeutigkeit, nicht aus einem zweifelnden Sowohl als Auch oder mit einem aufdrängerischen leeren Wortschwall. Er wird auch gegen die Mißdeuter wie gegen die Pharisäer ausstehen, die glau ben, ihn in Erbpacht genommen zu haben. Es wird immer nötig sein, für das echte und gute deutsche Buch zu kämpfen. Wenn wir erst wieder eine festgegründctc Kultur ausgebaut haben, wenn das Volk erst wieder eindeutige geistige und seelische Maßstäbe kennt, wenn es in seinen besten kulturtragenden Teilen erst wieder ein sicheres Gefühl hat, was ein gutes bleiben des und was ein schlechtes nur brillierendes Buch ist, was Sub stanz hat oder was nur Fassade ist, was eine große kernige Leistung darstellt oder nur hohles Virtuosentum, dann haben wir die deutsche Wandlung ganz gewonnen. Heute beginnt das Volk zunächst einmal wieder zu ahnen, was ein Buch dem einzelnen an aufbauender Kraft mitgeben, was cs ihm in einer Form von geistiger Kameradschaft bedeuten kann. Wir haben es eben erfahren, daß Bücher ein Volk spalten können. Feuchtwangcrs Bayernroman »Erfolg» ist dafür ein Beispiel. Bü cher können auch ein Volk lähmen und entnerven. Dafür zeugen »Im Westen nichts Neues« von Remarque, »Sergeant Grischa« von Arnold Zweig und viele andere. Zum Glück war das deutsche Volk noch kräftig genug, daß es sich mit großen Teilen gegen diese innere Lähmung empört auflehnte. Bücher können auf der anderen Seite natürlich auch ein Volk zusammenschweißcn und seelisch auf- rüttcln. Hans Grimms »Volk ohne Raum« war solch ein Buch. Und die Bücher Mocller van den Brucks waren solche Bücher. Und Adolf Hitlers »Mein Kampf« war ein ungeheurer Ruf in das deutsche Volk hinein. Das Buch ist also ein politisches Mittel. Selbst ein rein dichterisches Buch ist, wenn es nur ganz aus dem Wesen des Volkes stammt, ein politisches Mittel, z. B. Kolben- heyers Paracelsus. Dichtung ist keine Angelegenheit für eine Schicht von weltfremden Ästheten, sondern die Kraft des Volkes, Ruf und Antwort zugleich. Darum werden alle individualistischen dichterischen Naturen über die Sphäre des Ästhetischen nie hinaus dringen ins Volk. Es ist aber auch nicht nur das Buch wertvoll, das wegen seiner einfachen sinnfälligen Sprache mühelos ins Volk dringt. Es haben manche Dichter mit ihren Büchern jahrzehnte lang das geistige Bild unseres Volkes geformt und werden nur von wenigen gelesen. Es kommt aber daraus an, daß diese weni gen die besten sind, daß sie den stärksten Kulturwillen haben in ihren, Volk. So ist die Wirkung Hölderlins, die Wirkung Nietzsches, die Wirkung Moeller van den Brucks, die Wirkung Stefan Geor ges, die Wirkung Paul Einsts und auf einigen Gebieten auch die Wirkung Alfred Rosenbergs gewesen. Männer wie Hutten, Luther, Schiller, Kleist und heute vor allem Hitler haben immer gleich zum ganzen Volk gesprochen. Die anderen'habcn auch zum ganzen Volk gesprochen und das ganze Volk gemeint. Aber ihr Ruf drang nicht direkt zu allen. Sie sind darum aber nicht weniger wichtig für ein Volk. Sie dürfen auf keinen Fall mit den ästhetischen Naturen verwechselt werden, die nur um die Gedanken, Gefühle und Stimmungen ihres von allem Volk abgelösten und aus aller schicksalhaften Gemeinsamkeit herausgchobenen Jchs kreisen. Viel wichtiger als diese individualistischen Selbstverklärer sind alle dichterischen Zeugen des Deutschtums im Ausland. Das Buch ist hier eine unendlich wichtige Brücke. Dem Deutschen in Siebenbürgen oder im Banat, in der Tschechoslowakei oder in Österreich, in Memel oder in Ostobcrschlesien, im Baltikum oder gar an der Wolga, in Südtirol oder in Ungarn, in Südwestafrika und in Südamerika, in den Vereinigten Staaten und im Fernen Osten ersteht in einem deutschen Buch nicht nur ein Bild der Hei mat. Mit diesem Buch kommt auch die Kraft und die Seele des deutschen Volkes zu ihm, was ihm draußen Halt gibt und ver hindern hilft, daß deutsches Blut in fremdes Volkstum versickert. Es ist natürlich, daß ein politisch ohnmächtiges Volk mit allen Büchern nicht die fehlende Kraft eines Volkes als geschichtliche Persönlichkeit ersetzen kann. Die Deutschen glaubten lange, daß- Sonderausgabe „Buch und Volk" Es dürfte innerhalb des Buchhandels schon allgemein be kannt sein, daß aus Anlaß der diesjährigen Buchwoche eine Son derausgabe der Zeitschrift »Buch und Volk- in einer Riesen auflage zur Verteilung kommt. Das Heft bcsindet sich zur Zeit in Vorbereitung. Die Zusammenstellung des Heftes geschieht in der üblichen Weise, wie sie sich für >»Buch und Volk« von jeher bewährt hat, die Buchhinweise erfolgen also durch Text- und Bildprobcn, Einzelbesprechungen, SammelaussStze und bibliogra phische Zusammenstellungen. Es wird in einer Reihe von Fällen nötig sein, an die Verlage mit Anforderungen von Besprechungs stücken für dieses Heft heranzutrcten, da die früher für »Buch und Volk» gesandten Exemplare natürlich inzwischen an die Mitarbei ter von »Buch und Volk» versandt worden und bei der Schrist- leitung nicht mehr verfügbar sind. Wir bitten daher die Berlage um freundliches Entgegenkommen und um rasche Erledigung etwa eingehender Anforderungen, da die Zusammenstellung des Heftes außerordentlich eilt. Es braucht wohl nicht besonders darauf hingewiesen zu werden, daß angesichts der hohen Auflage des Sonderheftes eine außerordentliche Werbevirkung für jedes darin angezeigte Buch angenommen werden darf. Die Schriftltg. 681
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