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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1935-11-16
- Erscheinungsdatum
- 16.11.1935
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- Deutsch
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X? 267, 16. November 1935. Redaktioneller Teil Vvrlenblatt f. d. Dtschn vuchhauLel. Dichter, der uns doch wirklich auch heute sehr viel angeht, beinahe ausschließlich von Juden behandelt wurde, wenigstens soweit um fangreichere Werke in Frage kommen! Sollte es sich nicht lohnen, uns eine von einem Deutschen geschriebene Shakcspearebio- graphie vorzulegcn, die im Geiste Herders und Goethes diesen nordischen Dichter unter uns stellte? Ist es nicht betrüblich, daß wir für einen so liebenswerten und echt deutschen Dichter, einen unserer besten Lyriker wie Eduard Mörike noch immer auf eine erschöpfende Darstellung warten? Immer wieder hören wir heute die Namen Herders und W. H. R i e h l s, die mit Recht als Wegbereiter eines volksbewußtcn Geisteslebens aus ihrem Dornröschenschlaf aufgeweckt werden, wenn wir aber nach einer Darstellung ihres Lebens und ihrer Werke gefragt werden, dann müssen wir versagen. Zwar sind neuerdings sehr brauchbare Aus wahlausgaben ihrer Werke erschienen mit zum Teil sehr guten Einleitungen und cs ist ja auch wichtig, daß wir den Weg zu ihren Werken selber finden, das aber überhebt uns nicht der Aufgabe, ihrem Leben näher nachzugehen; denn wer so mit seinem Volke und Volkstum verwachsen ist wie Herder und Riehl, deren Leben liegt nicht außerhalb oder neben ihren Werken, sondern das eine ist nicht voll verständlich ohne das andere. Zwar besitzen wir für Herder die große, nun schon vor fünfzig Jahren erschienene Biographie Rudolf Hayms, ein Meisterwerk deutscher Ge schichtsschreibung, aber gerade die Person Herders und ihr Werk sind seitdem für uns unter ganz andere Gesichtswinkel getreten als Hahm cs sah — wir brauchen nur an Nadlers und neuer dings Franz Schultzens Hcrderbilder (in: Klassik und Ro mantik der Deutschen) zu denken, um uns dessen bewußt zu werden. Für Riehl sind wir sogar nur auf die mehr oder weniger zu reichenden Artikel in Handbüchern beschränkt. Und dasselbe gilt auch für die noch weiter zu nennenden Fälle. Hier steht an erster Stelle Hölderlin! Wieviel ist nicht in den letzten Jahren in Aussätzen und Einzeluntcrsuchungcn an ihm herumgedeutet und in ihn hineingedeutct worden, keiner aber aller seiner Verehrer hat uns bisher das Bild dieses großen Dichters in bezwingender Gestaltung hcraufbeschworcn. Möglich, daß Böckmanns soeben er schienenes Buch diese schmerzlich empfundene Lücke allsfüllt, der Ruf danach sei darum trotzdem nicht unterdrückt. Wir sehen nicht in die Werkstätten der Verleger, wir wollen ihnen nicht das Recht nehmen, uns mit Werken zu überraschen, die lange Jahre der Reife bedürfen und denen eine allzusrühe An kündigung nur schaden würde — wir möchten wünschen und hof fen, daß vieles von dem, was wir erwarten, sich schon im Schinclz- tiegel befindet, vor allem aber, daß es aus einer innerenNot- Wendigkeit und Verwandtschaft zwischen dem Darsteller und dem Dargestclltcn erwachse, denn die Zeit mit rein artistischem Können hingeworscncr Ludwigiadcn ist vorbei! Solche Menschen wie Hölderlin, wie Herder und Riehl verlangen nach geistigen Herzensbrüdern und das gilt ebenso von einem Adalbert Stifter, dessen Lebensbild von Hein längst einer Auffrischung bedürfte, nachdem Nadler, Groluiann, Günther Müller, Bertram u. a. in feinsinnigen Einzelstudien den Weg dazu bereitet haben. Und schließlich sei noch einer genannt, abseitig vielleicht für uns Heutige und beinahe vergessen, trotzdem aber ein deutscher Mensch und Dichter, dessen Person vielfach verkannt wurde und uns nicht verloren sein sollte: Ludwig Tieck. Weder Köpkes wohl meinende Erinnerungen noch die knappen Einleitungen zu seinen Werken geben uns einen wirklich erschöpfenden Einblick in dieses so reiche und in seiner inneren Entwicklung so bedeutsame Leben. Wir haben nur einige Themen genannt, die uns der Behand lung wert scheinen, wir nahmen sie aus dem Geistesleben, vor allem aus den Reihe» der Dichter, weil wir diese Lücken aus unserer Arbeit am besten kennen, — berufene Kenner anderer Gebiete werden sicherlich nicht weniger Wünsche haben; sie einmal aus- zusprechcu mag aber vielleicht doch nicht so unzeitgemäß sein, wie es einleitend schien. Freilich, um wenigstens diesem Einwand zu begegnen, unser Vergleich mit Abessinien und der Wehrfrage hinkt insosern, als es sich bei diesen um aktuelle Fragen handelt und die darüber handelnden Bücher von vornherein in einem viel größeren Wirkungsraume stehen als die von uns ge nannten Persönlichkeiten — aber d a s E » t s ch e i d e n d c ist doch dieFragederFührung und Dauerhaftigkeit, und da glauben wir denn doch, daß es nicht nur Pflicht, sondern auch eine lohnende Aufgabe für den Buchhandel ist, durch eine Herausstellung des »großen Vorbildes-, um mit Karl Rauch zu sprechen, das Schwert des Geistes im Buche zu führen! vr. Walter Rumpf. Welche Neuausgaben fehlen uns? Handelt es sich in dem vorstehenden Aufsatz um Bücher, die nach Ansicht des Verfassers »geschrieben werben müßten«, so können seine Vorschläge von einem in der »Deutschen Zukunft« Nr. 43 vom 27. Oktober erschienenen Aufsatz: »Arbeitsbeschaffung für junge Ger manisten« nach der Seite der fehlenden Neuausgaben ergänzt werden. Dietrich Seckel führt dort eine ganze Reihe von deutschen Dichtern und Schriftstellern aus dem 18. und 19. Jahrhundert auf, von denen es keine neuen, keine brauchbaren oder keine für den kleinen Geld beutel erschwinglichen Ausgaben gibt. Nach seiner Meinung fehlen Ausgaben von Hamann, Herder, Lichtenberg, Justus Möser, Wilhelm v. H u m b o l d t, Clemens Brentano, Jean Paul und C i ch e n d o r s f. Ans die Frage, »was in dieser eigentlich beschämenden Situation zu tun« fei, macht er folgenden Vorschlag: »Ein rühriger Verlag, der finanziell sicher dasteht, bringe eine Folge von Ausgaben der ge nannten Autoren heraus. Diese Ausgaben müßten alles Wesentliche bringen und nur wirklich Unbeträchtliches oder allzu Spezialistisches weglassen. Alle Werke, die man abdruckt, wären jedoch unbedingt in exten8o wiederzugeben, damit das für manche Zwecke ganz gute, hier aber höchst unerwünschte System der Pröbchenliteratur aus- geschaltet bleibt. In der Tcxtgestaltung schließe man sich an die je weils beste vorhandene Ausgabe, also entweder an eine moderne wissenschaftliche oder eine gute alle, vielleicht sogar die Original ausgabe an und belaste diesen Text, der möglichst zuverlässig zu sein hat, nicht mit einem großmächtigen Apparat; wohl aber gebe man knappe Erläuterungen, die zum Verständnis des Textes nötig sind, lege dem Benutzer außerdem alle äußeren Angaben (Enlstehungszeit der Werke u. dgl.) bereit und biete ihm eine kurze Bibliographie, mit der er sich im Bedarfsfälle weiterhelfeu kaun. Tic Ausstattung müßte solide, einfach und hübsch sein — etwas Prächtiges ist durch aus nicht nötig: ein schlichter Druck, ein handlicher Einband, ein be quemes Format, mit einem Wort: eine Ausstattung, die dem Stu- 970 dienzwcck angemessen ist und keine überflüssigen kosten verursacht. Der Preis hätte so niedrig wie möglich zu sein, also etwa 2>4—3 NM für einen Band von etwa 300—350 Seiten. Das dürfte bei den heutigen Trnckverhältnissen möglich sein und ist ja in manchen Fällen auch schon geleistet worden... Ein Vorschlag, wie der hier entwickelte, könnte, da er einem wirk lichen Bedürfnis abhülfe, sicher zu einem gewissen Teile jungen Ger manisten Tätigkeit und Verdienst schaffen — und nicht nur diesen, sondern auch dem Buchgewerbe. Wenn man sieht, was alles gedruckt wird, sollte man denken, daß sich die Herstellung jener hier geforder ten Ausgaben am Ende auch noch müßte ermöglichen lassen, welche in manchem Falle überhaupt zum ersten Male einen auch für uns heule wesentlichen Denker erreichbar machen würden.« Zum Schluß gibt der Verfasser zu, daß sich wahrscheinlich manche Einwände geschäftlicher Art machen ließen, besonders was das Pro blem der Nachfrage betrifft und hofft, daß ein buchhändlerischer Fach mann sich von seinem Standpunkt aus zu seinem Vorschlag äußert. Mn Deut! st des MS AT>ir sind nicht auf der Welt, um zu genießen, sondern um unsere Schuldigkeit zu tun. Tue auch Du Deine Pflicht und opfere für das Winterhilfswerk!
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