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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1935
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- Deutsch
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272, 23. November 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtsch» Buchhandel. ein Krimmalroman). In den Lesemonaten des Winters erscheinen auch fünf bis sechs Bände, einzelne Verlage bringen es sogar auf 15 bis 20 Stück. Der Umfang ist in der Regel 15 bis 20 Bogen, der Preis liegt zwischen 3 — bis 4.— RM. Die Auflagen betragen 2000—3000 Exemplare. Das Angebot erfolgt nach Stoffgruppen, also Zirkus-, Sport-, heitere Romane, Was sich nicht eingliedern lässt, wird schlicht als »neues Buch- und als »besonders originell bezeichnet, Der Schuhumschlag verdeutlicht meistens noch die Gruppe durch ein Schristband (»L-Verlag-Frauenroman»), Bei einer Betrachtung dieser Verlage fällt auf, daß ein ge wisses Auf und Ab in der Äusnahmefreudigkeit herrscht. Es ist fast eine Laune des Schicksals, die die Produktion einiger Verlage eine Zeitlang hochwirft, um sie dann aus nicht erkennbaren Gründen wieder absinken zu lassen. Nicht die Produktion an sich bzw. der besondere Wert der Bücher sind hier entscheidend. Es kommt öfter vor, daß alle Welt »ik-Romane» haben will; nach einem halben Jahre ist die Geschichte dann vorüber! Modetorheiten, wie Bän der, Spitzen oder Rüschen! Einige Berlage haben es allerdings verstanden, sich dauernd die Gunst ihrer Leser zu erhalten, indem sie von einem bestimmten (entsprechend propagierten) Tpp nicht abwichen und sich dann aus eingeführte Autoren stützen konnten. Ein Paar weithin sichtbare Erfolge veranlassen stets ein ganzes Heer Uneingeweihter zu raschen Nachahmungen, und da von diesen wieder verhältnismäßig viele gewisse Anfangserfolge hatten, stehen immer neue Unternehmer aus, die sich dadurch verlocken lassen. Es wirken hier zwei Umstände mit: die Abnehmer, die Leih bibliotheken und zum andern die Vermittler, die Grossisten, über die in der Hauptsache der Absatz geht. Wenn man die erste Ursache ergründen wollte, dann müßte man auf die Struktur des Leih- büchcreiwcscns näher cingehcn. Dieses Gewerbe ist, in seiner heuti gen Form wenigstens, noch jung und leidet darum an den Kinder krankheiten, die auch die beste Kulturgcsetzgebung nicht von heute auf morgen beseitigen kann. Es handelt sich hier in der Haupt sache um ein Gewerbe, das in den weitaus meisten Fällen ur sprünglich allein aus Existenzgründen ausgenommen wurde. Die Frage einer Sendung, einer Aufgabe, einer Eignung stand hier oft nicht zur Debatte. Das Volksbüchcrciwesen erhebt ähnliche, wenn auch mitunter ein wenig zu weit greifende Vorwürfe. Beim Grossobuchhandel, den Vermittlern, liegen dis Dinge anders. Hier hat man es mit buchhändlerischen Firmen zu tun, die zum Teil schon lange bestehen. Zur Ehre mancher Firmen sei gesagt, daß sie eine rühmliche Ausnahme bilden. Andererseits darf nicht verkannt werden, daß wir auch in diesem Zweig des Buch handels manche Konsunkturgründung erlebt haben. Einige Volks roman-Verleger sind dazu übergegangen, Auslieserungsstellen zu errichten und betreiben damit etwas ähnliches wie eine Grosso- buchhandlung. Jedenfalls herrscht heute ein Überangebot. Es gibt zuviel Grossobuchhandlungen. Diese vertreiben durch ihre Ver treter, welche sehr oft mit einem Wagen unterwegs sind und ihre Ware aus dem Auto verkaufen. In ihren Koffern befindet sich neben einigen guten Büchern alles, was nur an »gängiger- Bolks- litcratur aus den Markt kommt. Und zwar fast immer nur Neu erscheinungen! Es ist merkwürdig, wie schnell ein neues Buch von den meisten Grossisten ausgenommen wird. Man wartet nicht ab, was aus einem neuen Verlag wird, sondern nimmt erst mal mit, was er bringt. Das ganze Geschäft zwischen Verlag und Grossist spielt sich auf Umtauschbasis ab, es ist also im wesentlichen ein Neuhcitenvertrieb. Bei dieser Methode ist nur zu erklärlich, daß eine Berücksichtigung der Qualität nicht möglich ist. Am Leser ent scheidet sich der (geschäftliche!) Wert des Buches. Was nicht inner halb vierzehn Tagen abgesetzt werden konnte, fällt aus. Daran ändert auch eine gute Kritik, z. B. im Fachblatt der Leihbüchereien, nichts. Den Grossisten kann man kaum einen Vorwurf machen, solange die minderwertige Produktion nicht ausgeschaltet ist/daß er sie an den Leser heranbringt. Eine Änderung der Dinge kann also nur von der Wurzel, beim Manuskript, begonnen werden und tatsächlich hat sie ja auch schon begonnen. Bleibt nochmals der Leser zu erwähnen, der eigentliche Ver braucher. Als Interessent für den Volksroman in jeder Form haben wir cs mit dem Entspannung suchenden Menschen zu tun, der nicht über Probleme grübeln, sondern lediglich Unterhaltung haben will. Der Lcihbibliothekar kann ein vielstimmiges Lied von ihm singen! Da taucht ein Leser auf, der nacheinander zwanzig Kriminal-Romane verschlingt und dann wieder verschwindet. Es gibt auch Leser, die an einem Tage vier Bände verspeisen und es gibt andere, Männer und Frauen, die einen dieser Untcrhaltungs- romane nach dem andern lesen und jeden Versuch der Beratung scharf ablehnen. Diese Tatsachen bestehen und man könnte versucht sein zu sagen; Solche Buchintercssentcn sind dem Buchhandel gleichgültig! Das ist falsch, denn solange sie überhaupt lesen, haben sie Interesse am Buch. Es muß nur verstanden werden, ihren Weg klug und sehr vorsichtig dennoch auf dasjenige Ziel zu lenken, das man trotz und alledem aus genauer Beobachtung ihrer Lese richtung erforscht. Diese Aufgabe kann allerdings nur ein wirk licher Buchhändler und Litcraturkenner lösen und gerade deshalb sollte sich der Buchhandel dem Unterhaltungsroman, so wie er heute ist, zuwenden. Er wird morgen anders sein und der Sor timenter, der die Entwicklung nicht mitmacht, bleibt unweigerlich zurück, ganz abgesehen davon, daß es schon heute manches gute Buch unter der in Bausch und Bogen verurteilten Literatur gibt. Es ist falsch, sic zu verachten, nur weil sic in einem aus alter Ge wohnheit nicht gut klingenden Bolksliteratur-Verlag erscheint: genau so falsch wie das Übersehen eines gefährlichen Gegners immer war und stets bleiben wird. Die Verlage stellen sich um, neue Männer, neue Autoren, neue Ziele treten auf. Aus dem Rhythmus eines neuen großen Werdens geboren gewinnt auch der Begriff »gute Volksliteratur» ein anderes Gesicht. Das muß der Buchhändler als erster beachten! Es ist anscheinend viel zu wenig bemerkt worden, wie ungeheuer die Lesefreudigkeit gegenüber der Vorkriegszeit gestiegen ist. Die Leihbücherei von heute und den Vielleser, überhaupt den Leser des NntcrhaltungsromanS gab es damals nicht. Die Mehrzahl der kleineren und mittleren Leih büchereien besteht in Wohnvierteln der ärmeren Bevölkerung. In ausgesprochenen Landstädten mit bodenständiger Bevölkerung sind sic fast gar nicht vorhanden, in Jndustriegegenden findet man sie in jeder Straße. Die Leihbücherei von heute ist hauptsächlich aus der Notzeit entstanden, aus der Arbeitslosigkeit. Sie geht in dem Verhältnis zurück, in dem der Beschäftigungsgrad steigt. Aber auch nur bis zu einer gewissen Grenze. Dann kommt das, was man den Bodensatz der Erscheinungen nennen kann. Dieser Rest wird blei ben und Bedeutung genug haben, daß man sich darüber im Buch handel Gedanken macht. Es ist reichlich spät geworden, doch zu einer Besinnung ist es nie zu spät! Für viele Buchhändler mag es sich nicht verlohnen, Nebenzweige wie Lesezirkel und Leihbücherei zu betreiben. Vor dem Kriege war es anders und die gute Folge zeigte sich in der Tatsache, daß alhes in der Hand des Buchhändlers verblieb. Wir hatten auch vor dem Kriege Nnterhaltungsromane. E. Werner, Marlitt, Eschstruth, v. Schlicht u. a. schrieben sie. Aber wir hatten eines nicht: die Buchindustric von heute! Damals regelte sich alles von selbst. Der Buchhändler, der eine Leihbibliothek besaß, sorgte mit Bedacht dafür, daß leichtere Literatur nicht die Dichtung über wucherte. Heute gilt cs, den Auchbuchhändlcr, Lcihbibliothekar, Wagenantiguar usw. zu schulen, damit er die ihm fehlende Vertrautheit mit dem wesentlichen Buche gewinnt. Denn er muß — das ist eine unausweichliche Forderung — erzieherisch auf seine Abnehmer wirken können. Der Sortimenter muß aus diesen Gegebenheiten lernen. In erster Linie gilt es, die Leihbüchereien nicht mehr sich selbst zu überlassen, sondern wieder mit einzugreifen. Es kommt wieder eine andere Zeit, die der Besinnung, und darum verlohnt es sich. Hand in Hand mit einer Hebung der Unterhaltungsliteratur muß die Beeinflussung des Leihbüchereiwesens durch den Buchhandel gehen. Man ziehe zu den Sommerakademien auch den Lcihbibliothekar hinzu und versuche, durch ihn zu verstehen, wie mannigfaltig das Lesebedürfnis ist. Man wird daran erkennen, wie es um den ein fachen Volksgenossen bestellt ist, PauIKöppe-Weglander, 1001
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