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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1935
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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X» 272, 23. November 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. Zeugnisse durch rote Partcibnchhaudlungcn und Vcrtricbsstellcn nn den Mann brachten oder einfachste Unterhaltung boten. Die Scheidnng der Volksrotiran-Vcrlcger in solche, die dauernd neue Autoren Herausstellen, mir um eine bestimmte Gattung von Er zählungen ihrer Produktion zuzusühren, und solche, die ein Manu skript der Eignung willen annehmen, war nach Beendigung des großen Knltnr-Organisationswerkes erste Aufgabe. Sie kann im wesentlichen als beendet gelten, wenn nunmehr auch die weit schwierigere Frage sich erhebt, wie aus Buchprodnktionsstätten, die nichts waren als ein graphischer Fabrikationsbctricb, regel rechte, verantwortungsbewusste Verlage zu gestalten sind. Der Dienst am Zweck, der Blick ans das rein Wirtschaftliche hat hier im Laufe weniger Jahre alles damit einst innig verbundene Schöne, Edle und Erhabene unterdrückt, erstickt und hat auf dem sich so selbst gepflügten Sumpfboden ungehindert wuchern können, bis in zwölfter Stunde die Rettung auch hier ein unmeßbares Unglück verhütete. Ausgangspunkt verlegerischcr Unternehmungslust war und ist zum Teil auch heute noch der Zeitnngs-Roman-Bertrieb. Einige Bnchverleger unterhalten gleichzeitig einen solchen Ver trieb, andere stehen mit Firmen dieser Art in ständiger Ver bindung. Ein erheblicher Teil aller Romane wird zunächst in Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlicht. Das bedingen wie derum die wirtschaftlichen Umstände, denn erstens erlaubt die in der Regel nur einmalige Auflage nur ein beschränktes Honorar, zweitens benötigen die Zeitungen Unterhaltungsstofs. Aber dar über hinaus ist auch der Zeitungsroman oft Anreger einer Buch ausgabe. Die Verwunderung über das oft schnelle Entstehen und Verschwinden kleiner Unterhaltungs-Roman-Verlage wäre wohl geringer, wenn die Verfasser selbst über dieses ganze Problem besser unterrichtet wären. Die Lust, sich gedruckt zu sehen, ist auch heute noch stärker als die Freude am Geldbesitz. Obwohl es sogen. Hcrstcllungskostcnverleger nicht mehr geben soll, werden wohl immer noch Umwege gesucht und gefunden, um geistige Er zeugnisse auf den Markt zu werfen, die sonst wahrscheinlich nie das Licht der Welt erblickt hätten. Die Verordnung zur Förde rung guter UntcrhaltnngSlitcratur wird auch diesen Überrest einer dekadenten Knlturcpochc beseitigen. Seit vielen Jahrzehnten sind Zeitung und Zeitschrift Er halter eines gewissen Romanwps. indem sie die nicht abreißbare Verbindung mit der Leserschaft Pflegen. Die Duchanswertnng in dem heute gewordenen Umfang ist erst in den letzten Jahren durch geschäftstüchtige Verleger hinzugckommen. Sie sahen die verhältnismäßig einfache Gründung eines solchen Verlages, ohne allerdings die vor der Tür stehende Änderung der Lage zu ahnen. Autoren und Manuskripte waren leicht zu beschossen; eS genügten einige Anzeigen in den Schriftstellerblkttern und den sogen. »Absatzguellen« oder man wandte sich an Namen, die man in großen Zeitungen fand. Ohne genügende Fach- und Sachkenntnis wurden kleine und daher unrentable Auflagen gedruckt, die gerin gen Einnahmen zehrten Betriebs- und Werbekosten ans und bald war man wieder am Ende. Wenn trotzdem immer wieder Neu- gründnugen erfolgen, so liegt das an einer Nichtkcnntnis der Lage, wie sic in Übergangszeiten nicht allzu verwunderlich ist. Es wird aber auch viel zu viel geschrieben in Deutschland! Unzählige Volksgenossen glauben das Zena zum Romanschrift steller zu haben. Bei den Zeitungs-Roman-Verlegern gehen jähr lich Hunderte von Manuskripten ein, von denen höchstens k> Pro zent als brauchbar bezeichnet werden können. Allerdings setzt die Abfassung eines Zeitungsromans entweder besondere Übung darin oder eine ganz ursprüngliche Begabung voraus. Die bereits mehrfach erwähnte Verordnung der Reichs- schristtumskamnrer ebnet den Weg zu einer P r ü fung vor Drucklegung. Das ist entscheidend, denn damit werden alle die vorher angeführten unnützen Ausgaben verhindert, weil das nicht wünschenswerte Buch nicht erscheinen kann. Die Praxis hat ergeben, daß bei gängigen Büchern mit einer Kritik nach Er scheinen nicht viel geholfen ist, weil der Vertrieb hier schneller erfolgt. Insbesondere Sericnromane und dergleichen wurden aus- lagenweisc schon vor Erscheinen durch Vorbestellungen abge- setzt: — eine ablehnende Kritik konnte dem Heft oder Buch also 1000 wenig schaden. — Es wäre sehr zu begrüßen, wenn sich der Herr Präsident der Rcichspressekammer dem Schritt der Reichsschrist- tumskammer entschließen würde, um durch eine ergänzende Ver ordnung für den Zeitungsroman die Quellen endgültig zu verstopfen. Wir kennen ihn alle, den sogenannten Volksroman, — ken nen das Schema, nach dem er gebaut wird. Unwichtig ist bei ihm das Wahrscheinliche, das Wissen um die Dinge, die Beherrschung des Stoffes in allen Einzelheiten, die künstlerische Behandlung. Wichtig ist Stimmung, das Einlullcnde, dann Spannung und und süß wie eine Sommernacht. Was macht es^ schon ans, daß ein Wunschideal ist und das mit den Realitäten des Lebens aber auch nichts zu tun hat. Was ist es, das solchen Romanen immer wieder Leser zusührt, sic ihnen erhält? Es kann nicht geleugnet werden: es ist menschliche Schwäche, der Hang nach Zerstreuung, es ist Unbildung und Verbildung. Und cs ist der Zustand, der erst jetzt geändert wird: Das üppige Wuchern dieser »Literatur«, die jedem allzu leicht zugänglich ist und der man verfallen kann wie einem Gift, wie dem Alkohol! Wir haben eine Menge guter VolkS- romane und wir haben auch erfolgreiche Bücher dieser Art <man denke nur an Gillhoff, Jürn Jakob Swehn), aber sie haben die Beachtung der anderen Bücher nicht ausgeschlossen. Ihre bunten Umschläge lockten, sic brachten die Welt, wie inan sie gern haben wollte, schilderten herrliche Gestalten und fürchterliche Ungeheuer; die Menschen sind tüchtig und begeistern und die Liebe ist schwer und süß wie eine Sommernacht. Was macht es schon aus, daß Menschen und Handlungen unwahrscheinlich sind, daß die Laud- schaftsschildcrungen nicht stimmen oder daß mit heiligen Dingen Schindludcr getrieben wird, indem sic der Autor zu läppischen Vorgängen herabzieht! Es ist doch eine Gestalt da, mit der man durch dick und dünn geht. Die Handlung erfordert keinen eigenen Denkauswand wie bei einem »guten« Buch! Man kann sich treiben lassen, — darin liegt die Gefahr, obgleich unstreitig ein gewisses Können dazu gehört, solche Ro mane spannungsreich und stimmungsvoll zu schreiben. Aber damit ist nur bewiesen, daß man auch schlechte Dinge -können« muß, um sie »gut- kalso hier: ganz schlecht!) durchzuführen. Die hier erwähnte -Volksliteratur- findet ihre Abnehmer und eS wird bei dem Vertrieb keineswegs mit einer Täuschung gearbeitet. Im Gegenteil, die Verlage, die ihrer Produktion eine künstlerische Note geben, haben den Nachteil zu erleiden. Der Leser will es ja nicht, er will überhaupt nichts weiter, als seinen Lesehungcr stillen. Deshalb überlegt er auch nicht, daß »sein- Autor in den letzten zwei Monaten vier Bücher veröffentlichte und daß er die unmöglich in derselben Zeit geschrieben haben kann. Er will nur mehr, immer mehr von dem Namen, der ihm ein Programm be deutet und das ihn — wenn auch nur scheinbar — befriedigt. In Wirklichkeit ist jedes Buch nur Aufstachelung zun: Lesen eines weiteren, zumal bei Scrien-Roinanen. Lesen steht hier aber nicht gleich kaufen. Denn Abnehmer die ser Art Literatur sind heute fast nur die Leihbüchereien. Der Absatz an Buchhandlungen und damit an den Leser direkt ist gleich Null. Die vielen Leser eines solchen -VolkS-romauS schätzen seinen Wert gefühlsmäßig richtig ein, wenn sie ihn zwar lesen, aber nicht kaufen. Ein llntcrhaltnngSroman, der durch einen Maternver trieb bei SO bis ISO Zeitungen nntcrgebracht wird, also roh ge rechnet mindestens I Million Abonnenten erfaßt (und vielleicht 2 bis S Millionen Leser), hat im günstigsten Falle etwa zwanzig Au sragen beim Verlag nach der Buchausgabe zu verzeichnen. Davon bestellen etwa fünf und zwar zumeist Frauen anS dem sogenannten kleinen Bürgcrtnm. Die Fachschaft der Leihbücherei hat cs in letzter Zeit nicht au ernsthaften Warnungen fehlen lassen. Fast jede Nummer des Fach blattes warnt vor de» Erzeugnissen der Buchfabrikeu. Eine neue Einrichtung zeigt die Romane auf, die unbedingt abznlehuen sind. Auch in der Buchkritik werden die Neuerscheinungen behandelt. Naturgemäß liegen aber gewöhnlich zwischen dem Erscheinen des Buche? und der Kritik einige Wochen und dadurch kommt manche Warnung, wenn sic schon beachtet wird, zu spät. Etwa zehn Verlage warten monatlich mit zwei bis drei Neu erscheinungen auf jim Durchschnitt ei» Frauen-, ein Abenteuer,
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