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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.07.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1936-07-14
- Erscheinungsdatum
- 14.07.1936
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- Deutsch
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Nummer 161, 14. Juli 1936 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Der für die Buchbesprechungen eines Senders Verantwort liche sieht sich — vor allem in den Wintermonaten — einer Fülle von Neuerscheinungen gegenüber, unter denen sich eine große An zahl wertvoller Werke findet. Wollte er alle diese würdigen lassen, so wäre er gezwungen, zehn oder noch mehr Bücher in eine Besprechung von zehn oder fünfzehn Minuten Dauer hin einzupferchen. Derartige Buchanzeigen sind gänzlich sinnlos; ein mal verleiten sie selbst bei geschickter Zusammenstellung der Neu erscheinungen den Rezensenten allzu leicht dazu, von einem Buch zum anderen mit der lächerlichen Redensart: »In eine ganz andere Welt führt uns T mit seinem Buch A« überzulciten; anderer seits muß sich eine auf sechs bis acht, höchstens zehn Manuskript zeilen zusammengedrängte Würdigung eines Buches in den her gebrachten Phrase» erschöpfen: »meisterhafte Zeichnung der Figu ren — vollendete Formung der Sprache — machen die Lektüre des Werkes zu einem unbeschreiblichen Genuß«. Abgesehen von der mit Sicherheit vorherzusagenden Wirkungslosigkeit derartiger Besprechungen muß man sich schon angesichts ihrer inhaltlichen Dürftigkeit zu dem Grundsatz durchringen, daß die Quantität hinter der Qualität zurückzustehen habe. Die Befolgung dieses Grundsatzes mag Autoren und Verlegern manchmal unangenehm sein, weil sie auf die Würdigung auch wertvollen Schrifttums einfach aus Zeitmangel zu verzichten zwingt; die wirkliche Be sprechung eines Buches aber dürfte zehn unterbliebene Buch- anzclgen wettmachcn! Ans dieser Erkenntnis heraus wird am Königsberger Sender in einer Besprechung nur ein Werk gewürdigt, höchstens aber zwei, die entweder von dem gleichen Verfasser stammen, in einem thematischen Zusammenhang stehen oder zur Gegenüberstellung anreizen. Erst wenn eine (relativ) ausreichende Zeit verfügbar ist, läßt sich in einer Besprechung auf die Dinge eingehen, die wesentlicher sind als eine kurze Inhalts angabe und eine phrasenhafte Kritik der angedcutctcn Art: dann läßt sich davon berichten, wie sich das neue Werk in die Literatur überhaupt oder das Schaffen des Dichters einordnet, dann erst kann von dem historischen Roman, von der Novelle, von der Bio graphie, von der Brieflitcratur und ähnlichen allgemeinen Fragen gesprochen werden, deren Erörterung dem Fernstehenden weit eher einen Anreiz zum Lesen bietet als eine bloße Buchanzeige. Bei meinen eigenen Buchbesprechungen halte ich es häufig so, daß ich erst im letzten Drittel oder Viertel der Sendung aus das Werk selbst eingehe und die vorausgehende Zeit zur Darlegung von Ge danken benutze, die durch das Lesen des Werkes ausgelöst wurden. Diese von der Buchanzeige durchaus abweichende Form der Buch besprechung kommt schon in der Ankündigung im Programm zum Ausdruck: die Sendung wird nicht als »Bücherstunde« angezeigt, sondern trägt den Titel des Buches oder — wenn sich dieser nicht eignet — einen sreigewählten Titel. Erst der Untertitel läßt er kennen, daß eine Buchwürdigung geboten werden soll. Ist der Stoff für eine Sendung gewählt, so ist die vorberei tende Arbeit des Funktätigen nicht am Ende. Hierin unterscheidet er sich vom Dramaturgen, vom Schriftleiter, vom Leiter eines Verlages, denen allen nur je ein Ausdrucksmittel für ihre ge plante Darbietung zur Verfügung steht. Im Funk ist nach der Stoffwahl stets zu fragen, in welcher der vielen möglichen Formen der Stoff dargcboten werden soll. Vortrag, Zwie- und Mehr gespräch, Szene und musikalisch unterbrochene Sendeform wären theoretisch für eine Buchbesprechung möglich. Welche dieser Formen ist die richtige? Allgemeingültige Gesetze lassen sich nicht geben; der Stoff und die verfügbaren Mitarbeiter, werden in gleicher Weise die Form bestimmen. Einer besonderen Verteidigung bedarf der Einzelvortrag. Man hat vor ihm — auch in Funkkreisen — eine gewisse Angst, weil man ihn für langweilig hält. Das mag er manchmal sein; daran trägt aber nicht die an sich außerordentlich funkische Form Schuld, sondern die mangelnde Meisterung dieser Darbietungs form durch die Mitarbeiter, von denen nur sehr wenige es bis heute gelernt haben, funkgerechte Manuskripte zu schreiben und entsprechend vorzutragen. — Manuskripte für Gespräche sind fast noch schwerer zu schreiben als Szenen, deshalb ist von Gesprächen stets dann abzuraten, wenn sie nicht wirklich formvollendet, d. h. nicht allein stilistisch, sondern auch situationsmäßig echt sind. In der Wahl der Situation machen es sich die Herren Autoren, die Buchwürdigungcn in Gesprächsform schreiben, meistens ziemlich leicht. Entweder haben beide Gesprächspartner das Buch gelesen oder nur einer, und mit der in Dialogform gebotenen Feststellung dieser Sachlage hebt das Gespräch an. Dann gibt's entweder einen höflichen Meinungsaustausch oder aber der »Ignorant« tut be treten ob seiner literarischen Unbildung und läßt sich von dem »Bücherwurm« belehren. — Szenen sollte man um ein Buch nur schreiben, wenn man seinen Inhalt szenisch wiedergcben will; das überläßt man am besten dem Dichter. Die Würdigung eines Buches durch eine gespielte Szene vorzunehmen, ist Unfug; er freulicherweise befindet sich die Sucht, möglichst jedes Thema in vier Funkaktcn zu behandeln, im Stadium der Schwindsucht. — Der Versuch vollends, eine Buchbesprechung durch Mufikbeigabcn zu »verlebendigen«, müßte als grober Unfug und damit als straf bare Handlung geahndet werden. Es bleiben demnach als funkgeeignete und folglich funktaug liche Darbictungsformen für eine Buchbesprechung allein der Bor trag und das Gespräch übrig. Diese Eingrenzung ergibt sich schon daraus, daß über ein Buch nur (geschrieben oder) geredet werden kann; Rollenbuch und Partitur erweisen sich als ungeeignete Medien für den hier behandelten Zweck. Es muß allerdings be tont werden, daß zwischen der Würdigung eines Buches und seiner inhaltlichen Auswertung scharf zu unterscheiden ist. Wenn der Inhalt eines Buches oder ausgewähltcr Kapitel eines Werkes für eine funkische Darbietung stofflich verwertet wird, dann besteht natürlich die Möglichkeit, auch in einer Hörspielsendung, einem Bunten Abend oder einer literarisch-musikalischen Folge exprossis Verdis oder in gewandterer Form auf ein bestimmtes Buch hinzu weisen. Die zeitliche Festsetzung einer Buchbesprechung im Tagespro gramm endlich berührt ein Gebiet, auf dem in den Programm sitzungen der deutschen Sender ein Kampf aller gegen alle tobt. Berufstätigkeit und Schlaf sind Feinde des Rundfnnkhörcns; was Wunder, daß alle Funkleute für ihre Sendungen eine Zeit zu ergattern bestrebt sind, die eine tunlichst große Anzahl der mög lichen Hörer weder beruflich noch schlafend beschäftigt zu sein vermuten läßt: die Stunden zwischen 19 und 21 Uhr. Das sind zwei Stunden in einem sechzehnstündigen Tagesprogramm; sieben Achtel der Sendungen müssen also auf die sogenannten »un günstigen« Zeiten fallen. Angesichts dieser Tatsache läßt sich über eine zeitlich günstige Verteilung bestimmter Programmteilc auf die Sendefolge des Tages wenig aussagen; auch der Dienst am Buch muß damit zufrieden sein, wenn er nicht gerade auf Zeiten gelegt wird, in denen die Straßenbahnen noch nicht oder nicht mehr verkehren. Die zur Förderung des Schrifttums von Eckert propagierte Sendezeit am Abend des letzten Wochentages scheint mir besonders ungeeignet zu sein: die Bezeichnung des mit diesen Stunden beginnenden Zeitraumes als Weekend hat dazu geführt, daß ein großer Teil unserer Mitmenschen für diese Zeitspanne der Wirklichkeit zu entrinnen bestrebt ist, daß er alles, was nicht dem filmischen Weekend entspricht, als zeitlich deplaciert verwirft und sich aus dieser Einstellung rein stimmungsmäßig selbst den Dingen verschließt, denen er am Mittwoch oder Donnerstag sein Ohr ge liehen hätte. So sind es sachlich und zeitlich der Hemmnisse genug, die sich einer idealen Förderung des Buches durch den Rundfunk ent gegenstellen. Dennoch gedenken ivir ihrer Herr werden zu können; rührende und anerkennende Hörerbriefe berechtigen uns zu dieser Hoffnung. Das Ziel allerdings darf zahlenmäßig nicht eng, quali tativ nicht hoch genug gesteckt sein: für eine Proselytenmacherei geben wir uns nicht her; wir wollen dem deutschen Buch nicht zufällige Anhänger, sondern überzeugte Bekenner gewinnen. Or. P. Gerhardt-Königsberg. In dem nächsten Aussatz auf S. 633: »Nicht nur Buchbespre chung — Buchförderung!« erwidert vr. G. Eckert kurz auf die Aus führungen I)r. P. Gerhardts. Der Verfasser des zweiten oben ge nannten Aufsatzes, Alfred Haß, wird dazu in einer der nächsten Nummern Stellung nehmen. D. Schriftl. S»2
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