11022 Börsenblatt f. d, Dtschn. «rrchhandcl. Künftig erscheinende Bücher. X° 247, 21. Oktober 1921 Vergriffen Neudruck erscheint in zwei Wochen Jakob Boßhart Opfer Sieben Novellen Broschiert Marl 27.— , Halbleinenband Mark 37.— Das Schicksalsräisel „Opfer" gestaltet der Dichter in seinem Novellenkranz, der zum besten gehört, was er geschaffen hat. Es ist daher von Interesse zu hören, was Jakob Boßhart selbst über sein Buch schreibt: ^^ie Erde ist ein ungeheurer Opferstein. Die einen opfern, die anderen werden gc- opfert, viele sind gleichzeitig Opferbeil und Opferlamm. Die Besten bringen sich selber dar, und das Herrliche ist, daß sie selber kaum darum wissen. Wann hat man das stärker empfunden, als in den letzten Jahren? Aber das Novellenbuch „Opfer" hat mit Schützengraben und Trommelfeuer nichts zu tun, es greift aus dem Alltag ein paar Schicksale heraus, einige Körner aus einem unübersehbaren Lagerhaufen. Ich kann mir denken, daß ein Leser dieser Novellen wie Hiob ein „Warum?" hervorstößt. „Warum dürfen die einen in der Sonne aufjauchzcn und müssen die andern im Schalten verbleichen? Warum darf der eine das Beil schwingen und muß der andere das Haupt auf den Pflock legen?" Auf einen anderen Leser wird das Buch etwa wirken wie eine Wiese, über die er schlendert. Wird er da fragens „warum eine Pflanze leuchtende, die andere kummervolle Blüten zeugt, warum das eine Kraut verhungert, während das andere üppig in Grün schwelgt" ? Nein, er wird sein Auge mit Wohlgefallen über die Matte schweifen lassen und finden, es sei darauf alles aufs beste geordnet. Aus einem Abstand, der die Wiese als Gesamtleben zu erfassen erlaubt, ist dieses Arteil wohl verständlich. Aber für einen Menschen, der wie ein Grashalm unter Grashalmen steht, ist es ein schlechter Trost, daß er ersticken müsse, damit andere hochkommen können. Er fühlt die Tragik seines Dasein« wie ein undurchdringliches Geheimnis, vielleicht wie einen Fluch. Auf diese Tragik, die sich hinter allem Erdenschicksal erhebt, kommt es mir in dem Novellcnduche „Opfer" an. Wer nur Sonne und keinen Schalten verträgt, wem die Worte Mittragen und Mitleiden widerwärtige Gefühle erwecken, der lasse die Land davon. H.Haessel ^ Vertag ^ Leipzig