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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1936
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- 1936-09-17
- Erscheinungsdatum
- 17.09.1936
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Nummer 217, 17. September 1936 Niederdeutsche Verlage — niederdeutscher Buchhandel Niederdeutschland hat europäische Aufgaben, um es kurz vorweg zu sagen. Das zeigt — geographisch, geschichtlich und kulturpolitisch gesehen die Brlickenstellung zu den stammverwandten Völkern im Westen: England, Holland und Flandern, im Norden: die skandi navischen Länder, und im Osten: das Baltenland — die Welt der Hanse, die zu neuem Leben erstehen wird. Naturgemäß schwingt der Nordische Gedanke in Deutschland am stärksten bei uns Nieder deutschen. Die staatenbildende Kruft des Niederdeutschen wird sich immer zum Ganzen hinwenden, zum Reich, und niemals zu einem »niederdeutschen Partikularismus« ausarten, wie mancher glaubt. Dies wäre kleinlich eng gesehen unter völliger Verkennung aller niederdeutschen Zusammenhänge. Die Geschichte beweist, sie spricht für Niederdeutschland. Bei freier Entfaltung aller Kräfte, aus groß- deutscher Haltung und Gesinnung heraus, kann Niederdeutschland zum Nutzen des Reiches noch manche ehrenvolle und segensreiche Aufbau arbeit leisten mit dem Ziel auf die germanische Gemeinsamkeit. Dies mußte angedeutel werden, weil immer noch bestimmte Kreise der niederdeutschen Bewegung verständnislos und im alten Vorurteil be harrend gegenüberstehen. Wie sieht es heute aus dem niederdeutschen Nuchmarkt aus? Er leidet offensichtlich an einem verhinderten Buchabsatz, der sogar schon einige tausend Niederdeutsche zur Selbsthilfe — durch eine niederdeutsche Buchgemeinschaft — führte. Dieses Jahr verzeichnet bereits zwei wichtige niederdeutsche Buchausstellungen: zum West- falcntag in Soest und zur Dritten Neichstagung der Nordischen Ge sellschaft in Lübeck. Der erste Eindruck für den an die Aufmachung von »Neuerschei nungen« gewöhnten Betrachter war der — welch altmodisch« Buchaus stattung! Der innerlich stark am Bestand des niederdeutschen Buches beteiligte Buchhändler sah mit Bedauern das gleiche — aber auch die Ursachen. Es ist notwendig, nicht bei dieser flüchtigen Erkenntnis stchenzubleiben, sondern alle die Punkte — auf Verlags- wie Sorti menterseite — aufzudecken, um so für die Zukunft Wege zu zeigen, die dem niederdeutschen Buch den gebührenden Platz und neuen Auf trieb im deutschen Schrifttum geben. Gehen wir zuerst auf die bisherige Verlagsarbeit ein. Vor und nach dem Kriege ist die bisher höchste Zahl an niederdeutschen Büchern erschienen. Große Verlage widmeten sich der niederdeutschen Auf gabe, u. a. auch durch zahlreiche Übertragungen aus d"m Flämischen bzw. Niederländischen. Diese Bücher sind großenteils vergriffen, in andere Verlage übergegangen oder verramscht, kurzum, cs ist mühe voll, bei diesen älteren Werken eine wirklich zutreffende Auskunft zu geben. Hinzu kommt noch der Wagemut kleinerer Verlage, die oft unter Opfern und unter Verzicht auf eigenen Gewinn den nieder deutschen Gedanken durch das Buch fördern wollten. Es ist klar, die Werbemittel — an sich schon gering — sind im Laufe der Jahre verbraucht, oder aber sie machen einen recht altmodischen Eindruck. Was von älteren Werken lieferbar ist, hat durchweg den Einband seiner Zeit. Kann der Buchhändler solch? Bücher ins Schaufenster stellen, im krassen Gegensatz zu den Büchern letzter Jahre? In diesen wenigen Punkten zeigt sich schon deutlich der Nachteil des nieder deutschen vor dem hochdeutschen Buche — also durchweg nur äußer liche Mängel. Fehlende Neuauflagen, um Jahre und Jahrzehnte zurück liegende Erscheinungszeiten tun ein übriges, um diese Werke ver gessen zu machen. In Buchwerbekatalogen sind sie nicht zu finden, weil man sich darin eben nur auf Bücher der letzten Jahre beschränkt. Darum finden wir auch durchweg eine höchst dürftige Auslese an guten niederdeutschen Büchern in Buchhandlungen, selbst an nieder deutschen Orten. Es muß hier ausgesprochen werden: Dem anspruchs volleren niederdeutschen Leser werden mit unschuldigster Miene platt deutsche Vortragsbücher billigster Art lmit sogenannten »Döntjes«) vorgelcgt, wenn er irgendein plattdeutsches Buch verlangt. Dabei müßte es doch selbstverständlich sein, daß jede Buchhandlung innerhalb des niederdeutschen Gebietes die wichtigeren niederdeutschen Bücher am Lager hat. Die hieraus erklärliche Unkenntnis in niederdeutschen Buchfragen überträgt sich zwangsläufig auf den Leser, nämlich negativ. Sein Interesse läßt nach, zumal jeder Kaufmillige seinen Bücher wunsch meist sofort erfüllt wissen möchte. Unwisscn, ungenügende Auskunft (weil es kein zuverlässiges Nachschlagemittel gibt) und mangelhafter Lagcrbestand ( — Teilnahmslosigkeit am niederdeutschen Buch) vernichten viele Bücherwünsche und vertreiben manchen Bücher freund! Es wird Buchhändler geben, die sagen, das niederdeutsche Buch geht nicht; auch solche, die alle plattdeutschen Bücher ablehnen, die nicht in der Mundart ihrer Landschaft geschrieben sind. Denen mögen die Worte Albert Mähls gelten: »Nicht Heimat eng, sondern heimat- weit) d. h. großdeutsch aus heimatlicher Art denken und handeln, anders gesagt, nicht für eine niederdeutsche Bewegung, sondern aus einer inneren selbsteigenen Bewegung heraus«. Wer ist für das niederdeutsche Buch zu gewinnen? Bestimmt die Lehrerschaft fauch auf dem Lande) und die Mitglieder von Heimat vereinen. Mag manchmal deren Einstellung zum großen niederdeut schen Gedanken noch nicht die rechte sein, es wäre eine lohnenswerte Aufgabe für einen Buchhändler, den kulturellen Stand dieser Vereine zu ergründen und seinerseits als Berater Anregungen (Vorschläge von Leseproben, Hinweise auf Bühnenstücke usw.) zu geben. Die Mit glieder müssen spüren und wissen, diese Buchhandlung pflegt ernst haft niederdeutsches Schrifttum. Hieraus entwickelt sich alles weitere. Es würde sich auch lohnen, selbst nach und nach kleine Verzeichnisse durch Abzüge mit knappen Empfehlungen herzustellen. Mag das Aus sehen solcher Vervielfältigungen auch nicht den Vergleich mit einem gedruckten Verzeichnis aufnehmen, so ist doch die aufgewandte Miihe die beste Entschuldigung für das einfache Gewand. Noch eins, jeder rührige Verleger würde sich freuen, wenn er aus Sortimenterkreisen Anfragen oder Wünsche zu einer Sonderwerbung erhielte. Die Gegen wirkung des Sortiments auf Verlagswerbungen fehlt fast völlig. Eine einsetzende Prospektnachfrage würde aber manchen Verlag dazu bringen, neue Prospekte zu drucken, die neben denen hochdeutscher Bücher sich sehen lassen könnten. Der Wert plattdeutscher Dichtung für das gesamte niederdeutsche Gebiet wurde gerade in diesen Jahren von der Landschaft selbst an erkannt. Als schöne Beweise nenne ich hier zwei Ereignisse, die Ehrung Moritz Jahns und Albert Mähls. Jahn erhielt als erster den Literaturpreis der Provinz Hannover für seine niederdeutschen Gedichte »Ulenspegel un Jan Dood«, die in dem gewiß nicht leicht verständlichen ostfriesischen Platt geschrieben sind. Albert Mähl, neben Moritz Jahn einer der berufensten plattdeutschen Dichter, erhielt eben falls für seine plattdeutschen Dichtungen einen Literaturpreis, den der Provinz Schleswig-Holstein. Die preisgekrönten Werke sind schmale Bände. Nicht etwa der Begriff »Roman« als der des meistgekauften Buches war maßgebend, sondern allein die dichterische Höhe und die Bedeutung dieser Werke für unser Volk. Hier war eine mehrfache Gelegenheit für das Sortiment, schon von sich aus etwas zu unter nehmen. Denn eine solche Ehrung hätte von den berufenen Mittlern geistigen Gutes aufgegriffen werden müssen. Das untätige Verhalten kommt geradezu einer Nichtachtung der Dichter und der staatlichen Stelle, die den Dichter ehrte, gleich. Dem niederdeutschen Buch ist nicht anders zu helfen, als daß es ebenbürtig neben dem hochdeutschen Buch durch die gleichen Werbewege und -Möglichkeiten empfohlen wird. Notwendig ist ein umfassendes Buchverzeichnis*) aller wichtigeren lieferbaren nieder deutschen Bücher, um die Bücherunkenntnis beim Buchhandel und Publikum erfolgreich zu bekämpfen. Ein solches Verzeichnis darf nicht nur Romane enthalten, sondern alles, was den kulturellen und geistigen Inhalt eines großen deutschen Landschaftsraumes ausmacht, der um des Reiches willen manches Opfer gebracht hat. Wer wissön will, was und wer niederdeutsche bzw. niedersächsischc Leistungen vollbracht hat, der lese in dem Buch von Prof. Emil Hinrichs »Wir Niedersachsen« d'e Abschnitte »Niedersächsische Leistungen« unb »Wir Niedersachsen und das Reich«. Ein glühendes Bekenntnis zum Niederdeutschtum, in dem die stammverwandten Flamen den gleichen Pulsschlag fühlen, ist Albert Mähls aufrüttelnde Schrift »Niederdeutsche Art und Sprache«. Dem Verlag bliebe noch manche das Sortiment unterstützende Arbeit Vorbehalten. Die Heimatprefse ist schon auf dem besten Wege, durch ständige Heimatbeilagen den engeren Heimatbereich zu pflegen. Noch fehlt vielfach die Weite. Den Volksbüchereien bzw. den über geordneten Beratungsstellen in Niederdeutschland fällt eine sehr wesentliche Aufgabe zu, das niederdeutsche Buch besonders in den Vordergrund zu rücken und den Plattdeutsch Sprechenden zum platt deutschen Buch zu führen. Dem wertvollen niederdeutschen Buch kann nur gemeinsame zielbewußtc Arbeit helfen. Heinz Schwarz. *) Erscheint im Herbst unter dem Titel »Niederdeutschland im Schrifttum«. Ein Buchweiser. (Franz Westphal Verlag, Wolfshagen- Scharbeutz, Lübecker Bucht.) 809
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