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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.02.1938
- Strukturtyp
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- 1938-02-03
- Erscheinungsdatum
- 03.02.1938
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- Deutsch
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grundlegende Kenntnisse der Verbindung zwischen dem Sorti menter und allen seinen Lieferanten vermittelt. Das Wesen des Verkehrs über Leipzig und die wichtige Stellung des Kommis sionärs zeigen sich ihm am praktischen Beispiel. In der zweiten Gruppe wird der Lehrling mit dem Waren ausgang und der Beziehung zu den Kunden bekannt gemacht. Er bekommt die von der Bestellabteilung ausgelegten Bücher zur Expedition, hat also Rechnungen auszuschreiben und eine Zeit lang auch zu packen, damit er auch diesen letzten Vorgang beim Versand beherrschen und beurteilen lernt. Zu seinen Obliegen heiten gehört die Führung der Zeitschriftenlisten. Er wird ferner zum Schriftverkehr mit den Kunden und zur Führung ihrer Konten herangezogen. Hiermit im Zusammenhang steht die Füh rung der Kundenkartei und Hilfe bei der Durchführung von Werbemaßnahmen, worunter nicht nur das Ausschreiben von Anschriften zu verstehen ist. Der Lehrling, der durch die Betätigung in diesen beiden Arbeitsgebieten sowohl eine gewisse Kenntnis der Kunden als auch der von ihnen bezogenen Bücher und des Bestellweges er worben hat, ist jetzt imstande, dem Kunden selbst gegenüberzu- treten. Man muß dabei voraussetzen, daß der Lehrling neben der Erwerbung der erwähnten Kenntnisse und Fertigkeiten fort gesetzt an der Vervollständigung seines literarischen Wissens arbeitet. Das bedeutet, daß man den Lehrling nicht planlos nur nach seinem eigenen Gutdünken lesen läßt, sondern ihm mit einem Leseplan behilflich ist, über den ich an gegebener Stelle noch etwas ausführen werde. Während der in der ersten Gruppe Beschäftigte nur zu ge legentlichen Ordnungsarbeiten im Lager herangezogen wird, wird dem in die zweite Gruppe Eintretenden ein bestimmtes Ge biet des Lagers zur ständigen Verwaltung übergeben. Dazu wür den sich Sammlungen, in manchen Fällen auch Jugendschristen oder andere Abteilungen eignen, für die der Lehrling eine be sondere Neigung mitbringt. Diese erste Tätigkeit im Laden leitet zur dritten Gruppe über, in der der Lehrling zur Hauptsache die Lagerordnung und Kundenbedienung zu erlernen hat. Wenn ich den Lehrling erst zuletzt zur Lagerordnung und zur Kundenbedienung heranziehe, so aus dem Grunde, weil ich verhindern will, daß ein Neuling, der nicht ausreichend Bescheid weiß, den Kunden unzulänglich bedient und selber eine Scheu vor dem Bedienen bekommt. Der im Lager arbeitende Anfänger wird immer wieder von Kunden angeredet werden, und es macht einen schlechten Eindruck, wenn er beklommen davonrennt, um jemanden zur Hilfe zu holen. Wenn sich dieser Lehrling ge nügende Lagerkenntnis erworben hat, kann er auch zur Kommis sionsabrechnung herangezogen werden und in ruhigen Stunden sich mit dem sonstigen Abrechnungs- und Zahlungswesen bekannt machen. Der im Lager tätige Lehrling soll auch lernen, Schaufenster auszustatten. Und falls er Begabung dafür zeigt, wird der Lehr herr in seinem eigenen Interesse den Lehrling auch gelegentlich selbständig ein Fenster machen lassen. Bei einer nach diesen Vorschlägen durchgeführten Beschäf tigung ist der Arbeitstag des Lehrlings voll ausgefüllt. Aber er wird darüber hinaus in seiner Freizeit noch theoretisch für seine Ausbildung arbeiten müssen. Gleichzeitig mit der Vertiefung der praktisch erworbenen Fertigkeiten erwirbt er sich die im Lehr lingspaß unter 8 geforderten Kenntnisse durch ein gründliches Durcharbeiten des mir sehr geeignet erscheinenden Buches von Uhlig »Der Sortimentslehrling«. Es ist selbstverständlich, daß man sich über die vorhergegan genen Erwägungen hinaus der Tatsache bewußt bleibt, daß alle zu erwerbenden Kenntnisse und Fertigkeiten nicht Selbstzweck sind, sondern der Betreuung geistigen Gutes zu dienen haben. Dies ist im allgemeinen auch der Ausgangspunkt des Lehrlings bei seinem Entschluß, Buchhändler zu werden. Demgemäß hat der Lehrherr die Pflicht, sich mit der literarischen Bildung der ihm anvertrauten Lehrlinge genau so gründlich zu beschäftigen. Hierfür läßt sich ein allgemeingültiges Schema nicht aufstellen, da die wissensmäßigen Voraussetzungen der Lehrlinge — sei es durch Vorbildung oder eigene Neigungen begründet — zu ver schieden sind. Immerhin begegnet es allen Lehrherren immer wieder, daß bei den Lehrlingen der von einem Buchhändler zu erwartende Überblick über die verschiedenen Epochen der Litera tur und ihre wesentlichen Vertreter fehlt. Für diesen Fall möchte ich einige Vorschläge machen, wie der Leseplan des Lehrlings ausgearbeitet werden kann. Um die Lücken auszufüllen, ist es nötig, den Lehrling nicht über den Stoff, also Literaturgeschichten, lesen zu lassen, sondern ihm den Stoff selbst in bezeichnenden Beispielen zu geben. Um dieses unter möglichster Schonung der Bestände der Buchhand lung und ohne große Anschaffungen durchzuführen, bediente ich mich der in drei Sammlungen gebotenen Literatur. Der umfassendste Stoffkreis findet sich in der Insel-Bücherei. Die frühe deutsche Dichtung lernt der junge Buchhändler etwa in den Bänden 432, ,509, 198, 105, 304, 450 kennen. Die Dichtung des Mittelalters ist mit vielen Bänden vertreten, die eigentlich alle gelesen werden sollten. Es wird sich wahrscheinlich als zweckmäßig erweisen, dabei eine Trennung der weltlichen und der geistlichen Dichtung durchzuführen, um die Ausmaße des mittelalterlichen Welt- und Lebensgefühls klar werden zu lassen. Da die bildende Kunst eine sehr wesentliche Äußerungs- sorm des Mittelalters ist, möchte ich die Bildbände zur eingehen den Betrachtung empfehlen. Die Dichtung des Barock ist in der Insel-Bücherei kaum vorhanden. Dagegen sind in der Reihe »Das deutsche Gedicht« des Verlages Oldenbourg (herausgegeben von der Deutschen Akademie) verschiedene Bände barocker Lyri ker erschienen. Überhaupt möchte ich bei dieser Gelegenheit auf diese Sammlung Hinweisen, die von der Lyrik her gesehen einen ausgezeichneten überblick von der frühesten Zeit bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gibt. Wenn man annimmt, daß die Klassiker, die in der Schule mit besonderem Eifer gepflegt werden, nun auch wirklich bekannt sind, so irrt man sich. Hier bietet nun die Insel-Bücherei reiche Möglichkeit, wirklich eine nahe Beziehung zu der großen Dich tung unseres Volkes zu bekommen. Es erscheint mir weiterhin wichtig, festzustellen, ob der Lernende die Erzähler und Drama tiker des 19. Jahrhunderts kennt. Ist das nicht der Fall, so sollten auch die weniger oft Genannten, also etwa Büchner, Grabbe und Jeremias Gotthelf gelesen werden. — Man kann hoffen, daß sich bei dem jungen Menschen allmählich die Maß- stäbe für Wert und Unwert soweit gefestigt haben, daß er mit Gewinn die Dichtung anderer Völker liest. Gewohnt, in einem systematischen Zusammenhang zu lesen, kann er selbständig aus der Fülle des Gebotenen nach seinen Neigungen auswählen. Während so die Insel-Bücherei die gegebene Sammlung zur Bildung einer Grundlage ist, lernt der junge Buchhändler die Dichtung der Gegenwart in der »Kleinen Bücherei« und der »Deutschen Reihe« kennen. Hier liegt auch der Ansatzpunkt zur Beschäftigung mit der Politischen Dichtung und der Dichtung des Auslanddeutschtums. Sie wird die politische Erziehung, in die der junge Mensch allgemein und nicht nur von beruflicher Seite her gestellt ist, wirksam ergänzen. Der Lehrherr sollte nicht ver säumen, ihm die »Bücherkunde« der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums zur Ausrichtung zu geben und ihn anhalten, Buchbesprechungen in wichtigen Zeitungen und Zeit schriften zu beachten. Bei dem vorliegenden Leseplan ist nicht zu vergessen, daß die Sammlungen in vielen Fällen nur Auswahl und Probe bringen. Es ist anzunehmen, daß sich bei dem Lernenden das Be dürfnis ergeben hat, die ihm wesentlichen Werke vollständiger zu lesen. Daß der Lehrherr hierzu gerne die Möglichkeit gibt, ver steht sich bei allen Buchhändlern von selbst. Wenn ich diese Ausführungen Erfahrungen und Versuche überschrieb, so soll damit gesagt sein, daß dieser Ausbildungs plan nicht erdacht ist, sondern sich im Laufe vieler Jahre prak tischer Arbeit herausbildete. Er ist also abhängig von der Art des Betriebes und von der Person des Lehrenden und Lernen den. Er kann nur Anregung zu ähnlichen, hoffentlich erfolg reichen Versuchen sein. 98 Nr. 28 Donnerstag, den 3. Februar 1938
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