Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1914
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- 1914-10-09
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- 09.10.1914
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/ix 235, 9. Oktober 1914. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Weh. und sie gaben die unersetzlichen Schätze der Baukunst und Malerei verloren. Manches Blatt brachte schon einen Nachruf und beklagte den Verlust des herrlichen Rathauses und der Ge mälde von Dirk Bouts. die in der St. Petcrskirche zugrunde gin gen. Aber was man kaum zu hoffen gewagt hatte, das war ein getroffen: all diese Schätze waren der Zerstörung entronnen. Wenn auch die Petcrskirche äußerlich beschädigt ist, das »Abend, mahl« des berühmten Niederländers und »Die Marter des hei ligen Erasmus« sind nach zuverlässigen Mitteilungen erhalten. Beide Gemälde haben ein ganz besonderes Interesse und einen außerordentlich hohen Wert. Das Abendmahl ist das Mittelstllck eines Altarbildes, dessen Seitenflügel zum Teil in München, zum Teil in Berlin sind. Diese Seitenteile stellten andere Speisun gen aus der Bibel dar, so das Passahfest und die Mannalese (Münchener Pinakothek). Der heilige Erasmus, der bekanntlich in einer höchst grausamen Weise gemartert wird, ist einer der 14 Nothelfer und gilt als Schutzpatron gegen Bauchweh. Die hin terlistigen Löwener Bürger werden um so froher sein, das Bild noch zu besitzen, als die heilige Barbara, die Schutzpatronin der Artillerie, ihnen einiges Bauchweh verursacht haben dürfte. — Eine größere Gefahr als die Zerstörung durch Feuer und ein- schlagende Granaten bietet die Wegnahme von Kunstwerken, die jedoch nur dann stattfinden dürfte, wenn die besiegte Stadt sich der Kontributionspflicht entzieht. Ohne diesen zwingenden Grund sollten Kunstwerke auch dem Besiegten erhalten bleiben. Wohl hat ein rücksichtsloser Eroberer, wie der erste Napoleon, von überallher Kostbarkeiten nach Paris geschleppt und besonders in Italien so gründlich geraubt, daß sogar die Laokoon-Gruppe im Vatikan nur durch eine Nachbildung vertreten war. Aber als seine Macht zerbrach, erhielten die früheren Besitzer im Frieden 1815 das meiste wieder. Damals sandte der Papst Pius VII. den von seinen Zeitgenossen hochgeschätzten Bildhauer Antonio Canova nach Paris, der den pomphaften Titel »ambassaäsur äu .papo« erhielt, den die Franzosen boshaft in »omballsur <1u paps« (Einpacker des Papstes) änderten. Manchmal mag ein bedeu tendes Werk durch die Unkenntnis des Siegers der Heimat er halten worden sein. So ist ein ganz interessanter Fall durch die Akten der Breslauer Stadtbibliothek verbürgt. Nach der Kapi tulation Breslaus im Anfang Februar 1807 forderte der Lä- ministratsur gsnsral Lesperut von der Königlich Preußischen Re gierung auf Verlangen seines Gouvernements die Auslieferung der vierbändigen Chronik des Froissart bis zum 17. Februar 1807. Es ist dies der wertvollste Besitz der Breslauer Stadt bibliothek. eine für Anton von Burgund im 15. Jahrhundert her gestellte Pergamenthandschrift mit zahlreichen künstlerischen Mi niaturen. Aber auf die Vorstellung des damaligen Bibliothekars, Rektors Scheibe! (ß 1809), daß dasselbe Manuskript sich in einer ebensoguten Abschrift bereits in der kaiserlichen Bibliothek in Paris befinde, ist der Froissart dom Rathaus, wohin er bereits zur Überantwortung in die Hände des General-Intendanten ge bracht worden war. nicht abgeholt, sondern der Bibliothek zurück gegeben worden. Scheibe! hat also dadurch, daß er den franzö sischen General über den wahren Wert täuschte, der in den Buch malereien von einzigartiger Schönheit beruht, das kostbare Werk der Stadt erhalten. Man erinnere sich übrigens, wie es einem der größten Kunstwerke in französischem Besitz während des Krie ges 1871 ging, nämlich der berühmten Venus von Milo, die auch jetzt wieder nach einer Zeitungsnotiz (mit der im vorigen Jahre vielgenannten Mona Lisa des Lionardo) in Sicherheit ge bracht worden sein soll. Als Paris 1871 belagert wurde, erschien ein Aufruf im »Kaulois«, die herrliche Antike »vor den wildenHor- den der Kantianer und Hegelianer« zu schützen, und so führte man sie aus dem Lguvre in einem Sarge in den Keller der Präfektur Aber es kam anders, als man erwartet hatte: nicht durch das deutsche Belagerungsheer, sondern durch den Aufstand der Kom mune brannte die Präfektur ab, indes durch den Bruch eines Was serleitungsrohres wurde der Keller berieselt und blieb vom Feuer verschont, so daß man nach dem Kriege die hohe Frau von Milo (klotrs-vams äs bsautö, nannte sie Heinrich Heine witzig) unversehrt an ihren früheren Platz vor der roten Wand zurück bringen konnte. Man sieht aus den angeführten Beispielen, daß man vom Kriege nicht das Schlimmste für die Kunst zu befürch ten braucht. Wohl aber steht es schlimm für die Künstler! Die im letzten. Aufsatz ausgesprochene Hoffnung, daß sich der Gemeinsinn bei den wohlhabenden Künstlern und Kunstfreunden regen möge, hat sich bereits mehrfach erfüllt. So hat der bekannte Kunstsalon Cassirer in Berlin seine Räume in Speise- und Lesesäle für Künstler, die sich in Not befinden, umgewanüelt. Für einen ganz minimalen Preis können bedürftige Künstler dort essen und fin den genügend Lesestoff, der sie über die Misere des Tages hin weghebt. Daß auch die Vertreter der Schauspielkunst an dieser Wohltat teilnehmen, verdanken sie der liebenswürdigen Gattin Cassirers, der bekannten Schauspielerin Tilla Durieux, die von jeher für die Not ihrer Berufskollegen und -kolleginnen ein mit fühlendes Herz hatte. Dort mögen nun die Vertreter der ver schiedensten Kunstrichtungen durch die gemeinsame Not an einen Tisch geführt werden, was einen Gedanken nahelegt, der viel leicht manchem, der ihn hier liest, höchst gewagt und absonderlich erscheinen wird. Doch tröste ich mich mit dem Worte eines großen Naturforschers (Laplace): »Von dem Zeitpunkt, da ein neuer Gedanke als paradox von vielen verlacht wird, bis zu jenem, da er von allen als trivial anerkannt ist, vergeht nur eine kurze Zeit«. Wie wäre es, wenn der Krieg alle Spaltungen zwi schen den Kunstrichtungen aufhöbe und wenn man nichts mehr von einer Sezession wüßte? Wir wissen Wohl, daß diese Spal tung in der Kunst selbst begründet war und daß aus ihr die Kunst unserer Zeit große Anregung und einen bedeutenden Fort schritt gewonnen hat. Aber längst sind die Meister der Sezession auf die Höhe ihres Könnens gelangt, bei vielen hat sich eine Manier herausgebildet, die der Kunstproduktion keinen Vorteil bringt. Die jungen Bahnbrecher sind alte Herren geworden, die auf ihren Lorbeeren ausruhen und es der heutigen Jugend ver übeln, daß sie es ebenso macht, wie sie früher selbst. Diesen Jüngsten aber fehlt ganz die Tradition und der Zusammen hang mit der großen Kunst früherer Zeiten, und so sind ihre Expe rimente für den Fortschritt der Kunst nicht immer heilsam ge wesen. Wer weiß heute noch etwas von den ästhetischen Erfah rungen früherer Zeiten? Mit welcher Geringschätzung werden Männer wie Lessing und Winckelmann behandelt, meist freilich von Schriftstellern, die nie eine Zeile von ihnen gelesen haben! Welche Verkennung ist, um nur ein Beispiel herauszuheben, der Versuch, den Lärm der Straße zu malen! Und doch waren Kriti ker von solchen Experimenten ganz entzückt! Unsere Kunst krankte an den vielen Schulen oder Richtungen, während doch in Wirk lichkeit jeder Künstler ein Eigenbrödler ist. Darum könnte es zum größten Segen für die Kunst der Zukunft sein, wenn auch für sie das Wort unseres Kaisers gilt: Ich kenne keine Par teien mehr. So würde die Zersplitterung schwinden, das Pu blikum würde sich bei Ankäufen nicht auf bestimmte Richtungen festlegen, staatliche Aufträge würden nicht mehr bloß den Akade mikern zufallen, sondern auch den ehemaligen Sezessionisten, deren Wert und Bedeutung man nachgerade auch an offizieller Stelle anzuerkennen gelernt hat. Schon sehe ich wieder in die Große Berliner Kunstausstellung, die man von einer gewissen Einför migkeit in den letzten Jahren nicht freisprechen konnte, unsere besten Künstler, wie Liebermann, Corinth, Slevogt, Trübner, Stuck u. a., zurückkehren und eine Jury ihres Amtes walten, die auf keine Richtung eingeschworen ist, sondern nur die Qualität für die Aufnahme entscheiden läßt. Man sage nicht, daß dieser Gedanke heute, da die Kunst durch den Krieg ohne Leben und erfolgreiches Schaffen ist, unzeitgemäß oder verfrüht sei, viel mehr kann diese Anregung in tempore belli auf fruchtbaren Bo den fallen und segensreich wirken. Noch ein anderer Vorschlag möge sich im Zusammenhang mit diesem Gedanken hier anschließen, der sich auf die Verlosung der Großen Berliner Kunstausstellung bezieht. Wie nämlich der Vor stand des Vereins Berliner Künstler mitteilt, ist ihm durch Mini sterialerlass auch für dieses Jahr die Genehmigung zu einer Lot terie von Kunstwerken erteilt worden. Die Ausgabe von 100 000 Losen zum Preise von je 2 .F, die in der Preußischen Monarchie Vertrieben werden sollen, ist erfolgt, auf jedes zweite Los soll nach dem Plane ein Gewinn fallen. Von dem zur Verfügung 1507
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