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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1937
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- 1937-04-06
- Erscheinungsdatum
- 06.04.1937
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das der erste frische Regenguß aufweicht; er gleicht einem Garten, mit Blumen aus Seidenpapier, finnig fürs Auge »garniert»; doch sie werden darum dem Wetter nicht länger standhalten. — Im übrigen handelt es sich bei der zweiten Probe um eine Erzählung, die das zweite Hunderttausend bereits überschritten hat und ins Dänische, Holländische, Englische und Italienische übersetzt wurde. Ist dieser Befund nun wirklich so schlimm? Ist eine Literatur von der aufgeführten Art nicht mindestens harmlos. Es gibt nun einmal viele Menschen, die sich gerne etwas vormachen lassen. Sie lieben diesen Schein, der keine Wahrheit in sich trägt. Was soll das schaden? Man kann auf solche gedankenlose Einwendungen nur antworten, daß Unwahrhaftigkeit doch sonst im Leben nie und nirgends harmlos gilt, weil sie immer der Wahrhaftigkeit im Wege ist. Nun kommt da ein Mensch mit einem inneren, oft noch unklaren Triebe zum Buch, um etwas zu erkennen, zu erfahren, zu erleben. Wenn aber die Erfahrung, die Erkenntnis, das Erlebnis, das er gewinnt, unwahr ist, wird er dann in seiner Phantasie, in seiner Vernunft und in seiner Empfindung nicht irregeleitet? Daran ändert sich nichts, auch wenn man anführt, daß der Be treffende zufrieden sei. Er spürt nur nicht, was ihm wirklich ange tan wird. Er wird einfach geistig und seelisch von jener Unwahrheit angesteckt und kommt so dem wahren Leben gegenüber in ein fal sches Verhältnis. Ohne die Täuschung selbst zu merken, wird er glauben, die Welt und der Mensch seien so beschaffen oder müssen so beschaffen ein, wie er sie in seinen Büchern erlebte. Und er wird sich bald gewöhnen, in seinem ganzen Leben auch so unwahr zu empfinden, wie er es dort gelernt hat. Das bedeutet aber zuletzt, daß er sich die Weltanschauung solcher Werke zu eigen macht, die zwar meistens sehr »moralisch« sind, aber kaum eine höhere Vor stellung erwecken, als daß das bessere Leben sich in den vornehmen Kreisen abspielt, und daß das höchste Ziel des Daseins in Reichtum, Genuß und der sentimentalen Erfüllung der Liebe beruhe. Wer nicht blind ist, erkennt hier den traurigen Bodensatz einer liberalen Weltauffassung. Wenn wir darum vorhin als das chärak- teristische Zeichen des Kitsches die Unwahrhaftigkeit erkannten, so müssen wir ihn, auf die Wirkung besehen, als die Form eines unfruchtbaren Erlebens bezeichnen. Denn er vermag wohl nach seiner Form den lesenden Menschen zu prägen, aber er ist niemals imstande, die Keime der Erlebnissähigkeit, die jeder Mensch in seiner Seele trägt, zu eignem lebendigen Wachstum zu entfalten. Kitsch erzeugt immer wieder dieselben Eindrücke. Wir finden eine Bestätigung in der merkwürdigen Tatsache, daß der Kitschleser niemals eine Entwicklung durchmacht, sondern jahr zehntelang im gleichen Zustande beharrt. Er lebt eigentlich geistig und seelisch gar nicht weiter. Es kann uns aber nicht gleichgültig sein, ob ein Teil unseres Volkes sich in eine Scheinwelt verkriecht, während unser Bestreben darauf geht, es gerade zur tätigen Teilnahme an unserem wirk lichen geistigen und politischen Leben zu bewegen. Darum müssen wir den Kitsch als eine volksschädliche Erscheinung bekämpfen. Er ist das Anzeichen eines geistigen Geburtenrückgangs, denn er läßt nicht nur den einzelnen verkümmern, sondern bedroht das Ganze mit einer geistigen und seelischen Lethargie. Es gibt viele Gründe, mit denen sich die Bereitschaft zu -min derwertiger Lektüre erklären läßt. Wir können sie hier nicht unter suchen, sondern wollen nur noch die Frage beantworten, wie dem Übel begegnet werden soll. Daß Zensur und Verbot fragwürdige Mittel sind, braucht nach unserer ersten Betrachtung kaum noch bewiesen zu werden. Von einer Aufklärung der Leser selbst haben wir auch nicht viel zu erwarten, denn die Erfahrung lehrt, daß er ohne Reflexion zum Buch greift und einer gedanklichen Ausein andersetzung meistens nicht folgen will oder kann. Im übrigen wird der dem Kitsch Ergebene selten zu ändern sein. Eine national sozialistische Schrifttumspflcge handelt positiv. Das einzige Ver fahren, das Erfolg auf die Dauer verspricht, heißt, das wertlose Buch durch das werthafte zu überwinden und verdrängen. Man hört bisweilen Vorschlägen, die ausgesprochen und offenkundig min derwertige Literatur kurzerhand zu verbieten. Es hieße, eine Krankheit oder Schwäche verbieten statt zu heilen. Heilung aber schafft nur, wer ein gesundes Schrifttum mit allen Mitteln fördert und allerwege zugänglich macht. Damit aber kein Mißverständnis aufkommt: wir meinen mit werthaft oder gesund nicht etwa ein schwieriges oder »hohes« Schrifttum, sondern gerade auch das ein fache, spannende, unterhaltende, sofern es nur echt und wahr und fruchtbar ist, und dazu ein gutes Deutsch. Es wäre seltsam, wenn der natürliche Instinkt des Menschen nicht zur kräftigen Nahrung griffe, falls sie ihm nur vor die Sinne kommt. Und die haben unrecht, welche Kitsch als ein unvermeidliches Übel anschen, weil sie die geistige Aufnahmefähigkeit in unserem Volke gering ein schätzen. Die Erfahrungen guter Büchereien haben längst das Gegenteil bewiesen. Wir glauben fest an den Erfolg einer sorglichen Schrifttums- Pflege, wenn nur alle Verantwortlichen treu Zusammenwirken, der gesamte Buchhandel, alle Volksbüchereien und wer sonst noch Bücher verblei et und vermittelt. Diese Arbeit wird freilich müh samer sein, als Partiepreise zu berechnen und gedankenlos anzu bieten, »was geht«. Wir müssen von jedem — und sei es der Ver walter der kleinsten Bücherei oder der Buchhändler mit dem klein sten Laden — fordern, daß er das auch kennt und zu beurteilen versteht, was er vermittelt, damit er das Schlechte vermeide. Sonst ist er fehl am Platz und gehört nicht in den Beruf. Den Bücherei- Verwalter zwingt auch nichts, ein wertloses Buch in seinen Bestand aufzunehmen. Vom Buchhändler darf man wenigstens erwarten, daß er es nicht begünstigt und es nur dem Kunden besorgt, der es namentlich wünscht. Erfüllen aber werden beide ihren Berus erst dann völlig, wenn sie aus eigenem Drang sich für das Positive ein- setzen und durch Katalog, Schaufenster, Lager, wie auch ganz per sönlich für das fruchtbare Buch werben. Und nur dem Besseren weicht das Schlechte. Gehilfenprüfung in Berlin Wieder einmal ist die Berliner Gehilfenprüfung in dem nun schon gewohnten ernsten und feierlichen Gange abgelaufen. Vierzig Lehrlinge aus dem Sortiment und dreißig aus dem Verlag hatten sich zur diesjährigen Frühjahrs-Gehilfenprllsung augemeldet. Die Verlagslehrlinge wurden in zwei Gruppen in den von den Firmen Klasing L Co. und Urban L Schwarzenberg wieder in bereitwilliger Weise zur Verfügung gestellten Räumen am 20. März (Sonnabend nachmittags) geprüft, während die Sortimentslehrlinge in Hermann Bahrs Buchhandlung und in der Gselliusschen Buchhandlung am 21. März (Sonntag) ihr Können unter Beweis zu stellen hatten. Die Vorarbeiten zu den Prüfungen waren unter der bewährten Leitung des Bildungsbeauftragten Herrn Georg Uecker ohne An stände erledigt worden. Zu den Mitarbeitern, die sich ihm wie bei früheren Prüfungen wieder zur Verfügung gestellt hatten, waren einige weitere Berufskamcraden aus Sortiment und Verlag ge treten, die sich schnell in die Aufgabe hineinfanden und so mit zum Gelingen beitrugen. Das Gesamtergebnis her Prüfungen bot keine Überraschungen. Neben manchen guten Leistungen wurden meist durchschnittliche Ar beiten und Antworten geboten. Zwei Lehrlingen (je einem aus Sortiment und Verlag) mußte der Rat gegeben werden, sich im Herbst erneut zur Prüfung zu stellen, sofern sie unserem Beruf weiterhin anzugehören gedenken. Der Durchschnitt der Leistungen der Lehrlinge ist besser geworden. Wir glauben das zu einem guten Teil den fördernden Einflüssen der Reichsfchule zu danken zu haben; andererseits ist aber auch der Wille, mehr zu leisten, bei den Lehr lingen und auch bei den ausbildenden Firmen nicht zu verkennen. Die Anteilnahme der führenden Stellen am Berufsnachwuchs fand Ausdruck in Besuchen der Prüfungen durch den stellvertretenden Leiter der Gruppe Buchhandel, Herrn Wülfing, durch den Gau obmann und dessen Stellvertreter, die Herren Langenscheidt und Weber. Lehrer der buchhändlerischen Fachklassen der kaufmännischen Berufsschule wirkten ebenfalls als Prüfer mit, sodgß sich erfreu liche Ausblicke für ein gutes Zusammenarbeiten eröffnen. Die Arbeitsweise der einzelnen Prüfungsgruppen, durch den Stamm der Mitarbeitenden und deren Austausch aufeinander aus gerichtet, stimmte — wie aus den Berichten über die Herbsttagnng in Leipzig hervorging — mit der der Mehrzahl der anderen Gaue Nr. 77 Dienstag, den 6. April 1937 303
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