Als ich mil meinem Mobanimcd vor kein Eiiigang crlchicn, hatte uns von innen niemand bemerkt, und ich schlug wohl zwei Stunden lang gegen die schmale Eiscnpfortc, che man da« Klopfen vernahm. Dan» werde ich vou oben gemustert, zweifelnd bestaunt man den Europäer, der zu Fuß durch die Wüste gekommen war. Nach zwei »'eiteren Stunden lassen sich Schritte im Innern des Torweges börcn. Ein riesiger Schlüssel ächzt im Schloß, und der AdclphoS Jkonomos, der Bruder Hausverwalter des Klosters, tritt heraus. Sein gclb- graucS, müde-abweisendeS Gesiebt umrahmt ein dünner schwarzer Bart, Er ist wobl der strenge Typus des orientalischen Gricchcn- möncheS. .Lvlogitvs hllwostos', gelobt sei Jesus Christus, sagt er in seiner Sprache. Seine matten Augen leuchten ein wenig auf, als er auch mich Griechisch sprechen hört. Dann prüft er umständlich meine Aus weise und verneigt sich. ,AH, einer von den seltene,i gelehrten Männern, die unsere ältesten Handschriften lesen können.' Nun darf ich ihm in den finsteren Durchgang folgen, der noch einige Male durch starke eisenbeschlagenc Tore untcrbrochen wird. Dann sieben wir in, Klosterbof, in einen, Wirrwarr von iniförinigcn, nicinandcrgeschobcncn Gebäuden und Galerien, in denen sich kein Fremder zurcchtfinden könnte. Wir steigen über winklige Treppe», überwölbte Gänge, blicken auf Dächer hinab und zu Söllern hinauf. Dann öffnet er mir einen weiten, niedrigen Saal, von dessen Decke alte bunte Gewebe wallen. Um die Wände laufen gelbe Diwane und darüber bängcn in der steifen, zeremoniellen Malwcisc dcS Ostens die Bilder der Heiligen, alter Erzbischöfe des Orkens und der Äbte des Kloster«. Der Mönchsorden der Sinaitischcn Bruderschaft ist nicht auf diczcs sei» Stamniklostcr beschränkt, sondern besitzt auch Niederlassungen »i Kairo, in Klcinaficn und Griechenland. An der Spitze steht ein Erzbischof, der seinen Sitz teils in Konstantinopcl, teils in Kairo hat. Man spare sich die Frage nach den Aufgaben und Ziele» dcS Sinai- ordene, er hat keine! Er will weder hckcbrc», noch belfc», nicht lcbrcn, nicht forschen, er will um gar keiner Sache willen da sein, c« genügt den Brüdern durchaus, in uraltem Gehäuse, in hergebrachter Kult übung dumpf ibrc Tage zu verbringen. Aber daß ibr Nichtstun Geld und GeldcSwcrt erfordert, haben sic außerordentlich gut begriffen, und in der Furcht vor einem unheiligc» Leben der Arbeit raffen sie gern mühelosen Gewinn. Als ich eine reichliche Stunde allein gewartet habe, erscheint zu meiner Begrüßung der Archimandrit, der Oberste de« Klosters, mit seinem Gefolge. Der graue Bart wallt bis auf seinen prallen Bauch berab, dessen Rundung sich aus den langfallendcn Rocklinicn herauS- bcult. Er fragt mich mit auSforschcndcr Höflichkeit nach meinen Studien und mag überdenken, zu welchem einträglichen Tausch geschäft ich zu gebrauchen wäre. Als ich schließlich die Gegenfrage nach seinen wissenschaft lichen Neigungen stelle, wehrt er mit freundlichem Entsetzen ab. O nein, wie sollte ihm die Zeit für einen frommen Wandel übrigbleibcn, wenn er sich mit den Angelegenheiten der Gelehrten befassen wollte! Er winkt, man »zöge das Pcrlmuttcrtablctt mit Araki, den, süßen Dattelschnaps, vor mich nicdersetzen. Auf die Bereitung des flüssigen Geistes aus der Palmfrucht verstehe man sich im Sinaikloster von alters her. Als ich danke, ist er aufricbtig betrübt. Es sei ja kein Wein, sondern nur Branntwein, und den habe die altchristlichc Fastenrcgel des beiligcn Basilius, die hier herrsche, nicht untersagt. Denn sicherlich bättc der große Klostcrhcilige doch den scharfen Dattclschnaps zu aller erst verboten, wenn er nicht den Kindern Gottes diese kleine Freude als Entschädigung für so viele Verzichte hätte gönnen wollen. Be deutungsvoll blinzelt der Abt und schnalzt mit der Zunge, sobald er ein Gläschen geleert hat. Es diinkelt, eine Abendglocke erklingt, und wir steigen durch ein Stufe,ilabnrinth zum Refektorium hinab, wo das Nachtmahl wartet Gerhard Schulhe-Pfaedzer-. „Ein Herz für uns". Preis drosch. Z M 20, in Ganzleinen 4 M 50