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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1938
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1938-03-19
- Erscheinungsdatum
- 19.03.1938
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- Deutsch
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Vörsenblatt für den Deutschen Vuchhandel Nr. 66 (R.33> Leipzig, Sonnabend den 19. März 1938 105.Jahrgang Am den Internationalen Verlegerkongreß Am 15. Januar traten die Mitglieder des Oomitä Lxöeutik in Paris im Oerele de 1a lübrairie zur letzten Sitzung vor dem Treffen in Leipzig zusammen. Die Beratungen konnten in der Gewißheit abgeschlossen werden, daß das Arbeitsprogramm der zwölften Tagung nicht ärmer an wichtigen Themen sein würde als frühere Kongresse, und daß die große Zahl von Referenten aus allen Ländern Ausdruck einer neuerlichen Festigung und Be reicherung der internationalen Verbundenheit und freundschaft lichen Zusammenarbeit der Verleger sein würde. Unsere Kollegen vom Oerele de la lübrairie vereinten sich mit den Sitzungsteilnehmern an einer festlichen Tafel. Als wir schließlich händedrückend und dankend Abschied nahmen, klang uns nur e i n Gruß entgegen: auf Wiedersehen in Leipzig. Am 17. Januar erklärten siebenundvierzig amerikanische Ver leger, daß es ihnen unmöglich sei, den Kongreß im heutigen Deutsch land zu besuchen. Ein Auszug dieser Erklärung wurde durch die ausländische Presse verbreitet. Zwei Tage später bereits berichtete die Dim68 von der Stellungnahme der Amerikaner. In der Fach presse verschiedener Länder wurde die Erklärung abgedruckt und besprochen. Die amerikanischen Kollegen taten ein übriges und versandten das Schriftstück direkt an Organisationen und Ver leger der halben Welt. Ob nur beabsichtigt war, die eigene Mei nung und Entscheidung möglichst unmißverständlich bekanntzu machen, oder ob man die Blinden in allen Ländern sehend und auf die den Kongreßteilnehmern drohenden und nicht erkannten Gefahren aufmerksam machen wollte, wissen wir nicht. Es schien uns jedenfalls richtig, das Echo dieser überraschenden Kongreß propaganda schweigend abzuwarten. Wir freuen uns, das Rechte getan zu haben, indem wir auf den klaren Blick und die Objekti vität in andern Ländern vertrauten. Nun aber scheint es uns doch an der Zeit, die Richtigstellungen nicht mehr nur anderen zu überlassen. Wir bringen nachfolgend die amerikanische Erklärung in ungekürzter Übersetzung. Sie wird nirgends mehr Staunen und Überraschung auslösen als in Deutschland. Und wird hier — wie ich unseren amerikanischen Kollegen sagen darf — weit weniger Arger und Betroffenheit als bedauerndes Lächeln und Kopf schütteln auslösen. Die nächste Versammlung des Internationalen Verlegerkon gresses soll in Leipzig abgehalten werden. Wir mißbilligen eine Versammlung in Deutschland zur jetzigen Zeit und erklären unsere Absicht, nicht teilzunehmen. Unsere Bewunderung für die Leistungen des deutschen Verlags bleibt unverändert, die deutschen Methoden sind ein Vorbild für die ganze Welt gewesen. Diejenigen unter uns, die Beziehungen zu deutschen Verlegern gehaibt haben, wiederholen den Ausdruck ihrer freundschaftlichen Gesinnung und ihrer Anerkennung der deut schen Offenherzigkeit und des tadellosen Geschäftsgebarens. Noch sind unsere deutschen Kollegen unsere Kollegen. Wir in unserem Lande genießen die Freiheit der Meinungs äußerung unter der Garantie des Staatsgesetzes über die Grund rechte der amerikanischen Bürger. In Deutschland ist unter der gegenwärtigen Negierung der bloße Besitz gewisser Bücher ein kriminelles Vergehen. Es darf kein Buch veröffentlicht werden, wenn es nicht im Manuskript einem Ncgierungsbeamtcn vorgelegt worden und von ihm gutgeheihen worden ist; die Werke aufgeklärter moderner Schriftsteller sind verboten. Zuwiderhandelnde Buch händler und Verleger gelten als Verräter. Der Buchhandel ist ge knebelt ebenso wie die Zeitungspresse. Die Zensur erstreckt sich nicht nur auf politische Äußerungen, sondern wird auf Wissen schaften, Künste und Kultur im allgemeinen ausgedehnt. Die Werke von Freud und Sinclair Lewis, Einstein und Bergson, Masaryk unk) Bertrand Russell, Prof. Beard, Thomas Mann, Remarque, Zweig (um aufs Geratewohl sehr bekannte Schriftsteller unserer Zeit zu nennen) sind mit dem Bann belegt oder öffentlich verbrannt worden, oder auch beides zusammen. Die deutsche Negierung schlägt ohne Unterschied nach Ideen, ob sie nun von Deutschen oder Aus ländern stammen. Gerade jetzt kündigt die Presse die Unterdrückung der Saturcia^ LvenänZ ?ost vom 27. November an, wahrscheinlich, weil der deutschen Negierung ein Aufsatz von John Günther miß fällt. Neun Zehntel der mit Erfolg ins Englische übersetzten neuen deutschen Bücher find in Deutschland nicht erhältlich; wenn sie heimlich dorthin verkauft werden, so gefährden sie das Leben des Käufers und des Verkäufers. Unter den Bedingungen, die in Deutschland herrschen, wird kein deutscher Verleger es wagen, in Leipzig andere Meinungen auszusprechen als diejenigen, welche die nationalsozialistischen Be amten vorschreiben, welche die Verleger beherrschen. Es wird eine Bauchredner-Schaustellung sein: die Verlegerschast wird die Puppe sein, aber die Stimme wird die Stimme der deutschen Bürokratie sein. Ist zu erwarten, daß es ein freies Nehmen und Geben werden wird unter Delegierten, die an Freimut, Offenheit und unbe schwerte Kollegialität gewöhnt sind? Und wie können die Delegierten es vermeiden, ihre Gastgeber in Bedrängnis zu bringen, wenn die neueste Entschließung der deutschen Verlegerorganisation zur Diskassion kommt, welche be inhaltet, daß die deutsche Organisation die Schaffung eines inter nationalen Zensurabkommens erstrebt, dessen Zweck die Unter drückung (an der Quelle) aller Bücher ist, die ein Staatsoberhaupt oder die geheiligten Einrichtungen eines Staates verunglimpfen unter wahrheitswidriger Darstellung der Geschichte. Die llevv Vorlr Dimes bemerkten bei Wiedergabe der Entschließung, daß die deutsche Organisation einen Propagandafeldzug für ihr Projekt ins Werk setze, von dem man hoffe, daß er auf dem Internationalen Ver- legerkongreß Leipzig 1938 Früchte tragen würde. Wir in Amerika können glücklicherweise jeder Behörde gegenüber ehrliche Kritik üben. Sollen wir vielleicht einer Entschließung zustimmen, die es uns beschneiden würde, unsere eigene Negierung und andere Ne gierungen zu kritisieren? Amerikaner, die nach Leipzig gehen, müssen darauf vorbereitet sein, dieser Möglichkeit zu begegnen. Überdies möchten wir argwöhnen, daß die Nationalsoziali stische Partei die ausländische Beteiligung an der Leipziger Tagung als Mittel benutzen wird, die deutsche Öffentlichkeit glauben zu machen, daß das gegenwärtige Regime von der übrigen Welt ge billigt werde, nachdem die Olympischen Spiele und das Heidel berger Universitätsjubiläum für dieselbe Propaganda benutzt wor den sind. Die Teilnahme an einer Tagung in Deutschland mit all ihren unvermeidlichen Folgeerscheinungen einer solchen Zusammenarbeit würde einen Widerspruch zu dem eigentlichen Wesen unserer Ver- lcgerfnnktion darstellen. Unser Beruf ist ein lebendes Symbol des Ideals einer freien Presse und ihrer Attribute, des freien Wortes und der Versammlungsfreiheit. Wir können aus Höflichkeit unseren Meinungen ans einer Tagung in Deutschland nicht Ausdruck ver leihen, noch können wir uns soweit demütigen, dorthin zu fahren und Stillschweigen zu beobachten. Wir treffen diese Feststellung nur mit Widerstreben. Sie besagt nicht unseren Bruch mit dem Internationalen Kongreß oder mit den deutschen Verlegern. Im Gegenteil, im Laufe der Zeit mag sich unser Grund, 1938 von Leipzig fernzubleiben, als Basis für nor male und fruchtbringende Zusammenarbeit erweisen. Carle H. Balch; — A. S. Barnes k Co.; — Louis P. Birk, Modern Age Boots, Jnc.; — Bloch Publishing Co., Jnc., Charles E. Bloch; — Book-of-the-Month Club, Jnc., Harry Scherman;— Caß Canfield, HarperL Brothers;—Lynn Carrick, Nr. 66 Sonnabend, den 19. März 1938 825
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