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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.11.1937
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- 1937-11-11
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- 11.11.1937
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Vörsenblatl für den Deutschen Buchhandel Nr. 262 (R.131) Leipzig, Donnerstag den 11. November 1837 161.Jahrgang Was erwartet der Verleger von seinen Autoren? Vortrag, gehalten anläßlich der Gaukulturtage in Pommern am 17. Oktober in Stralsund Von Verlagsbuchhändler Willi Bischofs, Berlin Was sich der Verfasser vom Verleger wünscht, ist schon oft erörtert worden. Er hat sich lange als den Ausgebeuteten emp funden, und manchmal gewiß mit Recht, aber in unserer Zeit kann er sich auf die durch seine ständische Eingliederung erhaltenen Rechte stützen, denen sich zu entziehen lein Verleger mehr imstande ist, und wo so klare Bestimmungen und Vereinbarungen herrschen, dürste eigentlich kein Raum mehr für Streitigkeiten sein. Was wir Verleger dem Autor leisten sollen, ist in wenigen Worten zu sammengefaßt. Wir haben sein Werk anständig herauszubringen, möglichst weit zu verbreiten und glänzend zu honorieren. Ost erscheint der letzte Punkt als der wichtigste, was sich mit dem Idealismus des Schriftstellers oder gar des Dichters schwer ver trägt, wofür aber jeder Verständnis aufbringt, -denn wer arbeitet, soll auch essen, und es ist keine Schande, wenn man nicht gerade schlecht zu essen liebt. Ob und wie die drei Forderungen des Verfassers an seinen Verleger zu erfüllen sind, hängt von man cherlei ab, und sicherlich nicht allein von der Güte des Werkes und der Tüchtigkeit dessen, der es vertreibt. Es mutz für den großen Erfolg noch etwas Geheimnisvolles und nur selten mit Gewißheit Berechenbares hinzukommen, nämlich die rechte Stunde. Es hat Bücher gegeben, die bei ihrem Erscheinen völlig unbeachtet geblie ben sind und erst nach Jahrzehnten und dann mächtig und dauernd zu wirken begannen; das Hauptwerk Schopenhauers ist in dieser Hinsicht vielleicht das merkwürdigste Beispiel. Das Buch ändert sich nicht, wohl aber wandeln sich die Menschen, sür die es geschrieben ist, und was ein einzelner, mit der Gabe des Sehers gesegnet oder belastet, fühlte, dachte, formte, entspricht auf ein mal der Seelen- und Geistesverfassung von vielen Tausenden, und die Reste der als Makulatur eingestampften ersten Auslage eines solchen Buches werden zu bibliophilen Heiligtümern. Nach einem Wort Fontanes sind die Genies selten, so selten wie Bismarck und Wollte, und es gibt deshalb viele und tüchtige Verleger, die niemals die Ehre haben, mit einem Genius ihres Volkes in Berührung zu kommen, was, nebenbei bemerkt, nie bequem und selten vergnüglich ist. Der Verleger kann sich schon glücklich Preisen, wenn er mit brauchbaren Autoren zu tun hat und mit ihnen gemeinsam seinem Hause Verdienste in zwiefacher Bedeutung schafft. An diese Autoren hat er selbstverständlich auch Forderungen zu stellen, welche erfüllt sein müssen, wenn die ver einten Bemühungen erfolgreich sein sollen. Kein Verleger wird sie ohne Schaden für sich, für den Autor, für die Allgemeinheit außer acht lassen. Es hat dabei wenig zu sagen, ob sein Verlag groß oder klein ist und welche besonderen Aufgaben er sich aus dem weiten Gebiet unseres Schrifttums setzt. Wir ihalten hier eine Kulturtagung ab. Ich kann deshalb an dieser Stelle und in dieser Umgebung es wohl unterlassen, aus führlich über Kultur zu sprechen. Man soll so große Worte sparsam in Umlauf bringen, denn es ist schade, wenn sie, von jedermann und bei jeder Gelegenheit benutzt, an Gewicht und damit an Wert verlieren. Daß uns beiden, Verlegern wie Autoren, die Pflege unserer Kultur die Hauptaufgabe unserer Arbeit und unseres Ehrgeizes bedeuten soll, ist allgemein bekannt und braucht nicht immer von neuem beteuert zu werden. Diese Kultur umfaßt sol chen Reichtum an mannigfaltigen Erscheinungen, daß man heute den sogenannten kulturellen Verleger vom anderen, dem gewöhn lichen, kaum noch scheiden darf. Diese Trennung hatte die Bildung geschaffen, eine zweifelhafte AngelegenheU, von der niemand recht wußte, wo sie ansing. Wir streben heute danach, mit dem gedruck ten Wort jeden Volksgenossen zu erfassen, d. h. so zu schreiben und zu drucken, daß nicht von vornherein Millionen gescheiter und lernbegieriger Menschen die ihnen Vorgesetzte Kost unverdaulich und geschmackswidrig finden. Und damit ist schon die erste Forde rung des Verlegers an den Verfasser genannt. Sie heißt: schreib deutsch, d. ch. deutlich und volkstümlich. Selbstverständlich gibt es gewisse Gebiete, die einer abge schlossenen Gelehrsamkeit Vorbehalten bleiben. Es hat keinen Sinn, jedem Berufsschüler die Konischen Kritiken oder einem Landarbei ter eine Darstellung der Quantentheorie von Max Planck in die Hand zu drücken. Wie Luthers kleiner Katechismus die wesentlichen Lehren des Christentums meisterhaft volkstümlich zusammensaßte, so muß der Verleger auch von seinem Autor fordern, daß er schwierige Dinge dem Volksgenossen volkstümlich zugänglich macht. Das ist nicht damit geschehen, daß der Verfasser die viel gescholtenen Fremdwörter meidet. Der Kamps gegen diese uner wünschten Eindringlinge in unsere Muttersprache ist wichtig und wertvoll. Wer sie meidet, braucht deshalb noch lange nicht deutsch zu schreiben. Man darf, um für das Volk zu schreiben, nicht den gelehrten Ausdruck Vereinsachen; man muß ihn gar nicht erst denken, geschweige denn zu Papier bringen, sondern ihn von vorn herein volkstümlich empfangen und formen. Der gelehrte Autor, der sich nicht für zu gut halten sollte, einmal in die Schule des Journalisten zu gehen, wird staunen, wie oft die Dinge nur so tun, als ob sie verwickelt wären, und wie einfach vieles wird, wenn man sich nur mit ganzem Ernst um die letzte Klarheit bemüht, selbst wenn man sich auf entlegenen Fachgebieten bewegt. Und ist das zu verwundern? Die letzten und größten Weisheiten im Leben wie im Sterben sind immer die einfachsten. Es sollte uns zu denken geben, daß sie nur selten von Gelehrten, sondern vielmehr von Dichtern und Künstlern gekommen sind. Klarheit fordert der Verleger auch vom Dichter. Auch hier gilt wie in der Wissenschaft, daß eine jedem sofort einleuchtende Klarheit nicht immer erreichbar, nicht einmal wünschenswert ist. Hölderlin und Stefan George sind Ausnahmen und mit keinem gewöhnlichen Maß zu messen. Wer ohne ihre ursprüngliche Kraft glaubt, daß das Wesen des Dichters dunkler Tiefsinn ausmache, darf sich nicht wundern, wenn er nur mit großer Mühe einen Verleger, der an ihn glaubt und auf ihn wagt, findet. Die Zeiten sind vorbei, wo man lallendes Gestammel als Leistung wertete. Selbst unsere Lyrik lebt nicht mehr von Wortschwall und Schrei oder auch nur von Farbe und Stimmung. Auf dem Weg über eine zunächst trocken anmutende Sachlichkeit haben wir erneut die Ach tung vor dem Adel der Form gewonnen. Mr schätzen die Zucht einer sauberen Zeichnung, einer festen Modellierung. Wir verlan gen von einer Dichtung, daß sie nach Inhalt wie nach Gehalt dem Besten im Wesen unseres Volkes entspricht. Es gibt kein größeres Glück sür den Verleger, als wenn sein Dichter sagt und gestaltet, was ihm selber sür die Nation richtig oder gar lebensnotwendig erscheint! Ich sage: gestaltet. Denn mit der Gesinnung, ja selbst dem Wort allein läßt sich keine Dichtung schassen. Mit Über raschung und Schauder haben wir erlebt, daß die Gedanken und Taten einer neuen Zeit von Hudlern und Sudlern aufgegrisfen wurden, um in aller Eile Erfolge bei Gutgläubigen und Unmün digen zu ernten. Wir hätten uns nicht zu wundern brauchen, denn solche nur aus Berechnung geschriebenen und verlegten Bücher Nr. S62 Donnerstag, den 11. November 1937 SOS
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