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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.11.1937
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- 1937-11-11
- Erscheinungsdatum
- 11.11.1937
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- Deutsch
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hat es zu allen Zeiten gegeben. Sie haben bas Gute, daß man ihrer schnell satt wird und sich lange Zeit aufs sorgsamste vor ihnen hütet. Heute wird kaum ein Verleger einen Autor ermun tern, ein Buch über Horst Wessel oder über den Verlauf der nationalsozialistischen Machtergreifung zu schreiben und so zum Teil klassisch Dargestclltes abermals zu wiederholen. Wohl aber wird er den Verfasser besonders herzlich willkommen heißen, wenn er ihm ein Buch anbietet, das in die Zeit paßt und für das ein Bedürfnis besteht. Denn der Zeit gerecht sein, das ist die zweite Forderung des Verlegers. Auch sie ist nicht auf alle Fälle zu befriedigen, so wenig wie die erste der Volkstümlichkeit. Es kann eine Tat sein, sin unzeitgemäßes, zeitwidriges Buch zu verlegen. Blockhaus ist heute noch stolz darauf, daß er ---Die Welt als Wille und Borstellung gebracht hat. Der jahrzehntelange Arger, der mit dem damaligen Ladenhüter verknüpft war, ist längst verschmerzt. Aber größer und ehrlicher ist, das werden Sie verstehen, die Freude des Verlegers, wenn sein neues Buch sofort einschlägt, zumal heute, wo für ein Buch der Stellungskrieg Niederlage bedeutet. Darum wird er sich Mitarbeiter gewinnen, die ihren literarischen Ehrgeiz praktisch zu wenden wissen und die womöglich neue -Geschmacksrichtungen ein halbes Jahr früher bemerken als die Konkurrenz. Denn es hat wenig Sinn, wenn seit Jahren nichts als Bauern- oder geschicht liche Romane geschrieben werden, und immer weiter im selben Gleise zu fahren und dem Verleger zuzumuten, daß er Heinrich den Löwen in angeblich abermals neuer Betrachtung zeigt oder wenn er mit dem gewohnten Ton des Biedermanns in einem dicken Wälzer versichern läßt, daß die Scholle so heilig -Wie das Blut der Ahnen ist. Der -Verleger ist vielmehr glücklich und dank bar, wenn der Verfasser ihm einen Vorschlag bringt, der in unserer Zeit auf dem Büchermarkt noch nicht oder doch nur wesentlich anders verwirklicht ist. Der Autor wird staunen, wie herzlich ihn der Verleger in die Arme schließt. -Aber ist es denn — diese Frage erscheint berechtigt — die Aufgabe des schöpferischen Menschen, sich um diese äußeren -Vor bedingungen des Erfolges zu kümmern? Gewiß nicht — es steht ihm frei, völlig unabhängig zu schreiben, und wenn er etwas zu sagen hat, so wird man es heute oder morgen oder -in später Zu kunft erfahren. Nur -wenn er auf -Erfolg, -aus spürbare Wirkung rechnet, tut er gut daran, Raum und Zeit, worinnen er schreibt, wohl zu beachten. Der Verleger, der Künstler und Kaufmann in sich vereinigt, geht zugrunde, wenn er es versäumt. Darum fühlte und fühlt der schöpferische Verleger zu allen Zeiten den Trieb, das Schaffen des Schriftstellers zu bestimmter Richtung anzuregen. Beim echten Dichter wird -ihm das selten glücken. Versuche, die man in bedeutenden Berlagshäusern und unter Aufwand beträcht licher Mittel gemacht hat, ermutigen so wenig zur Nachahmung, wie die vom Mäzenatentum der Vergangenheit unternommenen. Wohl aber ist der Schriftsteller, auch der dichterisch gestimmte, fähig, -Aufgaben zu lösen wie der Maler oder der Architekt. Und ein besonders reiches Feld öffnet sich für den Verleger, der Kunst und Wissenschaft im -weitesten -Sinn volkstümlich verbreiten will. Unzählige große und kleine Werke, vom Konversationslexikon bis zum Volksbuch -verdanken ihr Dasein einem -verlegerischen Ein fall, und die Autoren, die ihn verwirklichen helfen, müssen sich, namentlich was Ton und Umfang der Darstellung angeht, der Art dieses Einfalls fügen. Dieses Zusammenspiel mit seinen Mit arbeitern, von denen jeder sein eigenes Instrument beherrscht, kann für den Verleger eine der reinsten und stolzesten Freuden ausmachen. Hier allerdings gilt es in ganz besonderem Maße für den Schriftsteller, sich dem Taktstock des Dirigenten, d. h. des Verlegers, zu fügen. Aus solcher Gemeinschaftsarbeit ergibt sich nach der Klarheit und Zsitgerechtheit ein Drittes, was der Verleger vom Autor er wartet. Es ist etwas sehr Einfaches und Notwendiges! nämlich Pünktlichkeit, genau so, wie wir sie -von unserm Schneider ver langen. Wenn der Verleger ein Buch oder gar eine Bücherreihe Plant, und seine Einladungen zur Mitarbeit ergehen läßt, setzt ec sich einen bestimmten Termin, an dem er mit seinem neuen Unter nehmen erscheinen will. Dieser Termin kann für den Erfolg oder Mißerfolg -den Ausschlag geben, und es ist deshalb unverantwort lich, wenn der Autor seinen Auftraggeber im Stich läßt. Und wie oft geschieht das, so oft, daß das Gegenteil fast wie ein Wunder wirkt. Es Hilst auch keineswegs immer, wenn man die Arbeit noch vor der Ablieferung bezahlt, worauf viele Autoren größten Wert legen; denn sie sagen, sie müßten alle anderen Dinge, die ihnen schnell Geld brächten, bei Seite schnöben, um nur ja fertig zu werden mit dem neuen, so reizvollen, aber zeitraubenden Auftrag. Der Verleger sieht das ein und zahlt Summen, die er im günstig sten Fall Über Jahr und Tag wieder heroinbekommt, und er erlebt dann, daß der Verfasser zu spät oder überhaupt nicht fertig wird. Ja, es ereignet sich sogar — und wer wollte sich darüber wun dern? —, daß die Arbeit eines sonst tüchtigen Mannes mißlungen ist und nicht gedruckt werden kann. Ich häbe noch nie gehört, daß in einem solchen -Fall der -Verfasser seinen Vorschuß zurückgezahlt hätte. Er kann es nicht gut. Aber zu meinem Bedauern muß ich hinzufllgeN, daß sich der Verfasser kaum jemals durch einen solchen Unfall bedrückt fühlt. Im Gegenteil: er erklärt -den Verleger für einen Esel, dem es schon recht geschieht, -wenn er sein Geld einbützt, weil er nicht erkennt, -welchen Edelstein er verwirft. Aber reden wir nicht weiter von Vorschüssen und was damit zusammenhängt, denn das gehört nicht eng zu dem, was der Ver leger vom Autor verlangt, sondern in das andere und umfang reichere Kapitel, -was sich der Autor vom Verleger wünscht. Neh men wir also an, das deutsch und deutlich geschriebene, zeitgemäße und pünktlich gelieferte Manuskript werde nun in Satz gegeben. Der Laie denkt, jetzt gäbe es keinen Anlaß mehr zu Mißverständ nissen oder gar Mißhelligkeitcn. Im Falle Schopenhauer—Brock haus singen sie jetzt erst an. Es war damals wie auch jetzt für den Verleger schwer erträglich, wenn der -Verfasser ihm etwa vor schreiben will, -wieviel Zeilen auf der Seite stehen dürfen und wie das Druckpapier beschaffen sein soll. In diesen äußeren Dingen muß der Verleger den Verfasser um das Vertrauen bitten, daß alles geschieht, um das neue Buch in den -Grenzen des -vorgesehe nen Preises möglichst ansehnlich herauszubringen. Und damit sind die Bitten um Vertrauen noch nicht zu Ende. Kein Verlag kann, was der Verfasser gern möchte, Besprechungsstücke in un-bemessener Anzahl versenden. Er wird aber seinem Autor dankbar sein, wenn er ihn auf Stellen -hinweist, an denen eine schnelle und gründliche Anzeige des neuen Werkes besonders aussichtsreich erscheint. Und auch fernerhin muß das Verhältnis vom Verleger zum Verfasser vertrauensvoll bleiben. Der Autor muß -darauf bauen, daß sein Verleger alles tut, was den -Vertrieb des neuen Werkes fördert. Jeder Verleger hat eigene -Erfahrungen gesammelt und eigene Vertriebsweisen ausgebildet. Es geht nicht an, daß der Autor ihm Gleichgültigkeit vorwirst, wenn er in der Presse oder an den An schlagsäulen sein neues Buch nicht angepriesen sieht. Sein Verleger arbeitet vielleicht mit anderen Vertriebsmethoden. Die Art des Buches bestimmt die Art und den Einsatz der Werbung. Sich auf diesem rein kaufmännischen Gebiet vom Verfasser Vorschriften oder gar Borwürfe machen zu lassen, ist für den Verleger schwer erträglich. Obwohl es immer so bleiben wird: geht ein Buch nicht, hat der Verleger und niemals der Autor daran schuld. Denn selbst Meister der Phantasie können sich offenbar nicht vorstellen, wie wenig dem Verleger daran liegt, auf seinen Büchern sitzen zu bleiben. Sie stellen sich uns vielmehr als verdrehte Selbstpeiniger vor, die ein teuflisches Vergnügen empfinden, wenn sie dieselben Autoren, deren Werke sie mit viel Geld gedruckt haben, mit List und Gewalt im Dunkel der Unbekanntheit und in der Verzweif lung der Verkanntheit halten. Zu den Freuden des Autors soll auch das Honorar gehören, und es gilt wohl bei den meisten Verlegern seit alters als Ehren pflicht, das Vereinbarte pünktlich zu zahlen, und niemand von uns denkt daran, Säumige in Schutz zu nehmen. Wir verstehen sehr -wohl, daß jemand Geld, viel Geld sogar und eilig braucht, aber der Autor soll uns nicht gleich knickrig und hartherzig schelten, wenn wir außerstande sind, ihn durch Vorschüsse zu erhalten. Derlei kann sich dieser und jener reich bemittelte Verlag bei Ver fassern, die er sich besonders verpflichten will, gestatten. Die meisten Verleger, auch sehr namhafte darunter, können es nicht, und vielleicht ist das auch ganz gut. Denn es ist eine ordinäre, aber menschliche und sehr verbreitete Erfahrung, daß die Arbeit, auch die geistige, nicht schmeckt, wenn sie ihren Lohn dahin hat. Es wäre deshalb schön und gesund, wenn die Verfasser an unsere SÜ6
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