Vörsenblalt für den Deutschen Vuchhandel Nr. 118 <R. 57) Leipzig, Donnerstag den 19. Mai 1938 1V5. Jahrgang Vis Jubiläum der Veutlcken öückerei - ein Jubiläum des öuckbandels »Eines aber hat die Deutsche Bücherei vor ihren Schwester anstalten vielleicht voraus: die Volkstümlichkeit. Die Deutsche Bücherei ist über die Fachkreise hinaus weithin im Lande und im Ausland bekannt. Sie gilt heute als eine nicht mehr wegzu denkende Einrichtung unseres kulturellen Lebens und spielt als solche in Romanen und Erzählungen bereits eine Rolle. Diese Volksverbundenheit gehört aber mit zu den schönsten Gaben, die ein gütiges Geschick über ein Kulturinstitut ausstreuen kann.» An diese Worte des Generaldirektors der Deutschen Bücherei am Schluß seines Aufsatzes in der Kanate-Nummer des Börsenblattes wird man erinnert, wenn man sich an schickt, über die Feier ihres Jubi läums zu berichten. Fünfundzwan zig Jahre sind im Leben einer Bi bliothek eine sehr kurze Zeitspanne und es muß sich schon um eine Bi bliothek ganz eige ner Art handeln, wenn sie in so wenigen Jahren diese Volkstüm lichkeit, die in die sen Tagen immer wieder ihre Bestä tigung gefunden hat, erreichen konnte. Da das Jubiläum der Deutschen Büche rei ein Jubiläum des Buchhandels ist, war es' ganz natürlich, es zu einem Zeitpunkt zu feiern, der, wie die Kantate-Tagung, auch zahlreiche auswärtige Buchhändler in Leipzig sieht, über den äußeren Verlauf der Kundgebung des deutschen Buchhandels am Sonntag vormittag im Neuen Theater, die diesem Jubiläum gewidmet war, haben wir bereits in der Dienstagnummer be richtet. Dort ist auch die Rede des Staatssekretärs im Reichs ministerium für Bolksaufklärung und Propaganda Karl Hanke veröffentlicht, in der er u. a. mit folgenden Worten auf die Bedeutung dieser Gründung des Buchhandels und die bisherigen Leistungen der Deutschen Bücherei hinwies: »Durch die Gründung der Deutschen Bücherei hat sich der deutsche Buchhandel selb st ein ehrenvolles Denkmal seinesOpfersinnesgesetzt. Sie! st eine hervorragende kulturpolitische Leistung, die sich bereits in der Vergangenheit bedeutsam im Dienste der großdeutschen Idee ausgewirkt hat und der auch in Zukunft große Aufgaben gestellt sein werden.« Als Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Deutschen Bücherei gab der Vorsteher des Börsenvereins Wil - helmBaurin seiner Ansprache in der Kundgebung folgendes Bild von dem Entstehen und Wirken der Deutschen Bücherei: »Mit der diesjährigen Kantate-Tagung fällt die Fünfund- zwanzig-Jahrfeier der Deutschen Bücherei zu Leipzig zusammen. Wir haben deshalb Veranlassung genommen, die vorgesehenen Veranstaltungen für die Deutsche Bücherei mit der Tagung des Buchhandels zusammenzulegen. Wir taten dies deshalb, weil cs sich bei dieser Feier nicht um eine Jubiläumsveranstaltung einer beliebigen deutschen Biblio thek handelt, son dern weil die Deutsche Bücherei jenes Institut ist, das vor einem Vierteljahrhundert in Zusammen arbeit mit der säch sischen Regierung und der Stadt Leipzig von Buchh ändlern gegründet und geschaff- fen worden ist. Die Männer, die damals den Plan ausführten, haben dies in einer Zeit getan, in der Deutschland noch aus fünfundzwan zig Bundesländern und einem Reichs land bestand. In jedem dieser Bun desstaaten waren eigene Landesgesetze maßgebend und es erschien unmöglich, ein mal eine Reichs-Bibliothek zu besitzen. Zwar hatten be reits im Jahre 1848 der hannoversche Buchhändler Heinrich Wilhelm Hahn und die Buchhändler seiner Zeit versucht, den Gedanken einer Reichsbibliothek in die Tat umzu fetzen. Er ist auch geglückt, und das damalige Schrifttum wurde kurze Zeit zentral gesammelt. Einige Jahre vor dem Krieg waren es erneut großdeutsch eingestellte Buchhändler, die über die Kleinstaaterei hinweg durch private Verpflichtungen der maßgeblichsten Verleger dem bis dahin bestehenden Mißstand dadurch zu begegnen suchten, daß sie in dieser Stadt jenen Bau errichteten, der heute mit Recht den stolzen Namen »Deutsche Bücherei« trägt. Es war kein Zufall, daß der Grundstein zu die sem Bau einen Tag nach der Einweihung des Völkerschlacht denkmals gelegt wurde. Man wollte unmittelbar an die große Tradition der Befreiungskriege als Zeichen deutscher Einigung anfchließen. Aufn.: Stenzel Die Feier im Großen Lesesaal der Deutschen Bücherei Nr. 11ö Donnerstag, den 19. Mat 1938 401