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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1931
- Strukturtyp
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- 1931-04-14
- Erscheinungsdatum
- 14.04.1931
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- Deutsch
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2414 85, 14. April 1931. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt s VDtttHn.Niikksmii'üpl. Erich Maria Remarque Der Weg zurück 4. Fortsetzung. Das Feuer ist ausgebrannt. Willy wischt sich die Hände an der Hose ab und klappt sein Messer zu. Ein paar Hunde bellen im Dorf. Sonst ist es still. Keine Granate mehr. Kein Rasseln von Munitionskolonnen. Nicht einmal mehr das vorsichtige Knirschen der Sanitätsautos. Eine Nacht, in der viel weniger Menschen sterben als jemals in den letzten vier Jahren. Wir gehen wieder in die Kneipe. Aber dort ist nicht viel mehr los. Valentin hat seinen Rock ausgezogen und ein paar Handstände gemacht. Die Mädchen klatschen, doch Valentin ist nicht erfreut. Verdrossen sagt er zu Kosole: „Ich war mal ein guter Artist, Ferdinand. Aber das hier reicht nicht mal mehr für den Jahrmarkt. Alles raus aus den Knochen. Und Balentinis Reckakt, das war eine Num mer früher! Jetzt habe ich Rheumatismus —" „Ach, sei froh, daß du deine Knochen überhaupt noch hast", ruft Kosole und haut mit der Hand aus den Tisch. „Musiki Willy!" Homeyer setzt bereitwillig mit Pauke und Schellenbaum ein. Es wird wieder lebendiger. Ich frage Iupp, wie es mit der Dicken war. Er weist sie mit abfälliger Geste weit von sich. „Nanu", sage ich verblüfft, „das geht ja schnell bei dir." Er zieht eine Grimasse. „Ich denke, sie liebt mich, ver stehst du? Iawoll, Geld hat das Luder nachher von mir verlangt. Und dabei habe ich mir noch das Knie an dem Satansgartentisch gestoßen, daß ich kaum gehen kann." Ludwig Breyer sitzt still und blaß am Tisch. Er sollte eigentlich längst schlafen, aber er will nicht. Sein Arm heilt gut, und die Ruhr läßt auch etwas nach. Doch er bleibt in sich gekehrt und trübe. „Ludwig", sagt Tjaden mit schwerer Stimme, „du solltest auch mal in den Garten gehen — das ist gut für alles —" Ludwig schüttelt den Kopf und wird plötzlich sehr blaß. Ich setze mich neben ihn. „Freust du dich denn gar nicht auf zu Hause?" frage ich. Er steht auf und geht weg. Ich verstehe ihn nicht mehr. Nachher finde ich ihn, wie er ganz allein draußen steht. Ich frage ihn nicht weiter. Wir gehen schweigend zurück. In der Tür stoßen wir auf Ledderhose, der grade mit der Dicken verschwinden will. Iupp grinst schadenfroh: „Der wird sich wundern." „Nein, sie", sagt Willy, „oder glaubst du, daß Arthur auch nur einen Pfennig rausrückt?" Wein fließt Uber den Tisch, die Lampe blakt, und die Mädchenröcke fliegen. Eine warme Müdigkeit weht hinter meiner Stirn, alles hat weiche Ränder, wie Leuchtkugeln manchmal im Nebel, langsam sinkt der Kopf auf die Tisch platte Die Nacht braust weich und wunderbar, wie ein Schnellzug in die Heimat: bald sind wir zu Hause. Wir stehen zum letzten Male angetreten auf dem Ka sernenhof. Ein Teil der Kompagnie wohnt in der Umgebung. Er wird entlassen. Der Rest muß sich allein weiter durch schlagen. Der Eisenbahnverkehr ist so unregelmäßig, daß wir nicht mehr geschlossen transportiert werden können. Wir müssen uns trennen. Der weite, graue Hof ist viel zu groß für uns. Ein fahler Novemberwind, der nach Aufbruch und Sterben riecht, fegt darüber hin. Wir stehen zwischen Kantine und Wache, mehr Platz brauchen wir nicht. Die große, leere Fläche um uns herum weckt trostlose Erinnerungen, Da stehen unsichtbar, viele Reihen tief, die Toten. Heel geht die Kompagnie entlang. Aber mit ihm geht lautlos der gespenstische Zug seiner Vorgänger. Als nächster, noch blutend aus dem Halse, mit abgerissenem Kinn und traurigen Augen, Bertinck, eineinhalb Jahre Kompagnie führer, Lehrer, verheiratet, vier Kinder; — neben ihm mit schwarzgrünem Gesicht Möller, neunzehn Jahre alt, gasver giftet, drei Tage, nachdem er die Kompagnie übernahm; — als nächster Redecker, Forstaffessor, zwei Wochen später durch einen Volltreffer in die Erde gestampft; — dann schon blasser, ferner, Büttner, Hauptmann, beim Angriff gefallen durch M.-G.-Schuß ins Herz; — und wie Schatten dahinter, fast schon ohne Namen, so weit zurück, die andern — sieben Kompagnieführer in zwei Jahren. Und mehr als fünf hundert Mann. Zweiundreißig stehen auf dem Kasernenhof. Heel versucht ein paar Worte zum Abschied zu sagen. Aber es wird nichts; er muß aufhören. Keine Worte der Welt könnten sich behaupten gegen diesen einsamen, leeren Kasernenhof mit den wenigen Reihen der Uebriggebliebenen, die stumm und frierend in ihren Mänteln und ihren Stiefeln dastehen und an ihre Kameraden denken. Heel geht von einem zum andern und gibt jedem die Hand. Als er zu Max Weil kommt, sagt er mit schmalen Lippen: „Nun beginnt Ihre Zeit, Weil —" „Sie wird weniger blutig sein", antwortet Max ruhig. „Und weniger heroisch", gibt Heel zurück. „Das ist nicht das Letzte im Leben", sagt Weil. „Aber das Beste", erwidert Heel. „Was sonst?" Weil zögert einen Augenblick. Dann sagt er: „Etwas, das heute schlecht klingt, Herr Oberleutnant: Güte und Liebe. Auch da gibt es einen Heroismus." „Nein", antwortet Heel rasch, als hätte er schon lange darüber nachgedacht, und seine Stirn zuckt, „da gibt es nur Märtyrertum, das ist etwas ganz anderes. Heroismus be ginnt da, wo die Vernunft streikt: bei der Geringschätzung des Lebens. Er hat mit Sinnlosigkeit, mit Rausch, mit Ris kieren zu tun, damit Sie es wissen. Aber nur wenig mit Zweck. Zweck, das ist Ihre Welt. Warum, wozu, weshalb — wer so fragt, weiß nichts davon —" *
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