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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.04.1931
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- 1931-04-18
- Erscheinungsdatum
- 18.04.1931
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- Deutsch
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2530 89, 18. April 1931.. WWMWWW^IWWlWM Erich Maria Remarque Der Weg zurück 8. Fortsetzung. „Ich kann doch nichts daran machen, Ernst", beginnt er stockend, „aber wenn ich so dazwischen sitze und ihn sehe und meine Mutter, dann meine ich zuletzt, ich hätte schuld, und ich schäme mich, weil ich noch zwei Füße habe. Ganz gemein kommt man sich vor, weil man so heil ist. Wenn man wenig stens noch einen Armschuß hätte, wie Ludwig, dann stände man doch nicht ganz so aufreizend da —" Ich versuche ihn zu trösten. Doch er blickt zur Seite. Es überzeugt ihn nicht, was ich auch sage; — aber mich er leichtert es wenigstens. So ist es ja immer mit Trost. Wir gehen zu Willy. In seinem Zimmer sieht es wüst aus. Das Bett steht zerlegt an der Wand. Es muß größer gemacht werden, denn Willy ist beim Militär so gewachsen, daß er nicht mehr hineinpaßt. Bretter, Hämmer und Sägen liegen umher. Auf einem Stuhl glänzt eine gewaltige Schüssel Kartoffelsalat. Er selbst ist nicht da. Seine Mutter erzählt, daß er seit einer Stunde in der Waschküche sei, um sich sauber zu schrubben. Mr warten. Frau Homeyer kniet vor Willys Tornister und kramt darin. Kopfschüttelnd holt sie einige dreckige Fetzen heraus, die früher einmal ein Paar Strümpfe gewesen sind. „Lauter Löcher", murmelt sie und sicht Albert und mich miß billigend an. „Kriegsware", sage ich und zucke die Achseln. „So, Kriegsware?" erwidert sie ärgerlich, „was ihr nicht alles wißt! Beste Wolle war das! Acht Tage bin ich rum gelaufen, bis ich sie gekriegt habe. Und jetzt sind sie schon hin. Aber neue gibt's nirgendwo " Bekümmert sieht sie die Reste an. „So viel Zeit habt ihr im Kriege doch sicher jede Woche mal gehabt, um schnell ein Paar reine Strümpfe an zuziehen. Bier Paar hat er das letztemal mitgenommen. Nur zwei hat er wieder mitgebracht. Und die noch so!" Sie fährt mit der Hand durch die Löcher. Ich will Willy grade in Schutz nehmen, da kommt er selbst triumphierend mit gewaltigem Gebrüll hereingestürmt. „Das nennt die Welt Schwein haben! Ein Kochgeschirr aspirant! Heute abend gibt es noch Hühnerfrikassee!" In der Hand trägt er wie eine Fahne einen dicken Hahn. Die grüngoldenen Schwanzfedern schimmern, der Kamm leuchtet purpurn, am Schnabel hängen ein paar Blutstropfen. Obschon ich gut gegessen habe, läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Willy schwenkt das Tier selig hin und her. Frau Homeyer richtet sich auf und stößt einen Schrei aus. „Willy! Wo hast du den her?" Willy berichtet stolz, daß er ihn soeben hinter dem Schuppen gesichtet, gefangen und geschlachtet habe, alles in zwei Minuten. Er klopft seiner Mutter auf den Rücken. „Das haben wir draußen gelernt. Willy war nicht umsonst mal stellvertretender Küchenbulle." 1931 by Ullstein 0., Lsrlin Sie sieht ihn an, als hätte er eine Bombe verschluckt. Dann ruft sie nach ihrem Mann. Gebrochen stöhnt sie: „Oskar, sieh dir das cm — er hat Dindings Juchthahn ge schlachtet!" „Wieso Binding?" fragt Willy. „Der Hahn gehört doch Binding nebenan! Dem Milch- Händler! O Gott, wie konntest du so was machen?" Frau Homeyer sinkt auf einen Stuhl. „Ich werde doch solch einen Braten nicht laufen lassen", sagt Willy erstaunt, „das hat man schon so im Griff." Frau Homeyer kann sich nicht beruhigen. „Das wird ja was geben! Dieser Binding ist solch ein Wutkopp!" „Wofür hältst du mich eigentlich?" fragt Willy jetzt ernst lich beleidigt, „meinst du denn, mich hätte nur eine Maus gesehen? Ich bin doch kein Anfänger! Es ist genau der zehnte, den ich erwische. Ein Iubiläumshahn! Den können wir in voller Ruhe essen, dieser Binding hat keine Ahnung davon." Cr schüttelt ihn zärtlich. „Du sollst mir schmecken! Wollen wir ihn kochen oder braten?" „Glaubst du denn, ich werde ein Stück davon essen?" ruft Frau Homeyer außer sich, „sofort bringst du ihn zurück!" „Ich bin doch nicht verrückt", erklärt Willy. „Du hast ihn doch gestohlen", klagt sie verzweifelt. „Gestohlen?" Willy bricht in ein Gelächter aus. „Das wäre ja noch schöner. Requiriert ist der! Besorgt! Ge funden! — Gestohlen! Wenn man Geld wegnimmt, da kann man von stehlen reden, aber doch nicht, wenn man was zu fressen schnappt. Da hätten wir viel gestohlen, Ernst, was?" „Aber klar", sage ich, „der Hahn ist dir zugelaufen, Willy. Genau wie damals der vom Batterieführer der Zweiten in Staden. Weißt du noch, wie du daraus für die ganze Kompagnie Hühnerfrikassee gemacht hast? Eins zu eins — ein Huhn auf ein Pferd?" Willy grinst geschmeichelt und tupft mit der Hand auf die Platte des Kochherdes. „Kalt", sagt er enttäuscht und wendet sich an seine Mutter. „Habt ihr denn keine Kohlen?" Frau Homeyer ist vor Aufregung die Sprache weg geblieben. Sie kann nur den Kopf schütteln. Willy winkt begütigend. „Besorge ich morgen auch. Einstweilen können wir ja dann diesen alten Stuhl hier nehmen, der ist sowieso wackelig und nichts mehr wert." Frau Homeyer sieht ihren Sohn erneut fassungslos an. Dann reißt sie ihm erst den Stuhl und darauf den Hahn aus den Fingern und tritt den Weg zu Milchhändler Bin ding an. Willy ist ehrlich entrüstet. „Da geht er hin und singt nicht mehr", sagt er schwermütig. „Verstehst du das, Ernst?" Daß wir den Stuhl nicht nehmen können, obschon wir im Felde einmal ein ganzes Klavier verbrannt haben, um einen Apfelschimmel weich zu kriegen, verstehe ich zur Not. Und daß wir hier zu Hause nicht mehr dem unwillkürlichen Zucken unserer Hände nachgeben dürfen, obwohl draußen
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